Eindeutige Regeln für den Arbeitskontext |
Joint statt Zigarette in der Arbeitspause? Vorausschauend sollten Betriebsordnungen neben Alkoholverbot auch eine eindeutige Regelung zum Cannabiskonsum enthalten, so der juristische Rat. / © Adobe Stock/Aleksej
Seit dem 1. April 2024 ist der Konsum von Cannabis unter bestimmten Voraussetzungen in Deutschland erlaubt. Für Arbeitgeber ergeben sich daher neue arbeitsrechtliche Fragestellungen. Und Regelungsbedarf. Vorausschauend sollten Betriebsordnungen neben Alkoholverbot auch eine eindeutige Regelung zum Cannabiskonsum enthalten.
Grundsätzlich gilt zwar, dass in Fällen, in denen die Arbeitstätigkeit durch den Konsum von Drogen beeinflusst wird, der Konsum auch ohne konkrete Anweisung verboten ist. Trotzdem ist eine klare Anordnung empfehlenswert, um etwaigen Auseinandersetzungen und Missverständnissen aus dem Weg zu gehen. So sollte der Konsum von Cannabis explizit innerhalb der Betriebsordnung benannt sein. Der Cannabiskonsum darf nicht zu einer Situation führen, durch den der Konsument sich selbst oder andere gefährden könnte. Insbesondere im Umgang mit bestimmten Medikamenten ist ein absolutes Verbot unumgänglich.
Dies hat den Vorteil, dass der Arbeitgeber nicht verpflichtet ist, tatsächliche Ausfallerscheinungen des konsumierenden Arbeitnehmers zu beweisen. Sondern es ist ausreichend, dem Arbeitnehmer einen Drogenkonsum im zeitlichen Kontext zur Arbeit nachzuweisen. Dies würde eine potenzielle Sanktionierung als Pflichtverstoß erleichtern.
Wird kein explizites Verbot vereinbart, sind Verhaltensauffälligkeiten, die auf den Konsum jeglicher – auch legaler – Drogen zurückzuführen sind, selbstverständlich trotzdem abmahnfähig und können unter Umständen ebenfalls eine Kündigung begründen.
Insbesondere für Botenfahrer ist ein Verbot von besonderer Relevanz. Hier folgen für den etwaig konsumierenden Botenfahrer nicht nur arbeitsrechtliche Konsequenzen, sondern unter Umständen direkte strafrechtliche oder ordnungsrechtliche Verfolgungen.
Grundsätzlich ist es ratsam, die bisherigen Regelungen über den verbotenen Konsum noch einmal zu überprüfen und gegenüber den Arbeitnehmern erneut klarzustellen, dass dies auch für legale Drogen gilt.
Wenn jedoch der konkrete Verdacht besteht, dass ein Arbeitnehmer Drogen konsumiert, muss der Arbeitgeber handeln. Sich während der Arbeitszeit zu berauschen, stellt einen Arbeitsvertragsverstoß dar. Je nach den Umständen des Einzelfalls kommen neben Ermahnung und Abmahnung auch der Ausspruch einer Kündigung in Betracht.
Den Arbeitgeber trifft eine Fürsorgepflicht: Dem Arbeitnehmer ist die weitere Tätigkeit zu untersagen oder zumindest freizustellen. Insbesondere im Umgang mit Medikamenten darf die Arbeitstauglichkeit der Arbeitnehmer nicht in Zweifel stehen.
Dazu sind Kontrollmechanismen nötig. Es ist möglich, verdachtsunabhängige Kontrollen arbeitsvertraglich zu vereinbaren. Fehlt eine solche Vereinbarung, ist eine verdachtsunabhängige Kontrolle unzulässig.
Daneben besteht auch die Möglichkeit von anlassbezogenen Verdachtskontrollen. Besteht der begründete Verdacht, dass ein Arbeitnehmer aufgrund des Konsums von Drogen in seiner Arbeitstauglichkeit eingeschränkt ist, darf der Vorgesetze ihn zur Mitwirkung an einer Kontrolle auffordern. Eine Kontrolle darf jedoch nicht erzwungen werden. Wird die Kontrolle aber verweigert, könnte dies ein Indiz für einen Drogenmissbrauch sein.
Anders sieht es beim Freizeitkonsum aus. Außerhalb der Arbeitszeit kann der Arbeitnehmer frei entscheiden, ob er Drogen konsumiert. Er muss keinerlei Rechenschaft über seine Freizeitaktivitäten ablegen. Auch nicht darüber, ob er Drogen zu sich nimmt. Erst dann, wenn der Konsum während der Freizeit die konkrete Arbeitstauglichkeit beeinflusst, darf der Arbeitgeber einschreiten. Hier kommt es auf die Umstände des Einzelfalls an.
Geht es jedoch um konkrete Suchtmittelabhängigkeit, so steht das Interesse der Apothekenleitung an einem funktionierenden Arbeitsverhältnis dem allgemeinen Persönlichkeitsrecht des süchtigen Arbeitnehmers gegenüber. Deswegen sind Fragen nach dem Gesundheitszustand (also auch Fragen nach einer etwaigen Suchtmittelabhängigkeit) nur zulässig, wenn damit die Arbeitsplatzeignung festgestellt werden soll. Soweit keine negativen Auswirkungen auf die Leistungsfähigkeit vorliegen, ist gelegentlicher Alkohol- und Drogenkonsum ausschließlich der Privatsphäre des Arbeitnehmers zuzurechnen.
In sicherheitsrelevanten Bereichen kann eine Frage nach dem Konsum konkreter Drogen auch zulässig sein. Dazu dürfte insbesondere wegen der Nähe zu Betäubungsmitteln und die damit einhergehende Konsum- beziehungsweise Rückfallgefahr auch heilberufliche Arbeit zählen.
Eine andere Beurteilung könnte sich aber auf Grundlage des Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetzes (AGG) ergeben, wenn man die Suchtmittelabhängigkeit nach §§ 1, 7 AGG als Behinderung einstuft. Dies hat der Bundesarbeitsgericht (BAG) bei illegalem Drogenkonsum bereits bejaht (BAG, Urteil vom 11. Januar 2004, Az. 10 AZR 188/03).
Die Autorin Jasmin Herbst ist Fachanwältin für Arbeitsrecht und Mediatorin bei der Kanzlei Dr. Schmidt und Partner in Koblenz.
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