Editorial
von Gisela Stieve,
stellvertretende Chefredakeurin
Man kann nicht nicht kommunizieren. Gleichgültig, ob der Apotheker seine Patienten
und Kunden in der Offizin begrüßt, berät, pharmazeutisch betreut oder abfertigt, er
transportiert wesentlich mehr Botschaften und Informationen als das gesprochene
Wort.
Kommunikation war das Leitmotiv des 3. ABDA-Symposiums Pharmazeutische
Betreuung am vergangenen Wochenende in Berlin. Die nahezu 600 Teilnehmer sind
in Fachvorträgen und Seminaren diesem Thema immer wieder in Variationen
begegnet: Pharmazeutische Betreuung ist ein aktives und offensives Programm, das
die Apotheke in die Zukunft führt. Nur mit größeren Anstrengungen und noch mehr
Engagement als bisher wird die Apotheke als Institution und der Apotheker als
qualifizierter Heilberufler seinen Platz in der Gesellschaft behalten.
Der Blick in das volle Plenum und die gut besuchten Seminare hatte
ABDA-Präsident Hans-Günter Friese beeindruckt. In Berlin war viel
pharmazeutischer Geist zu spüren. "Wir, die Arzneimittelfachleute, wollen
Kommunikationsdefizite abbauen. Wir haben der Gesellschaft etwas zu geben", war
das, was die überwiegend jungen und vielen weiblichen Teilnehmer vermittelt haben.
Mal ehrlich: Apotheker sind hervorragend ausgebildet und ruhen sich auf ihrem
Wissen nicht aus, wie man in Berlin sehen konnte. Sie sind hervorragend
ausgebildet, aber sie haben mitunter Schwierigkeiten, das Fachwissen auf der
Kommunikationsebene ihrer Patienten zu übermitteln. Sie sind hervorragend
ausgebildet, können aber manchmal nur mühsam mit den Ärzten in ein
gleichberechtigtes, kollegiales Gespräch kommen. Sie sind hervorragend
ausgebildet, aber nicht trainiert, ethische Konflikte in der täglichen Berufspraxis
systematisch anzugehen und zu lösen.
Eine naturwissenschaftliche Ausbildung kann nicht alle Facetten der Berufstätigkeit
vermitteln. Das Studium ist viel zu sehr verschult. Das kann die persönliche
Entwicklung erschweren und vernagelt den Blick für kommunikative und
ökonomische Notwendigkeiten. Ärzte bekommen mit der Approbation offenbar ein
anderes Selbstverständnis mit auf den Weg. Vielleicht gestaltet sich deshalb auch die
Kommunikation mit ihnen so schwer.
Der Weg ist klar: Pharmazeuten müssen lernen, ihr Wissen weiter zu geben - sei es
an den Patienten, den Arzt, die Selbsthilfegruppe oder den Politiker. Die
Novellierung der Approbationsordnung geht zu langsam, um jetzt den neuen
Erfordernissen der Berufspraxis gerecht zu werden. Das ABDA-Symposium hat
dagegen schnell reagiert: 1997 war der Wunsch der Teilnehmer, mehr praktische
Anleitungen in Seminaren zu bekommen. Also gab es dieses Jahr mehr Seminare, in
denen auch Studienapotheker referiert haben.
Man kann nicht nicht kommunizieren. Das Symposium in Berlin hat gezeigt, daß sich
die Apotheker auf den Weg der Pharmazeutischen Betreuung gemacht haben.
© 1997 GOVI-Verlag
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