Editorial
von Hans-Günter Friese
Präsident der ABDA - Bundesvereinigung Deutscher Apothekerverbände
Schon Hippokrates stellte 400 vor Christus fest, daß Non-Compliance ein
allgemeines Problem im Gesundheitswesen darstellt. Betrachtet man die
herkömmliche Definition, so wird Compliance wie folgt beschrieben: Gehorsam des
Patienten, ärztliche Anweisungen zu befolgen.
Die meisten Studien zeigen jedoch, daß mindestens ein Drittel aller Patienten
non-compliant sind, das heißt, ihr verordnetes Arzneimittel nicht oder unkorrekt
einnehmen. Eine Untersuchung des Zentrums für Sozialpolitik in Bremen mit 6000
Patienten ergab, daß 40 Prozent der Patienten von ihrem behandelnden Arzt "nie"
oder lediglich "manchmal" über die Wirkung von Medikamenten informiert und ein
Drittel aller Patienten regelmäßig auf Nebenwirkungen hingewiesen werden.
Die Gründe für Non-Compliance können vielschichtig sein. Das Arzneimittel ist
beispielsweise zu teuer oder nicht sofort erhältlich. Der Patient erhält zu viele
Arzneimittel, das falsche Arzneimittel, hat Angst vor Nebenwirkungen. Möglich ist
auch, daß der Patient die Therapie ablehnt, weil er durch Medien,
Familienangehörige oder Kollegen beeinflußt wird oder weil der Patient ungenügend
beraten und schlecht betreut wurde.
An dieser Stelle kann der Apotheker einen großen Trumpf ausspielen und
maßgeblich zur Förderung der Compliance beitragen. Ihm ist es möglich, durch
gezielte Fragen die Ursachen für die Nichtbefolgung (Non-Adherence) der
Arzneimitteltherapie herauszufinden, deren Stimmigkeit zu beurteilen und
arzneimittelbezogene Probleme zu erkennen. Kurz gesagt: den Patienten
pharmazeutisch zu betreuen. Nicht zu vergessen, ja ein ganz wesentlicher Faktor zur
Beeinflussung der Compliance ist, daß der Apotheker auch nicht-medikamentöse
Aspekte im Gespräch mit dem Patienten berücksichtigen muß. Was für einen
Lebensstil führt der Patient? Welche Einstellung hat der Patient bezüglich seines
Arzneimittels und wie steht er zu seiner Krankheit? Ist er bereit, aktiv an der
Verbesserung seines Gesundheitszustandes mitzuwirken?
Halten wir also zusammenfassend fest: Wird der Patient im Sinne der
Pharmazeutischen Betreuung und unter Berücksichtigung der patientenbezogenen
Perspektiven umfassend informiert und kontinuierlich betreut, so werden nicht nur
die Compliance, sondern auch die Lebensqualität des Patienten verbessert.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, wenn Sie wissen wollen, wie der Apotheker die
Umsetzung von Pharmazeutischer Betreuung aktiv gestalten und in die
Apothekenpraxis einbeziehen kann, so möchte ich Sie nochmals darauf aufmerksam
machen und herzlich einladen, am 2. ABDA-Symposium Pharmazeutische
Betreuung (Pharmaceutical Care) am 22. und 23. November 1997 in Frankfurt am
Main teilzunehmen. Bleiben Sie am Ball, es lohnt sich!
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