Einsamkeit macht krank – besonders Jüngere |
Jennifer Evans |
11.12.2024 16:00 Uhr |
Hallo, ist da jemand?: Einsamkeit ist laut der aktuellen TK-Studie zu einer ernst zu nehmenden gesellschaftlichen Herausforderung geworden. / © Adobe Stock/fotoduets
Die Ergebnisse sind alarmierend: Fast jede dritte Person hierzulande fühlt sich einsam. Dabei spielt weder das Geschlecht noch der Wohnort eine Rolle. Dafür aber das Alter. Die Pandemie hat die Welt auf den Kopf gestellt. Tendenziell leiden inzwischen nicht mehr häufiger ältere Menschen unter Einsamkeit, sondern nun fühlen sich vor allem die Jüngeren zwischen 18 und 39 Jahren einsam (68 Prozent). Zudem belastet sie dieser Zustand offenbar stärker (36 Prozent) als Personen aus den Altersgruppen zwischen 40 und 59 Jahren sowie die Generation 60 plus (jeweils rund 20 Prozent).
Ein besonderes Risiko für Einsamkeit besteht für Menschen in schwierigen Lebensphasen, etwa bei Arbeitslosigkeit, Krankheit oder Trennung. Doch auch vermeintlich sichere Lebensumstände bieten keine Garantie mehr dafür, dass einen dieses Gefühl nicht doch ereilt, wie sich bei der Vorstellung des TK-Reports heute in Berlin zeigte. An der telefonischen Umfrage des Meinungsforschungsinstituts Forsa hatten im Mai 2024 bundesweit insgesamt 1403 Personen ab 18 Jahren teilgenommen.
Die Gründe für diese Entwicklung sind vielfältig. Ein Faktor ist demnach die Digitalisierung, die eine andere Kommunikation ermöglicht und teilweise persönliche Begegnungen ersetzt. Das Paradox: Trotz der ständigen Erreichbarkeit über soziale Medien steigt das Gefühl der sozialen Isolation. Außerdem haben die Lockdowns während der Coronavirus-Pandemie ihre Spuren hinterlassen. Einige Menschen haben sich später nie wieder in alte soziale Netzwerke eingefügt.
Die Studie zeigt auch: Einsamkeit birgt Risiken für die Gesundheit. So leiden Menschen, die sich einsam fühlen, häufiger unter Depressionen, Angststörungen oder Herz-Kreislauf-Erkrankungen. Und Symptome wie Stress und Erschöpfung, Müdigkeit sowie Schlafstörungen treten bei ihnen deutlich häufiger auf. Zudem ist bei einsamen Menschen das Sterberisiko ähnlich stark erhöht wie durch Rauchen oder starkes Übergewicht.
Paradox ist darüber hinaus: Frauen geben häufiger an, sich einsam zu fühlen, während Männer ungern darüber sprechen. Nur 22 Prozent der männlichen Befragten, die das Gefühl der Einsamkeit kennen, gaben an, manchmal mit anderen darüber zu reden. Bei den Frauen sind es 40 Prozent. Gleichzeitig sind Männer im Alter laut der Studie stärker gefährdet, da sie meist weniger soziale Kontakte pflegen.
Angesichts der Ergebnisse fordert die TK, das Thema Einsamkeit als gesundheitliches Risiko ernster zu nehmen und Präventionsmaßnahmen einzuleiten, unter anderem durch Förderung sozialer Kontakte oder digitaler Plattformen, die Begegnungen erleichtern. Außerdem ist es der Kasse wichtig, dass Menschen mehr darüber sprechen. Denn das tun der Untersuchung zufolge nur wenige – aus Sorge, sie könnten andere damit belasten. Demnach haben sich jeder dritte Mann und jede fünfte Frau noch nie jemandem anvertraut.
Das unangenehme Gefühl, wenn Qualität oder Quantität von persönlichen Beziehungen nicht den persönlichen Bedürfnissen entsprechen. Damit ist Einsamkeit subjektiv. Wer wenige soziale Kontakte pflegt, muss sich nicht zwangsläufig einsam fühlen. Umgekehrt kann sich aber jemand einsam fühlen, der von außen betrachtet viele soziale Kontakte hat.