Editorial
Überzeugen
Nach 16 Jahren Vorstandsarbeit im
Präsidium und im Geschäftsführenden Vorstand der ABDA,
davon fast 15 Jahre als Präsident, möchte ich mich
heute von Ihnen als ABDA-Präsident verabschieden und
allen danken, die mich in dieser Zeit begleitet und meine
Arbeit unterstützt haben.
"Ich
freue mich nicht, weil ich Erfolg gehabt habe, sondern
ich hatte Erfolg, weil ich mich freute und es mir Spaß
machte. Wer Erfolg sucht, tut deshalb gut, sich zuerst
einen Vorrat an Freude anzulegen."
Frei nach dem Philosophen
Alain
Das Amt des ABDA-Präsidenten
habe ich als integrierende Kraft zwischen den
Mitgliedsorganisationen der ABDA verstanden. Es mußte
sichergestellt werden, daß die ABDA als starke
Berufsvertretung aller Apothekerinnen und Apotheker mit
einer Stimme spricht. Dabei habe ich mein Amt nie als
Möglichkeit der Selbstdarstellung, sondern mich stets
als Werkzeug des Berufsstandes verstanden. Ich habe im
Dienst des Berufsstandes der Apothekerschaft agiert und
ihre Interessen vertreten. Während der 15 Jahre als
ABDA-Präsident habe ich immerhin acht Arbeits-und
Gesundheitsminister erlebt.
Die ersten Jahre galten der Umorganisation der
Geschäftsführung und der Einrichtung einer
eigenständigen Vertretung der ABDA in Bonn. Die Öffnung
Europas machte es notwendig, daß die ABDA auch in
Brüssel aktiv vertreten ist. 1988 begannen die
berufspolitischen Auseinandersetzungen mit den
Vorbereitungen der Gesundheitsstrukturgesetze. Es war
eine große Herausforderung für mich, die mit harten
Auseinandersetzungen zwischen dem Arbeitsminister Norbert
Blüm und seinem Abteilungsleiter Karl Jung und mir
einhergingen. Dies setzte sich auch bei Horst Seehofer
fort und gipfelte 1992 in der Demonstration von 10 000
Apothekerinnen und Apothekern in Bonn. Auch wenn diese
Demonstration, auf der mit Argumenten öffentlich
gekämpft wurde, nicht direkt zum politischen Erfolg
geführt hat, war sie notwendig. Eines hat sie sicher
erreicht: Der Politik wurde bewußt, daß sich die
Apotheker nicht alles gefallen lassen.
Meine politische Linie und die des Geschäftsführenden
Vorstandes während meiner Amtszeit war: Überzeugen -
aber mit Argumenten. Die Rolle des Apothekers für die
Gesellschaft definieren, so daß die Unverzichtbarkeit
der Apotheker und der deutschen Apotheke der Politik im
Interesse der Patienten als Garant für Sicherheit und
Qualität bewußt wird.
Dabei muß uns immer klar sein, daß wir politisch nur
dann stark sind, wenn wir zusammenhalten. Das heißt,
unter dem Dach der ABDA müssen die Verbände und Kammern
eine einheitliche Politik vertreten. Andererseits sollten
wir uns aber auch nicht als kleiner Berufsstand im
Alleingang verlieren, sondern den Schulterschluß mit den
anderen Heilberufen suchen. Ärzte und Apotheker gehören
zusammen. Davon müssen wir die Ärzte überzeugen. Auch
die Pharmaindustrie müssen wir überzeugen, daß es auch
in ihrem Interesse ist, daß der Apotheker nicht nur
Distributeur ist, sondern
Arzneimittelberater.Schließlich sollten wir nicht
aufgeben, den Krankenkassen zu verdeutlichen, daß
Partnerschaft dem Gesundheitswesen weiterhilft. Nicht der
Aufbau von Feindbildern wird die gesetzliche
Krankenversicherung weiterbringen, sondern das politische
Zusammenspiel der Kräfte.
Lange Zeit wurde uns vorgeworfen, die Apothekerschaft
reagiere nur, sei starr und unbeweglich, sehe die
Notwendigkeit von Veränderungen nicht. Mit dem
ABDA-Konzept zur Weiterentwicklung der
Arzneimittelversorgung durch den Apotheker 1993 haben wir
bewiesen, daß wir auch offensiv mit Vorwärtsstrategien
in die Gesundheitspolitik eingreifen können. Mit großem
persönlichem Engagement haben wir erreicht, daß die
Politik mehr Verständnis für die Apotheker entwickelt
hat. Auch bei Minister Seehofer ist die anfängliche
Skepsis der Einsicht gewichen, daß sowohl die Apotheker
als Heilberufe als auch die Institution Apotheke für das
deutsche Gesundheitswesen unverzichtbar sind. Und ich
sehe es als Erfolg, daß der Minister unser Konzept
unterstützt.
In diesem Sinne arbeitet auch unsere Kampagne mit ihren
Gesundheitsaufklärungen in Apotheken. Durch die breite
Unterstützung der Kolleginnen und Kollegen konnten wir
eine intensive Wahrnehmung des Apothekers als Heilberuf
in der Bevölkerung erreichen. Dies zeigt unsere
politische Kraft, wenn alle Apotheker gemeinsam agieren.
Ich appelliere an Sie, diese Kraft auch weiterhin zu
nutzen.
Wir sind in einer politischen Auseinandersetzung. Diese
Auseinandersetzung, die nicht mit Angriffen, sondern mit
überzeugenden Argumenten geführt werden muß, ist noch
nicht gewonnen. Es muß noch weiterhin viel
Überzeugungsarbeit sowohl bei Herstellern als auch bei
Krankenkassen, Ärzten und Politikern geleistet werden.
Ich danke allen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern in
Eschborn, Bonn und Brüssel für ihr Engagement und für
die Unterstützung, die ich erfahren durfte.
Klaus Stürzbecher,
ABDA-Präsident
© 1996 GOVI-Verlag
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