Editorial
von Hartmut Morck
Chefredakteur
Der 58. Weltkongreß der Pharmazie, von der Fédération Internationale
Pharmaceutique (FIP) letzte Woche in Den Haag veranstaltet, stand unter dem
Motto "Brücken bauen zum Wohle des Patienten". Damit war klar, daß
Pharmaceutical Care eines der Schwerpunktthemen des Kongresses war.
Aber das Motto sollte auch politisch verstanden werden und nicht nur auf die Fragen
Anworten geben: Wie manage ich Pharmaceutical Care? Wie kann ich als
Apotheker intervenieren?
Aufgrund des Kostendrucks im Gesundheitswesen ist Bewegung in die Landschaft
der Apotheken gekommen, mit der Folge, daß weltweit die Apotheke als Institution
und als Arzneimittelabgabemonopol in Frage gestellt wird. Offen wird inzwischen
auch in der Politik über alternative Wege der Arzneimitteldistribution nachgedacht.
In diesem Umfeld ist es falsch, so die Botschaft aus Den Haag, sich nur auf
Abwehrdiskussionen einzulassen und sich auf tradierte Werte der Apotheke zu
berufen.
Offensive ist angesagt. Eine Offensive, die den Mehrwert der Apotheke herausstellt
und definiert.
Eine Offensive, die zeigt, mit welcher Qualität in der Apotheke gearbeitet wird.
Eine Offensive, die die Rolle des Apothekers als Pharmakotherapeuten definiert und
die beschreibt, welche Verantwortung er bereit ist zu übernehmen.
Eine Offensive, die den Politikern und Verbrauchern deutlich macht, daß die
Abgabe eines Arzneimittels und die kompetente Beratung zum Arzneimittel
zusammengehören und daß der Ort, an dem dies geschehen kann, nur die Apotheke
ist.
Um diese Offensive erfolgreich zu starten, dürfen aber keine Barrikaden aufgebaut
werden, sondern es müssen Brücken geschlagen werden. Brücken zu den Politikern,
zu den Krankenkassen, zur Industrie, zu den eigenen Kollegen und zu den Ärzten.
Inwieweit das in Den Haag vom Council diskutierte Statement zur Zusammenarbeit
von Ärzten und Apothekern der FIP und des Weltverbandes der Ärzte ein solider
Pfeiler sein kann, um zu den Ärzten eine stabile Brücke zu schlagen, wird
weitestgehend davon abhängen, ob die nationalen Verbände bereit sind, diese
Resolution mit Leben zu füllen.
Brücken müssen auch über Grenzen gebaut werden. Dazu war der FIP-Kongreß
sicher der richtige Ort , Informationen und Strategien auzutauschen, die der
Pharmazie und der Apotheke eine gesicherte Zukunft garantieren. Die Niederländer
sind in einigen Punkten sicher weiter als die deutschen Kollegen, insbesondere bei
der Zusammenarbeit von Ärzten und Apothekern und bei der praktischen
Umsetzung von Pharmaceutical Care. Daß lediglich 38 deutsche Apothekerinnen
und Apotheker den Weg nach Den Haag gefunden hatten, zeigt, daß noch viele
Brücken geschlagen werden müssen.
Es ist wichtig, daß die Apotheker der Welt zeigen, was sie anzubieten haben. Den
Haag hat ein weiteres Mal deutlich gemacht, daß die Apotheker sich nicht länger auf
defensive Strategien konzentrieren, und, wie FIP-Präsident Dr. Dieter Steinbach
formulierte, nicht das Ziel haben sollten, die Zukunft vorauszusehen, sondern sie
möglich zu machen.
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