Eigene Honorarreform aus der FDP |
Alexander Müller |
19.04.2024 12:18 Uhr |
Der Thüringer Landtagsabgeordnete Robert-Martin Montag hat Vorschläge für eine Reform des Apothekenhonorars vorgelegt. / Foto: FDP Thüringen
Die FDP ist in Thüringen zwar nicht an der Regierung beteiligt und bangt vor der Landtagswahl am 1. September 2024 um den Wiedereinzug in den Landtag. Gesundheitspolitisch sind die Liberalen aus dem Freistaat aber ein Aktivposten in der Gesamtpartei: Der Landtagsabgeordnete Robert-Martin Montag ist Vorsitzender der Arbeitsgruppe Gesundheit in der Fraktionsvorsitzendenkonferenz der FDP. Der »Vorschlag zur Anpassung der Vergütung von Apothekern« aus Thüringen ist also noch keine Position der Bundespartei, wird aber jetzt dort besprochen.
Der Vorschlag aus Thüringen sieht sieben Maßnahmen vor:
1. Das Fixum von derzeit 8,35 Euro wurde zuletzt 2013 erhöht. Eine Anpassung sei »längst überfällig«, so die FDP. Denn die Personalkosten für angestellte Approbierte sowie PTA sei von 2014 bis 2023 um mehr als 20 Prozent gestiegen, zuzüglich weiterer Kostensteigerungen. Die Forderung: Erhöhung des Fixums auf 10 Euro sowie Ergänzung eines Dynamisierungsfaktors, der zwischen Deutschem Apothekerverband (DAV) und dem Spitzenverband der Gesetzlichen Krankenversicherung (GKV-SV) verhandelt werden soll.
2. Minister Lauterbach sieht eine Reduktion des variablen Zuschlags von derzeit 3 Prozent des Apothekeneinkaufspreises vor. Die Thüringer FDP will stattdessen eine Zuschlagskomponente ergänzen. Denn die kaufmännische Komponente sei für Bestellung, Lagerung und Vorfinanzierung gedacht. Vor allem im Bereich der Refinanzierung gebe es jedoch permanent Kostenveränderungen – und zwar in direktem Zusammenhang mit der Euro Interbank Offered Rate (Euribor). Die Gesamthöhe des variablen Zuschlags soll daher laut dem Vorschlag der FDP künftig die Zinshöhe berücksichtigten, mindestens aber 3 Prozent betragen.
Konkret soll zu Jahresbeginn eine Berechnung erfolgen. Zu 11/12 soll dabei die »Kaufmännischen Komponente« von 3 Prozent einfließen und zu 1/12 die Zuschlagskomponente. Diese soll wiederum 3 Prozent zuzüglich eines Durchschnittswerts des 1-Woche-Euribors des Vorjahres betragen.
3. Analog zur Vergütung bei Fertigarzneimitteln soll der Festzuschlag bei Rezepturen einmalig auf 10 Euro erhöht werden und um einen Dynamisierungsfaktor ergänzt werden. Beispielsweise könne man sich an der prozentualen Steigerung der durchschnittlichen Personalkostentwicklung gemäß den Tarifabschlüssen orientieren.
4. Der zuletzt auf 2 Euro angehobene Kassenabschlag erscheint der FDP als viel zu hoch – vergleichen mit einem handelsüblichen Skonto. Gemessen an einem durchschnittlichen Arzneimittelpreis von 69 Euro (2022) gewähren die Apotheken den Kassen 17 Prozent Skonto. Selbst bei einem Wert von 1,77 Euro wären es noch rund 15 Prozent.
Die FDP schlägt zwei Maßnahmen beim Kassenabschlag vor. Zukünftig sollte er netto ausgewiesen werden, um das Risiko einer möglichen Mehrwertsteuersenkungen von 19 auf 7 Prozent, auszuschließen. Ausgehend von 1,77 Euro sei dies ein Nettobetrag von 1,49 Euro.
Mit der Einführung des E-Rezepts sei eine taggleiche Übermittlung der Rechenzentren an die Krankenkassen möglich. Der Kassenabschlag soll daher zu einem »Höchstabschlag« von 1,49 Euro netto nur noch bei Sofortzahlungen gelten, innerhalb von 48 Stunden nach Rechnungsstellung. Der Abschlag soll degressiv sein und zehn Tage nach Rechnungsstellung nur noch 30 Cent netto betragen. Bei noch späterer Zahlung soll er komplett entfallen.
5. Die Vergütung von pharmazeutischen Dienstleistungen (pDL) soll erhöht und ebenfalls dynamisiert werden. Beispielsweise soll das Honorar für die Erweiterte Medikationsberatung bei Polymedikation von 90 auf 120 Euro erhöht werden. Aktuell würden die Beträge aus dem Nacht- und Notdienstfonds (NNF) nicht abgerufen. Sollte sich daran innerhalb von zwei Jahren nichts ändern, schlägt die FDP vor, die Finanzmittel des Fonds »für Maßnahmen zur Sicherung der Wirtschaftlichkeit der Apotheken zu nutzen«.
6. Die Gebühr bei der Inanspruchnahme von Apotheken im Notdienst sollte von derzeit 2,50 auf 5 Euro erhöht werden. Sei 20 Jahren sei die Höhe der Gebühr nicht angepasst worden. Die FDP möchte die Eigenverantwortlichkeit der Patientinnen und Patienten stärken.
7. Nach dem Urteil des Bundesgerichtshofs (BGH) im Skonto-Prozess sieht auch die Thüringer FDP die Einkaufskonditionen der Apotheken unter Druck. Die Arzneimittelpreisverordnung (AMPreisV) soll Skonti über 3,15 Prozent ermöglichen.
Montag sieht den Maßnahmenkatalog als »Gegenentwurf« zu den Reformplänen aus dem BMG und will ihn nun zunächst innerhalb der eigenen Partei diskutieren. Es handele sich um »eine Initiative aus einem Land mit einer besonderen Versorgungssituation«. Von den verbliebenen 491 Apotheken in Thüringen werde mehr als die Hälfte derzeit unrentabel betrieben. »Da braucht es einen Einstieg in den Diskurs«, so Montag gegenüber der PZ.
Das Gesamtvolumen seines Honorarvorschlags beziffert der FDP-Politiker auf Volumen 1,8 Milliarden Euro. Die Gegenfinanzierung sieht er die Reduktion der Kosten im Krankenhaus-Bereich durch Verlagerung auf ambulante Leistungen. Einsparungen gebe es auch, da die von Lauterbach geplanten Gesundheitskioske nun doch nicht kommen. »Wir sollte es tunlichst unterlassen, solche neuen Strukturen aufzubauen, sondern funktioniere Strukturen stärken«, so Montag.
Kristine Lütke, Obfrau der FDP-Bundestagsfraktion im Gesundheitsausschuss und Berichterstatterin zu Apotheken, kommentierte den Vorschlag gegenüber der PZ so: »Natürlich muss es bei der Reform des Apothekenwesens auch um die Vergütung der Apothekerinnen und Apotheker gehen. Dazu diskutieren wir verschiedene Möglichkeiten. Entscheidend ist aber: Bundesminister Lauterbach muss endlich den Referentenentwurf für die Apothekenreform vorlegen. Auf dieser Grundlage können wir dann in das parlamentarische Verfahren einsteigen.«
Als Freie Demokraten setze man sich grundsätzlich für eine flächendeckende Versorgung mit verschreibungspflichtigen Arzneimitteln und eine qualifizierte pharmazeutische Beratung der Patientinnen und Patienten ein, so Lütke weiter. »Mir ist wichtig, dass die Freiberuflichkeit im Gesundheitswesen gestärkt wird. Niedergelassene Apothekerinnen und Apotheker müssen in medizinischen Fragen eigenverantwortlich und frei von Weisungen Dritter entscheiden können.«
Stefan Fink, Vorsitzender des Thüringer Apothekerverbands (THAV), begrüßt den Vorstoß der Liberalen: »Endlich ergreift die FDP die Initiative. Diese konkreten Vorschläge müssen nun umgehend auf Bundesebene in den Ampelfraktionen diskutiert werden.« Fink sieht darin einen »grundsätzlich gelungenen Gegenentwurf« zu den Eckpunkten der Apothekenreform aus dem Bundesgesundheitsministerium (BMG). »Die Reformpläne von Gesundheitsminister Lauterbach würden tausende Apotheken nicht überleben, den aktuellen Stillstand im BMG übrigens auch nicht«, so Fink. Mit den Vorschlägen der Thüringer FDP ließe sich die Versorgung durch die Apotheken vor Ort zumindest stabilisieren.