Einmal Semaglutid, immer Semaglutid? |
Annette Rößler |
13.11.2023 15:35 Uhr |
Übergewichtige und adipöse Patienten mit einer kardiovaskulären Grunderkrankung profitieren von 2,4 mg Semaglutid einmal wöchentlich subkutan. Das hat die SELECT-Studie gezeigt. / Foto: Adobe Stock/AnnaStills
Eigentlich war die Veröffentlichung der SELECT-Studie im »New England Journal of Medicine« nur noch eine Formsache, denn die wichtigsten Ergebnisse hatte der Studiensponsor Novo Nordisk bereits im August per Pressemitteilung bekanntgegeben. Aber da der Hype um Semaglutid, das als Ozempic® zur Blutzuckerkontrolle bei Typ-2-Diabetes und als Wegovy® zur Gewichtsreduktion bei Übergewicht und Adipositas zugelassen ist, mittlerweile kaum noch Grenzen kennt, erhielt die Publikation erneut große Aufmerksamkeit und viele Experten meldeten sich zu Wort.
An der SELECT-Studie nahmen Patienten im Alter ab 45 Jahren teil, die sowohl eine kardiovaskuläre Erkrankung als auch einen BMI von mindestens 27 kg/m2, jedoch keinen Diabetes hatten. 8803 Probanden erhielten einmal wöchentlich subkutan 2,4 mg Semaglutid, 8801 Placebo-Injektionen. Nach einer durchschnittlichen Nachbeobachtungszeit von 39,8 Monaten verringerte die Anwendung von Semaglutid im Vergleich zu Placebo das Risiko, einen nicht tödlichen Herzinfarkt oder einen nicht tödlichen Schlaganfall zu erleiden oder aufgrund eines kardiovaskulären Problems zu versterben (zusammengesetzter primärer Endpunkt), relativ um 20 Prozent.
In der Semaglutid-Gruppe kam es insgesamt zu 569 kardiovaskulären Endpunkt-Ereignissen (6,5 Prozent der Behandelten), in der Placebogruppe zu 701 (8,0 Prozent). Die absolute Risikoreduktion betrug somit 1,5 Prozentpunkte. Zu diesem Ergebnis dürften Verbesserungen bei diversen Biomarkern beigetragen haben, die in der Semaglutid-Gruppe deutlich stärker ausgeprägt waren als in der Kontrollgruppe, darunter Blutdruck, Blutzucker, Lipidwerte und Entzündungsmarker wie C-reaktives Protein. Am stärksten dürfte sich der Gewichtsverlust ausgewirkt haben, der in der Semaglutid-Gruppe größer ausfiel als in der Placebogruppe (–9,39 Prozent versus –0,88 Prozent).
Voll des Lobes für die »herausragende Studie«, die einen »Meilenstein« darstelle und »sehr gute Ergebnisse« geliefert sowie ein »sehr gutes Nutzen-Risiko-Profil« gezeigt habe, äußern sich mehrere Experten gegenüber dem Science Media Center Deutschland. Privatdozent Dr. Timo Müller vom Helmholtz-Zentrum München weist jedoch darauf hin, dass Semaglutid in dieser wie bereits in früheren Studien die Herzfrequenz leicht erhöht habe (plus drei Schläge pro Minute).