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Korrelation oder Kausalität?

Ehemalige Fußballprofis sterben öfter an Demenz

Neurodegenerative Erkrankungen wie Demenz oder Parkinson sind bei ehemaligen Profifußballern häufiger die Todesursache als bei Menschen, die nie professionell Fußball gespielt haben. Das ergab jetzt eine retrospektive Kohortenstudie. Was lässt sich daraus ableiten? Vermutlich nichts.
Annette Mende
31.10.2019  11:50 Uhr

Die jetzt im Fachjournal »New England Journal of Medicine« erschienene Arbeit einer Gruppe um Dr. Daniel Mackay von der University of Glasgow in Schottland untersuchte die Sterblichkeit aufgrund verschiedener Ursachen bei ehemaligen Fußballprofis. Hierzu wurden 7676 ehemalige schottische Profikicker mit mehr als 23.000 Menschen aus der Allgemeinbevölkerung hinsichtlich Alter, Geschlecht und sozialem Status gematcht und über median 18 Jahre beobachtet. Bei denen, die während der Studie starben – 1180 ehemalige Fußballprofis (15,4 Prozent) und 3807 Menschen aus der Kontrollgruppe (16,5 Prozent) –, wurden die Todesursachen erfasst und ausgewertet.

Der Vergleich ergab, dass die Gesamtmortalität in der Fußballgruppe bis zum 70. Lebensjahr geringer war als in der Kontrollgruppe, bei den Über-70-Jährigen aber höher. Fußballer starben seltener an ischämischen Herzerkrankungen und Lungenkrebs,aber signifikant häufiger an neurodegenerativen Erkrankungen wie Morbus Parkinson, Motorneuronerkrankungen, Morbus Alzheimer und anderen Demenzen (1,7 versus 0,5 Prozent). Besonders groß war der Unterschied bei Morbus Alzheimer: In der Fußballgruppe gab es 64 Alzheimer-bedingte Todesfälle (0,8 Prozent), in der Vergleichsgruppe nur 47 (0,2 Prozent).

Erhöht also professionelles Fußballspielen das Risiko, später an einer Demenz zu erkranken und zu sterben? Denkbar wäre etwa eine Schädigung des Gehirns durch häufige Kopfbälle, die sich auf diese Weise Jahre später zeigt. Dies aus den vorliegenden Ergebnissen zu folgern, ist aber nicht möglich, wie die Deutsche Gesellschaft für Neurologie (DGN) in einer Mitteilung betont. Sie weist darauf hin, dass die Studienautoren selbst zwar die geringere Gesamtmortalität der Fußballer in jüngeren Jahren und die niedrigere Rate an ischämischen Herzerkrankungen auf den protektiven Effekt des Sports auf das Herz-Kreislauf-System zurückführen. Für die höhere Rate an neurodegenerativen Erkrankungen böten sie jedoch keine Erklärung an.

Diese mit der Kopfball-Theorie zu begründen, wäre auch schwierig, denn in der Studie gab es hinsichtlich der neurodegenerativen Mortalität keinen Unterschied zwischen Feldspielern und Torhütern und Letztere sind bekanntlich nur selten in Kopfballduelle verwickelt. Allerdings waren ehemaligen Feldspielern laut der Studie häufiger Medikamente gegen Demenz verordnet worden als ehemaligen Torhütern.

»Es kann spekuliert werden, ob Kopfbälle und Schädel-Hirntraumen zu einem höheren Risiko an neurodegenerativen Erkrankungen führen können, das wurde in der Vergangenheit immer wieder diskutiert«, sagt Professor Dr. Hans-Christoph Diener, Pressesprecher der DGN. Ähnliche Ergebnisse habe es für American Footballspieler in den USA gegeben (»JAMA« 2017, DOI: 10.1001/jama.2017.8334). Beschrieben worden sei die sogenannte chronische traumatische Enzephalopathie (CTE) infolge von wiederholten leichten Kopfverletzungen bei verschiedenen Sportarten, darunter Boxen, American Football, Australian Football, Rugby, Eishockey – und Fußball.

Die Studienautoren selbst fordern, den möglichen Zusammenhang zwischen professionellem Fußballspielen und späterer Demenz prospektiv zu untersuchen. Ihre eigene retrospektive Studie lasse keine kausalen Schlüsse zu und habe zudem methodische Mängel, die das Matching betreffen. Wichtig sei zudem, dass sich die Ergebnisse nicht auf Amateurfußballer übertragen lassen.

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