Eine Infektion kann tödlich enden |
Der Diphtherie-Erreger Corynebacterium diphtheriae bildet ein starkes Gift, das für schwere Verläufe der Infektion verantwortlich ist. / © Getty Images/Kateryna Kon/Science Photo Library
Für etwa 20 Jahre galt die Diphtherie, also die Infektion mit dem toxinbildenden Erreger Corynebacterium diphtheriae, in Deutschland als nahezu ausgerottet. Sie tritt hierzulande jedoch wieder auf, wenn auch selten – in diesem Jahr gab es dem Robert-Koch-Institut (RKI) zufolge bisher 37 bestätigte Fälle. Das liegt vor allem daran, dass der Großteil der Menschen dagegen geimpft ist. Doch mit der Zeit lässt der Schutz nach, daher sind Auffrischungen wichtig.
C. diphtheriae ist von Mensch zu Mensch über Tröpfchen- oder Schmierinfektionen übertragbar. Der Erreger kann die Schleimhäute der Atemwege befallen (Rachendiphtherie) oder die Haut (Hautdiphtherie). Er bildet ein starkes Gift (Diphtherietoxin), das sich im Körper verteilt und lebensbedrohliche Folgen haben kann: Bei einer Rachendiphtherie etwa drohen starke Schwellungen im Halsbereich, die die Atemwege vollständig blockieren können. Betroffene können ersticken, vor allem Kleinkinder, weshalb die Erkrankung früher als »Würgeengel der Kinder« bezeichnet wurde.
Typische Symptome der Rachendiphtherie sind zunächst Abgeschlagenheit, Halsschmerzen, Übelkeit und Fieber, später bellender Husten, Heiserkeit, pfeifende Atmung und in schweren Fällen Atemnot. Bei der Entzündung der Mandeln und des Rachens entwickelt sich auf diesen ein weiß-grauer Belag, die typische Pseudomembran aus Fibrin, Zelltrümmern und Bakterien. Typisch ist ein süßlicher Geruch.
Das Toxin kann auch in anderen Organen Schäden verursachen, etwa im Herzmuskel, in der Leber, in den Nieren und Nebennieren, sowie Lähmungen im Bereich der motorischen Kopfnerven auslösen. Am häufigsten treten in der Folge Myokarditis und Nervenentzündungen auf, seltener kommt es zu Nierenversagen, Enzephalitis, Hirninfarkt, Lungenembolie und Endokarditis. Die Mortalität bei Rachendiphtherie liegt laut RKI-Angaben bei 5 bis 10 Prozent. Zur Behandlung steht ein Antitoxin zur Verfügung. Bei schwerer Symptomatik kann hoch dosiert mit Antibiotika behandelt werden, bei Verlegung der Atemwege können eine Beatmung oder ein Luftröhrenschnitt notwendig werden.
Bei den zugelassenen Diphtherie-Impfstoffen handelt es sich um Toxoid-Impfstoffe: Lässt man sich impfen, bildet der Körper Antikörper gegen das Diphtherietoxin. Schwere Verläufe der Krankheit können so verhindert werden; Geimpfte können aber leichte Symptome entwickeln und den Erreger auch weitergeben. Da der Immunschutz mit der Zeit nachlässt, werden ab und an Auffrischimpfungen nötig.
Den Empfehlungen der Ständigen Impfkommission (STIKO) zufolge sollten alle Säuglinge eine Grundimmunisierung bekommen, die aus drei Impfungen besteht. Die erste Impfung ist demnach im Alter von zwei Monaten fällig, die zweite Impfung mit vier Monaten, die dritte mit elf Monaten. Es gilt: Zwischen der zweiten und dritten Impfung sollten mindestens sechs Monate liegen. Frühgeborene bekommen noch einen Piks mehr – und zwar, wenn sie drei Monate alt sind.
Bei der Grundimmunisierung wird ein Sechsfach-Impfstoff eingesetzt, der auch vor anderen Erkrankungen schützt, nämlich vor Tetanus, Keuchhusten, Kinderlähmung, Hepatitis B und Hämophilus influenzae Typ B (HiB). Auch für Kinder sind Auffrischungen schon ein Thema. Die erste ist der STIKO zufolge im Alter von fünf bis sechs Jahren an der Reihe, eine zweite im Alter von neun bis 16 Jahren.
Im Erwachsenenalter sollte alle zehn Jahre eine Auffrischung erfolgen. In der Regel wird diese als Kombinationsimpfung verabreicht, die auch den Tetanusschutz boostert. Einmalig sollte die Auffrischung den STIKO-Empfehlungen zufolge mit einem Kombiimpfstoff durchgeführt werden, der auch vor Keuchhusten schützt. Hat man diese Keuchhusten-Auffrischung noch nicht bekommen, sollte sie zusammen mit der nächsten Diphtherie-Auffrischung verabreicht werden.
Falls die Grundimmunisierung fehlt, sollte sich laut STIKO im Erwachsenenalter nachgeholt werden. Auch hier sind drei Impfungen nötig: Vier bis acht Wochen nach der ersten ist die zweite dran. Sechs bis zwölf Monate nach der zweiten Impfung folgt dann die dritte.
Gerade vor Reisen lohnt es sich, den Diphtherie-Impfschutz noch einmal zu überprüfen. Denn in vielen Ländern Afrikas, des Südpazifiks und Osteuropas ist Diphtherie endemisch, tritt also regelmäßig auf. Plant man, in diese Regionen zu reisen, sollte man dies dem Portal impfen-info.de zufolge frühestens nach der zweiten Impfstoffdosis tun.
Vor wenigen Tagen war nach Angaben des Brandenburger Gesundheitsministeriums ein Rachendiphtherie-Fall nachgewiesen worden. »Es handelt sich um einen Zehnjährigen ungeimpften Jungen«, ergänzte ein Sprecher. Der Junge musste nach Angaben des Landkreises Havelland intensivmedizinisch behandelt werden. Er wurde invasiv beatmet. Laut Medienberichten soll das Kind in der Berliner Charité betreut worden sein. Ein Sprecher der Klinik wollte sich dazu mit Verweis auf die ärztliche Schweigepflicht nicht äußern.
Durch eine Kontaktnachverfolgung durch das Gesundheitsamt im Havelland wurde wenig später die Krankheit bei einem weiteren Menschen aus dem familiären Umkreis des Kindes festgestellt. Aufgrund eines Impfschutzes habe die Person allerdings nur einen leichten Erkrankungsverlauf und sei bereits wieder negativ getestet worden, erklärte eine Sprecherin des Landkreises.
Der erkrankte Zehnjährige geht auf eine Berliner Waldorf-Schule. Die engeren Kontakte des Kindes wurden auf Diphtherie getestet; die Kinder der Klassenstufe wurden für mehrere Tage vom Unterricht befreit.