Eine Woche nach Corona-Impfstart – Warum es vielerorts ruckelt |
«Die Situation wird sich Schritt für Schritt bessern», verspricht Gesundheitskommissarin Kyriakides. Rechnerisch reicht die von der EU bestellte Menge der drei Mittel von Biontech/Pfizer, Moderna und Astrazeneca - insgesamt 860 Millionen Dosen - für alle erwarteten Impfungen in Europa: 60 bis 70 Prozent der Bevölkerung mit jeweils zwei Spritzen. Sobald alle drei die EU-Zulassung haben, dürfte der Nachschub in Schwung kommen. Dennoch wird die Impfkampagne Monate dauern, weil nur in Etappen geliefert wird.
Warum setzt Deutschland auf Beschaffung über die EU und kauft nicht selbst ein?
Gesundheitsminister Spahn betont, dass Deutschland bewusst den europäischen Weg wählte. Ein Wettrennen der 27 um den knappen Impfstoff hätte neuen Zündstoff für die EU bedeutet, und das große Deutschland wäre mit Sicherheit dafür angefeindet worden, kleine und weniger wohlhabende Staaten auszubooten. «Europa ist vernetzt, und wir kommen am schnellsten gemeinsam aus dieser Krise», meint Kyriakides. «Daran hat auch Deutschland ein großes Interesse.» Hinzu kommt die Marktmacht der EU-Kommission. Sie bekommt wegen der großen Mengen gute Preise. Laut Medienberichten sollen die USA für die ersten 100 Millionen Dosen Biontech-Impfstoff 19,50 Dollar pro Stück bezahlt haben, umgerechnet rund 16 Euro. In der EU waren es den belgischen Informationen zufolge 12 Euro.
In mehreren EU-Ländern laufen die Impfungen gegen das Coronavirus nur schleppend an. Eine Woche nach dem Auftakt der Corona-Impfungen hat beispielsweise Italien bis Sonntagmorgen offiziell erst etwa 80.000 Dosen an Menschen gespritzt. Nach Behördenangaben verfügt das Mittelmeerland, das bisher rund 75.000 Covid-Opfer registrierte, seit Jahresende über knapp 470.000 Dosen des Impfstoffs der Unternehmen Pfizer und Biontech. Wie die Zeitung «La Repubblica» am Samstag schrieb, fehlte es um den Jahreswechsel an Impfärzten und Mitarbeitern in Krankenhäusern.
Der Vatikan will voraussichtlich in der zweiten Januarhälfte mit den Schutzimpfungen seiner knapp 1000 Bewohner gegen Corona beginnen. Das teilte die Gesundheitsbehörde des Kirchenstaates am Samstag mit.
In Frankreich gibt es bisher keine genauen Angaben dazu, wie viele Menschen geimpft wurden. Medien sprechen teils von wenigen Hunderten und berufen sich unter anderem auf eine Website, die von einem Datenwissenschaftler auf Basis der Angaben von Gesundheitsbehörden betrieben wird. CovidTracker zufolge wurden mit Stand Samstagabend etwa 430 Menschen geimpft. Nach Kritik am langsamen Anlaufen der Impfkampagne versprach ein Regierungssprecher in Paris mehr Tempo.
Die Niederlande haben mit den Impfungen noch gar nicht begonnen. In einer Lagerhalle in Oss im Osten des Landes liegen seit Tagen ungenutzt rund 175.000 Dosen des Impfstoffs von Biontech und Pfizer. Ursprünglich wollte das Land erst am 8. Januar mit den Impfungen beginnen. Nach starkem Druck von Medizinern und Öffentlichkeit wollen die Niederlande den Impfstart nun doch vorziehen. Zunächst sollen 30.000 Mitarbeiter in Krankenhäusern gegen das Virus geimpft werden, teilte das Gesundheitsministerium am Samstag in Den Haag mit. Die Niederlande sind das einzige Land der EU, das noch nicht impft.
Spitzenreiter bei den Covid-19-Impfungen ist momentan Israel. Dort haben bereits mehr als eine Million Menschen eine Impfung erhalten. Der Oxford-Website «Our World in Data» zufolge sind das 12,59 Geimpfte pro 100 Einwohner (Stand 2. Januar) - Das Land ist damit der Homepage zufolge einsame Spitze.