Eierstock-Ultraschall und Long-Covid-Blutwäsche nicht zu empfehlen |
Daniela Hüttemann |
27.04.2023 17:30 Uhr |
Ein Ultraschall der Eierstöcke wird schon jungen Frauen zusätzlich zur Krebsvorsorge in vielen Arztpraxen angeboten, schadet jedoch mehr, als es nützt, so der IGeL-Monitor. / Foto: Getty Images/Ivan-balvan
Das Patienten-Informationsportal www.igel-monitor.de wird vom Medizinischen Dienst Bund betrieben, der wiederum eine Körperschaft öffentlichen Rechts ist, der Aufsicht des Bundesgesundheitsministeriums unterliegt und die Kranken- und Pflegekassen unter anderem mit Gutachten unterstützt. Der IGeL-Monitor hat nun zum vierten Mal die namensgebenden Individuellen Gesundheitsleistungen, die Arztpraxen den Patienten auf Selbstzahler-Basis anbieten dürfen, nach evidenzbasierten Kriterien bewertet – und kommt zu keinem guten Urteil.
Bewertet wurden 55 IGeL. »Für den Nutzen gibt es meistens keine ausreichende Evidenz«, heißt es in einer Pressemitteilung. Bei 53 der 55 Leistungen sei der Nutzen tendenziell negativ, negativ oder unklar. Lediglich bei zwei Leistungen gebe es eine positive Tendenz: die Akupunktur zur Migräne-Prophylaxe sowie die Lichttherapie bei saisonaler depressiver Störung (»Winterdepression«).
Die Top 10 der am meisten verkauften Selbstzahlerleistungen hätten sich im Vergleich zum letzten IGeL-Report 2020 nahezu nicht verändert: Ultraschalluntersuchungen der Eierstöcke und der Gebärmutter zur Krebsfrüherkennung sowie verschiedene Glaukom-Früherkennungs-Untersuchungen, zusätzlicher Abstrich zur Früherkennung von Gebärmutterhalskrebs, der PSA-Test zur Früherkennung von Prostatakrebs, zusätzliche Hautkrebsscreenings, zusätzliche Ultraschalluntersuchungen in der Schwangerschaft, Ultraschall der Brust zur Krebsfrüherkennung und Untersuchungen des Blutbilds.
Gerade den Ultraschall zur Krebsfrüherkennung der Eierstöcke und der Gebärmutter bewertet der Monitor als negativ und tendenziell negativ, denn es könne häufig zu falsch-positiven Befunden und damit zu weiteren unnötigen Untersuchungen und Eingriffen kommen, die wiederum erheblich schaden könnten. »Die oft jungen Frauen werden völlig unnötig in Angst und Schrecken versetzt. Die Untersuchung hat als Früherkennung keinen Nutzen; sie kann aber definitiv schaden und wird deshalb auch von den gynäkologischen Fachgesellschaften abgelehnt«, betont Dr. Stefan Gronemeyer, Vorstandsvorsitzender des Medizinischen Dienstes Bund. »Diese Leistung dürfte überhaupt nicht mehr angeboten werden, wenn man Patientensicherheit ernst nimmt.«
Neu in der Bewertung sind die H.E.L.P.-Apherese und die hyperbare Sauerstofftherapie bei Long Covid oder Post Covid. Diese Therapien kosten mehrere Tausend Euro und sollen gegen anhaltende Symptome wie Erschöpfung, Kurzatmigkeit und Einschränkungen der Konzentrationsfähigkeit helfen. Der IGeL-Monitor konnte jedoch zur Apharese keine Studiendaten finden. Zur hyperbaren Sauerstofftherapie gab es eine Studie, aus der jedoch kein Nutzen abgeleitet werden konnte. Somit fällt die Bewertung »unklar« aus. Medizinische Fachgesellschaften raten derzeit davon ab. Der IGeL-Monitor forderte, hier entsprechende Studien durchzuführen, um Nutzen und Risiken abwägen zu können.