Ein Tsunami bedroht das Gesundheitssystem |
Lukas Brockfeld |
14.03.2025 13:30 Uhr |
Markus Oelze, Thomas Preis, Simone Borchardt und Daniel Peters (v.l.n.r.) diskutierten in Schwerin über die schwierige Lage der Apotheken. / © PZ/Brockfeld
In Berlin werden in diesen Tagen entscheidende Weichen für die Gesundheitspolitik der kommenden Jahre gestellt. Ob sich die Koalitionäre zu wirksamen Maßnahmen zum Stoppen des Apothekensterbens durchringen werden, ist aber noch ungewiss. Der Apothekerverband Mecklenburg-Vorpommern (AVMV) hat daher am Donnerstagabend gemeinsam mit der CDU-Bundestagsabgeordneten Simone Borchardt zu einer Podiumsdiskussion eingeladen. Zu Gast waren außerdem ABDA-Präsident Thomas Preis und der Vorsitzende der CDU-Landtagsfraktion Daniel Peters. Der AVMV wurde von ihrem stellvertretenden Vorsitzenden Markus Oelze vertreten. Die mehr als 60 anwesenden Apothekerinnen und Apotheker beteiligten sich rege an der Debatte.
Simone Borchardt betonte zunächst, dass die Lage der Apotheken dringend verbessert werden müsse. Anschließend erklärte die Christdemokratin, dass die Offizinen künftig viele weitere Aufgaben übernehmen könnten. »Sie haben ein unglaubliches fachliches Niveau und könnten viel mehr Dinge leisten. Auch im Rahmen der Pharmazeutischen Dienstleistungen mit einer entsprechenden Vergütung. Sie könnten aber auch viele Leistungen abfedern, die jetzt in den Arztpraxen als Bagatellsachen erledigt werden.«
Auch Thomas Preis erklärte im Anschluss, dass die Politik mehr tun müsse, als die Apotheken nur finanziell zu unterstützen. »Wir sind am Anfang einer großen demografischen Veränderung. Der Jahrgang 1964 war der geburtenstärkste, den wir je hatten und die sind jetzt 60. Wir werden eine riesige Tsunamiwelle auf unser Gesundheitssystem zurollen sehen. Apotheker, Ärzte und Krankenhäuser sind das Bollwerk und die Deiche, die sicher sein müssen, damit diese Welle abgefangen wird«, so der ABDA-Präsident. Daher müssten jetzt neue Wege in der Versorgung gegangen werden.
Die ehemalige Ampel-Koalition habe der Gesundheitsversorgung jedoch einen »Bärendienst« erwiesen. Der ABDA-Präsident wandte sich daher direkt an die anwesenden Politiker: »Schützen Sie die Apotheken vor dem Versandhandel. Erhöhen und dynamisieren Sie unser Honorar!« Die Apothekerschaft sei gerne bereit, neue Aufgaben zu übernehmen um das Gesundheitswesen zukunftsfest zu machen. »Aber diese Leistungen können nur gestärkte Apotheken erfüllen. Jetzt fahren wir auf der Felge. Wir brauchen wieder Luft in den Reifen und das ist Aufgabe der Politik«, sagte Thomas Preis.
Auch der Landtagsabgeordnete Daniel Peters übte Kritik an der ehemaligen Bundesregierung. »Die Apotheken sind ein wesentlicher Bestandteil der Gesundheitsversorgung in Mecklenburg-Vorpommern. Ich bin in großer Sorge um die Gesundheitsversorgung in diesem Bundesland, vor allem mit Blick auf den ländlichen Raum. Wir haben in den drei Jahren der Ampel aus meiner Sicht eine Politik gegen den ländlichen Raum erlebt«, so der Christdemokrat. Das Einbrechen der Strukturen in dünn besiedelten Regionen sei eine Ursache für das starke Abschneiden der AfD. Auch deshalb müsse die Politik den Apotheken unter die Arme greifen.
»Das tangiert mich persönlich«, erzählte Markus Oelze. »Ich habe momentan noch zwei Apotheken, eine in Jarmen und eine in Tutow. Tutow ist ein Ort, der seit der Wiedervereinigung 60 Prozent seiner Einwohner verloren hat. Für meine Apotheke dort wird jedes Sofortprogramm zu spät kommen, denn sie schließt am Wochenende.«
Thomas Preis betonte, dass alle Demokraten dazu aufgefordert seien, schnell eine Lösung für das Apothekensterben zu finden. »Apotheken leisten so viel für das Sparen im Gesundheitssystem. Zum Jahreswechsel mussten fast alle Krankenkassen ihre Beiträge erhöhen. Die Apotheken treiben Jahr für Jahr Milliarden allein durch Rabattverträge ein. Die Erhöhungen der Krankenkassen wären mehr als doppelt so hoch, wenn die Apotheken nicht mehr oder weniger kostenlos Sparleistungen erbringen würden. Dafür kriegen wir keine Gegenleistung und haben nur noch mehr Arbeit. Deswegen muss eine Soforthilfe sein«, so der ABDA-Präsident.
Die Zuhörerinnen und Zuhörer beteiligten sich rege an der Diskussion. Gerade ein Rx-Versandverbot wurde am Donnerstag immer wieder gefordert. Aber auch die überbordende Bürokratie, der Fachkräftemangel und die Folgen des Skonto-Urteils beschäftigten die Anwesenden. Thomas Preis bedankte sich am Ende des Abends bei den anwesenden CDU-Abgeordneten. »Das ist ein starkes politisches Signal und wir setzen jetzt auf Sie und die Koalitionsverhandlungen«, sagte der ABDA-Präsident.