Ein Plus für PhiP und Apotheke |
Carolin Lang |
02.03.2023 18:00 Uhr |
Zur standardisierten Risikoerfassung bei Bluthochdruck-Patienten, die mindestens ein antihypertensives Medikament einnehmen, sind auch Pharmazeuten im Praktikum (PhiP) berechtigt. / Foto: Getty Images/Maica
»War es früher eher durch die Herstellung, können sich Apotheker und Apothekerinnen heute vor allem durch die erweiterte Medikationsberatung als Experten hervorheben. Deshalb müssen wir das können – und zwar in allen Facetten«, meint Apothekerin Dorothee Michel. »Das PJ dient dazu, mit allen praktischen Tätigkeiten in der Apotheke vertraut zu werden. Für mich gehören dazu auch die pharmazeutischen Dienstleistungen«, führt die Inhaberin der Markt-Apotheke Eidelstedt, Hamburg, weiter aus.
Während Medikationsanalysen für die Apothekerin schon seit 2013 zum Arbeitsalltag gehören, bemühen sie und ihr Team sich derzeit, auch die anderen Dienstleistungen hier fest zu implementieren. »Wir sind total motiviert, aber auch wir müssen uns im stressigen Alltag immer mal wieder daran erinnern, die Dienstleistungen auch regelmäßig anzubieten«. Ein treibender Faktor: Die PhiP werden in der Apotheke intensiv in die Umsetzung der pharmazeutischen Dienstleistungen involviert.
Nur eine der fünf Dienstleistungen – nämlich die Blutdruckmessung – dürfen PhiP dabei eigenständig durchführen. Nach drei Monaten im PJ mache Michels aktueller Pharmaziepraktikant, Joshua Krainbring, das inzwischen regelmäßig und von der Kundenansprache bis zur Abrechnung eigenständig. Das Abrechnungsformular lege er am Ende einer Apothekerin zum Abzeichnen vor.
Wie an alle Tätigkeiten hat das Apothekenteam Krainbring langsam an die Sache herangeführt. »Am Anfang hat er zugehört und zugeschaut, wie eine Apothekerin die Dienstleistung anbietet. Später tauschten wir die Rollen und gaben ihm Feedback«, schildert Michel das Vorgehen. Zur Vorbereitung habe Michel ihm außerdem Tipps zur Kundenansprache gegeben und ihn die Messung an Kolleginnen üben lassen. Außerdem sei er an mehreren Teamabenden dabei gewesen, bei denen die Dienstleistung ausführlich besprochen wurde, berichtet Michel und ergänzt: »Die Umsetzung klappt inzwischen wunderbar.«
Zur Inhalatoren-Schulung sind PhiP hingegen nicht berechtigt. Diese ist pharmazeutischem Personal mit abgeschlossener Berufsausbildung vorbehalten. Unverständlich, findet Michel. Immerhin müssten PhiP bei einer Rezeptbelieferung auch die Anwendung des jeweiligen Devices erklären können. »Zur Ausbildung eines PhiP gehört die Beratung bei der Abgabe von Inhalatoren dazu«, betont sie. In ihrer Apotheke werde dem immer ein Nachmittag im PJ gewidmet, bei dem eine Apothekerin die Funktion und Besonderheiten der verschiedenen Devices anhand von Demo-Geräten erkläre.
In die Medikationsanalysen involviert Michel ihre PhiP bereits seit 2015 – so auch nach Einführung der pharmazeutischen Dienstleistungen. »Sofern die Patienten einverstanden sind, sitzen die PhiP erst einmal beim Anamnesegespräch dabei und machen sich Notizen«, erläutert sie. Bei der pharmazeutischen AMTS-Prüfung im Anschluss schauen sie der jeweils zuständigen Apothekerin über die Schulter. So lernen sie die unterschiedlichen Herangehensweisen von Kolleginnen kennen, einen Fall pharmazeutisch aufzuarbeiten. »Gemeinsam wird der Fall dann durchdiskutiert. Dabei steht immer die Frage im Fokus: Was ist das Wichtigste für den Patienten oder die Patientin?« Teilweise bekämen PhiP hier auch kleine Rechercheaufgaben, etwa zur Dosisanpassung bei Nierenfunktionsstörungen, zugewiesen. Auch am Abschlussgespräch nehmen sie wieder teil. Im weiteren Verlauf des PJ schreiben die PhiP dann auch selbst eine Auswertung.
»In der Regel haben PhiP viel theoretisches Wissen etwa zu Interaktionen und Kontraindikationen, aber es ist häufig etwas losgelöst vom Patienten«, berichtet Michel. Besonders bei den Patientengesprächen sei oftmals noch viel Übung nötig. »Es fehlt teilweise das Gespür, herauszufinden, was dem jeweiligen Patienten wichtig ist. Und es braucht viel Übung, um bei der Medikationsanalyse das Wesentliche vom Patienten zu erfahren.« Darauf bereite das Studium die PhiP, genauso wie auf die Blutdruckmessung und Inhalatoren-Schulung, nach Michels Eindruck kaum vor. Umso wichtiger sei es, diese Dinge im PJ zu lernen.
»Auch für das Apothekenteam ist es super, die PhiP zu involvieren. Junge Leute sind sehr begeisterungsfähig, das färbt ab. Mich persönlich motiviert es auch, fachlich immer auf dem neusten Stand zu sein. Und natürlich entlastet es mich, wenn ich beispielsweise kleine Rechercheaufgaben bei einer Medikationsanalyse an einen PhiP abgeben kann«, resümiert Michel.
Zudem habe sie den Eindruck, dass PhiP bei der Wahl der PJ-Apotheke darauf achten, ob diese pharmazeutische Dienstleistungen anbietet – insbesondere die »erweiterte Medikationsberatung bei Polypharmazie«. In Bewerbungsgesprächen sei sie schon häufiger danach gefragt worden. Dass die Apothekerin ihre PhiP hier intensiv mit einbezieht und ihnen in diesem Rahmen auch immer einen AMTS-Kurs finanziert, ist ihrer Meinung nach ausschlaggebend dafür, dass sie nie Probleme habe, PhiP zu finden. »Die kommen aus ganz Deutschland zu mir und bewerben sich«, berichtet sie. Dabei habe die Apothekerin das Angebot für PhiP nicht aktiv beworben.
»Ich habe das Gefühl, dass viele PhiP das Ziel verfolgen, später einmal pharmazeutische Dienstleistungen, insbesondere Medikationsanalysen anzubieten«, so Michel. Und das sei gut so. Es sei die Zukunft der Apothekerschaft.