Pharmazeutische Zeitung online Avoxa
whatsApp instagram facebook bluesky linkedin xign
Korf-Interview zum E-Rezept-Start

»Ein Retax-Machtwort wäre hilfreich«

In Schulnoten ist die E-Rezept-Einführung laut Claudia Korf mit einer Zwei Minus zu bewerten. Woran es hakt, warum der Ball oftmals bei den Kassenärzten liegt und wann die Startschwierigkeiten überwunden sein werden, schilderte die Geschäftsführerin Ökonomie der ABDA im PZ-Interview.
AutorKontaktAlexander Müller
Datum 12.01.2024  10:30 Uhr

PZ: Welche Note würden Sie der Umstellung auf das E-Rezept geben?

Die flächendeckende Einführung des E-Rezepts zum Jahreswechsel ist unterm Strich zwar etwas holprig, aber grundsätzlich positiv angelaufen: Eine Zwei Minus (10 Punkte) würde ich geben. Ein wichtiger Erfolgsfaktor ist dabei die Einlösung der E-Rezepte über die elektronische Gesundheitskarte. Allerdings zeigen sich in der Praxis immer wieder einzelne Unzulänglichkeiten, auf die wir das BMG und die Gematik im Dezember 2023 noch einmal ausführlich hingewiesen haben.

PZ: Auf den »Brandbrief« kommen wir noch zu sprechen, aber woran hakt es derzeit noch?

Zumeist liegen die Unzulänglichkeiten in der fehlerhaften Umsetzung einzelner PVS-Anbieter (Praxisverwaltungssysteme, Anm. d. Red.). Ein gravierendes Beispiel ist die mangelhafte Nutzung der sogenannten Komfortsignatur in den Arztpraxen, mittels derer eine sofortige Signatur der Verordnung und ihre zeitnahe Einlösung in der Apotheke ermöglicht wird. Einige PVS-Anbieter haben aber nur die Stapelsignatur zu Ende der Sprechzeit der Ärztin oder des Arztes im Programm, was dazu führt, dass die Patientin oder der Patient schneller in der Apotheke ist, als ihr oder sein E-Rezept vom Fachdienst heruntergeladen werden kann. Das widerspricht dem wesentlichen Gedanken eines E-Rezepts: Es soll aus Patientensicht mehr Komfort und Sicherheit bieten.

PZ: Ein weiteres Problem sind die fehlerhaften Berufsbezeichnungen der Ärztinnen und Ärzte. Gibt es eine Lösung?

Im Verordnungsdatensatz befüllt die Ärztin oder der Arzt dieses Feld derzeit beliebig. Der Fachdienst wiederum prüft nur, ob das Feld befüllt ist, aber nicht auf Sinnhaftigkeit oder gar Korrektheit. Beim Muster 16 konnte diese Angabe in der Apotheke ergänzt werden. Bei E-Rezept entfällt diese Möglichkeit. Ehrlich gesagt, ist es auch nicht Aufgabe der Apothekerinnen und Apotheker, solche Korrekturen durchzuführen. Vielmehr stellt sich die Frage, ob die entsprechenden Angaben nicht durch die qualifizierte elektronische Signatur mittels HBA überflüssig sind. Hier wäre eine Anpassung der AMVV für das E-Rezept sinnvoll. Alternativ müsste zumindest das Freitextfeld bei der Berufsbezeichnung durch ein Auswahlfeld ersetzt werden, dem die bundesmantelvertraglichen Berufsbezeichnungen zu Grunde liegen. Aber hier liegt der Ball erneut im Feld der KBV.

PZ: Und bis dahin?

Die Apotheken sind darauf angewiesen, dass E-Rezepte korrekt seitens der Ärzteschaft erstellt werden. Die Fehler liegen in der Regel nicht in der Sphäre der Apothekerschaft, sondern auf Verordnerseite.

PZ: Manchmal auch am System – Stichwort Heimversorgung.

In diesem Bereich gibt es Schwierigkeiten bei der Nutzung des E-Rezepts, weil viele Pflegeeinrichtungen noch nicht an die Telematik-Infrastruktur angeschlossen sind. Hier hilft nur die Verwendung des Muster 16 in der Übergangszeit. Das ist gesetzlich auch zulässig, da die technischen Voraussetzungen noch nicht gegeben sind.

PZ: Sie hatten in ihrem »Brandbrief« an das BMG vor Problemen bei der Umstellung gewarnt. Gibt es Verständnis für die Sorgen der Apothekerschaft?

Bislang liegt uns noch keine Antwort des BMG vor. Ich möchte aber betonen, dass wir laufend sowohl mit der Gematik als auch mit dem BMG in seiner Rolle als Mehrheitsgesellschafter und Normgeber im engen Austausch sind, um die Probleme zu lösen. Hinzu kommen die mühsamen Verhandlungsrunden mit dem GKV-Spitzenverband, regelmäßige Beratungen unserer eigenen Systemhäuser, der Austausch mit ärztlichen Standesvertretern und so weiter.

PZ: Wer ist verantwortlich für die mangelhafte Datenqualität bei den E-Rezepten?

Dass wir gerade bei technischen Fragen der E-Rezepte, die zwischen KBV und GKV-Spitzenverband verhandelt wurden, nicht ins Benehmen gesetzt wurden, rächt sich jetzt. Interpretationsspielraum bietet immer Freiheiten, stellt aber auch eine Fehlerquelle dar. Kurzfristig können dafür nur die Ärztinnen oder Ärzte sorgen, dass sich die Datenqualität verbessert.

PZ: Wie groß ist denn die Bereitschaft um eine konstruktive Mitwirkung? Und welche Rolle spielen die PVS-Anbieter?

Für die Ärzte können wir nicht sprechen. Aus der Praxis kennen wir positive und negative Beispiele, da lässt es sich schwer pauschalisieren. Lange Zeit war die Skepsis gegenüber dem E-Rezept auf Seiten der Ärzteschaft aber größer als bei uns. Die PVS-Anbieter scheinen das Thema auch recht spät für sich entdeckt zu haben.

PZ: Der DAV fordert kürzere Retaxfristen, damit die Apotheken nicht in einem Jahr von einer Retax-Welle überrollt werden. Wie stehen die Chancen?

Das können wir aktuell nicht einschätzen. Es wäre allerdings ein Gebot der Fairness und konsequent im Zusammenhang mit der Zielsetzung, Prozesse durch Digitalisierung zu beschleunigen.

PZ: Wie nehmen Sie die Positionierung der Krankenkassen wahr? Und haben Sie das Ministerium auf Ihrer Seite?

Wie bei vielen Themen verhalten sich die Krankenkassen auch beim Thema Retax nicht gleich. Die Krankenkassen tun sich mitunter schwer, bei offenkundigen Problemen eine Friedenspflicht oder Retaxfreiheit mit uns zu vereinbaren. Die Kassenseite fordert oftmals, dass wir auf die KBV zugehen und konkrete Missstände dort klären. Da wir jedoch nicht Vertragspartner der KBV sind, haben wir kaum Möglichkeiten, unsere Forderungen auf dem Verhandlungsweg durchzusetzen.

PZ: Was wäre aus Ihrer Sicht die Lösung?

Hilfreich wäre es, wenn für eine Übergangsfrist bei offenkundigen Problemen, die außerhalb der Einflusssphäre der Apothekerschaft liegen, eine Retaxfreiheit vertraglich festgelegt werden würde. Hierbei könnte das BMG beispielsweise mit einem weiteren »Machtwort« – wie es auch bei der Problematik der Chargenübermittlung beim Verblistern ausgesprochen wurde – unterstützen.

PZ: Was glauben Sie: Läuft das E-Rezept – wie vom Minister erwartet – in ein paar Wochen stabil und ohne Probleme?

Technisch stabil, ja. Ohne Probleme, sicher nicht. Wir werden zur Jahresmitte mit dem Hochlaufen der E-Rezeptzahlen noch weitere Stolpersteine detektieren und sukzessiv Hindernisse zu überwinden haben. Ein solches digitales Massenverfahren mit allen seinen wirtschaftlichen Konsequenzen hat unser Land noch nicht gesehen. Dass eine Transformation solchen Ausmaßes geräusch- und problemlos erfolgt, durfte niemand erwarten. Es dürfen aber in den Apotheken keine Kollateralschäden erzeugt werden. Der Minister weiß sehr wohl, dass öffentliche Apotheken wesentliche Bausteine einer digital überstürzten Versorgungslandschaft sind.

Frag die KI
Die experimentelle KI
von PZ und PTA-Forum
Die experimentelle KI
von PZ und PTA-Forum
Die experimentelle KI
von PZ und PTA-Forum
 
FAQ
BETA
Menü
Zeit
SENDEN
Wie kann man die CAR-T-Zelltherapie einfach erklären?
Warum gibt es keinen Impfstoff gegen HIV?
Was hat der BGH im Fall von AvP entschieden?
Zeit
GESAMTER ZEITRAUM
3 JAHRE
1 JAHR
Senden
SENDEN
KI
IHRE FRAGE WIRD BEARBEITET ...
KI
KI
UNSERE ANTWORT
QUELLEN
22.01.2023 – Fehlende Evidenz?
LAV Niedersachsen sieht Verbesserungsbedarf
» ... Frag die KI ist ein experimentelles Angebot der Pharmazeutischen Zeitung. Es nutzt Künstliche Intelligenz, um Fragen zu Themen der Branche zu beantworten. Die Antworten basieren auf dem Artikelarchiv der Pharmazeutischen Zeitung und des PTA-Forums. Die durch die KI generierten Antworten sind mit Links zu den Originalartikeln. ... «
Ihr Feedback
War diese Antwort für Sie hilfreich?
 
 
FEEDBACK SENDEN
FAQ
Was ist »Frag die KI«?
»Frag die KI« ist ein experimentelles Angebot der Pharmazeutischen Zeitung. Es nutzt Künstliche Intelligenz, um Fragen zu Themen der Branche zu beantworten. Die Antworten basieren auf dem Artikelarchiv der Pharmazeutischen Zeitung und des PTA-Forums. Die durch die KI generierten Antworten sind mit Links zu den Originalartikeln der Pharmazeutischen Zeitung und des PTA-Forums versehen, in denen mehr Informationen zu finden sind. Die Redaktion der Pharmazeutischen Zeitung verfolgt in ihren Artikeln das Ziel, kompetent, seriös, umfassend und zeitnah über berufspolitische und gesundheitspolitische Entwicklungen, relevante Entwicklungen in der pharmazeutischen Forschung sowie den aktuellen Stand der pharmazeutischen Praxis zu informieren.
Was sollte ich bei den Fragen beachten?
Damit die KI die besten und hilfreichsten Antworten geben kann, sollten verschiedene Tipps beachtet werden. Die Frage sollte möglichst präzise gestellt werden. Denn je genauer die Frage formuliert ist, desto zielgerichteter kann die KI antworten. Vollständige Sätze erhöhen die Wahrscheinlichkeit einer guten Antwort.
Wie nutze ich den Zeitfilter?
Damit die KI sich bei ihrer Antwort auf aktuelle Beiträge beschränkt, kann die Suche zeitlich eingegrenzt werden. Artikel, die älter als sieben Jahre sind, werden derzeit nicht berücksichtigt.
Sind die Ergebnisse der KI-Fragen durchweg korrekt?
Die KI kann nicht auf jede Frage eine Antwort liefern. Wenn die Frage ein Thema betrifft, zu dem wir keine Artikel veröffentlicht haben, wird die KI dies in ihrer Antwort entsprechend mitteilen. Es besteht zudem eine Wahrscheinlichkeit, dass die Antwort unvollständig, veraltet oder falsch sein kann. Die Redaktion der Pharmazeutischen Zeitung übernimmt keine Verantwortung für die Richtigkeit der KI-Antworten.
Werden meine Daten gespeichert oder verarbeitet?
Wir nutzen gestellte Fragen und Feedback ausschließlich zur Generierung einer Antwort innerhalb unserer Anwendung und zur Verbesserung der Qualität zukünftiger Ergebnisse. Dabei werden keine zusätzlichen personenbezogenen Daten erfasst oder gespeichert.

Mehr von Avoxa