Elf Studien, über die man 2025 sprechen wird |
Annette Rößler |
30.12.2024 10:30 Uhr |
Zum Jahresende wagt das Wissenschaftsmagazin »Nature Medicine« einen Ausblick auf Studien, die 2025 die Fachwelt beeinflussen werden. Die Themen sind bunt gemischt. / © Adobe Stock/kasto
2024 sei aus medizinisch-pharmazeutischer Sicht von den Erfolgen der Blockbuster Semaglutid und Tirzepatid dominiert worden, heißt es in dem Artikel. Auch im kommenden Jahr werde die Therapie von Adipositas wohl stark im Fokus stehen. Doch selbstverständlich gibt es auch jenseits dieses stark umkämpften und lukrativen Marktes spannende medizinische Forschung.
Mit dem Thema Ernährung beschäftigt sich das von der US-Gesundheitsbehörde NIH finanzierte Projekt »Nutrition for Precision Health«. Ziel ist es, herauszufinden, warum Menschen verschieden auf die gleichen Lebensmittel reagieren – Stichwort gute versus schlechte Kostverwerter. Einen Schwachpunkt vieler Ernährungsstudien, die oft stark selektierten Untersuchungskohorten, soll diese Studie nicht haben. Von den mehr als 8000 Teilnehmenden werden zunächst Basisdaten zu ihrem Gesundheitszustand, ihrer Medikation und ihren Essgewohnheiten erhoben und dann geschaut, wie sie auf verschiedene Diäten reagieren. Letztlich sollen daraus maßgeschneiderte Ernährungsempfehlungen abgeleitet werden können.
Zur psychischen Gesundheit wird es 2025 mehrere wichtige Studien geben. So testen Forschende aktuell im STEP-Studienprogramm (Stratification and Treatment in Early Psychosis), ob der Einsatz des oralen Cannabidiol-(CBD-)haltigen Medikaments Epidyolex® bei Psychosen von Vorteil sein kann. Das Programm umfasst drei Studien, eine mit Personen, die ein stark erhöhtes Risiko für eine Psychose haben, eine mit Patienten, die erst kürzlich eine Psychose entwickelt haben, und eine mit therapieresistenter Psychose. Insgesamt nehmen mehr als 1000 Menschen an den Studien teil.
Außerhalb Europas findet die Studie mSELY statt. In ihr werden Apps getestet, mit denen das Selbstbewusstsein und die Fähigkeiten zur Problemlösung von Jugendlichen in Ländern mit niedrigem und mittlerem Einkommen gestärkt werden sollen. So wird derzeit in Kenia untersucht, inwiefern der Einsatz dieser Apps bei Jugendlichen und Eltern die in diesem Land verbreitete Gewalt unter Gleichaltrigen reduzieren kann.
Ebenfalls in Afrika, nämlich in Burkina Faso, untersuchen Forschende, wie sich stark reflektierende und dadurch den Innenraum kühlende Dachauflagen (»Cool Roofs«) auf die körperliche und psychische Gesundheit der Bewohner auswirken. Kenia und Burkina Faso als stark von den Folgen des Klimawandels betroffene Länder sind auch Schauplätze einer weiteren Studie (ALIMUS), in der die Auswirkungen des biologischen Eigenanbaus von Obst und Gemüse auf den Ernährungszustand von Kindern untersucht wird.
Näher dran am europäischen Leser ist eine Studie, in der eine mögliche Verbesserung des Brustkrebs-Screenings getestet wird. Mit mehr als 53.000 Teilnehmerinnen in sechs Ländern, deren Brustkrebsrisiko anhand der DNA-Analyse einer Speichelprobe und anderen Faktoren stratifiziert wird, soll untersucht werden, ob eine risikoadaptierte Screening-Strategie das Potenzial der Vorsorgeuntersuchung besser ausschöpfen kann. Ob ein mehrsprachiger Chatbot, der sich speziell an Frauen mit niedrigem Bildungsstand und aus sozial benachteiligten Gegenden richtet, die Teilnahmerate am HPV-Screening gegen Gebärmutterhalskrebs erhöhen kann, ist die Fragestellung einer weiteren Studie.
Ein mobiles Computerspiel könnte Betroffenen mit Autismus-Spektrum-Störungen helfen, Dinge zu lernen, die ihnen schwerfallen, etwa sozialen Augenkontakt, Motivation und Aufmerksamkeit, und gleichzeitig restriktive Interessen und Ängstlichkeit abbauen. Ob das gelingt, wird sich wohl 2025 herausstellen.
Zwei Phase-I/II-Studien stehen ebenfalls auf der Liste. Eine untersucht die Wirksamkeit des Antisense-Oligonukleotids ION-717 bei Patienten mit einer Prion-Erkrankung und die andere die Baseneditierung von CD34+ hämatopoetischen Stammzellen bei Patienten mit Sichelzellanämie. Bereits in Phase III angelangt ist die Testung des Radiopharmakons (177Lu)Lutetiumvipivotidtetraxetan (Pluvicto®) bei chemotherapienaiven Patienten mit metastasiertem kastrationsresistenten Prostatakarzinom (mCRPC). Das Präparat ist bereits für die Drittlinie zugelassen; das Vorrücken in die Erstlinie könnte weltweit für Hunderttausende Männer mit Prostatakrebs ein Game Changer sein, heißt es bei »Nature Medicine«.