Editorial
von Dr. Paul Hoffacker
ABDA-Geschäftsführer
Wirtschaft und Sozialpolitik
Die vergangene Legislaturperiode hat auf dem gesundheitspolitischen Sektor mehr
erbracht, als Optimisten angenommen haben. Alle Gesetzesvorhaben wurden im
Bundestag gegen den Bundesrat als zustimmungsfreie Gesetze durchgesetzt. Gegen
Ende der Legislaturperiode konnte die Koalition sogar zustimmungspflichtige
Gesetzesvorhaben, wie das Psychotherapeutengesetz und das
GKV-Finanzstärkungsgesetz, umsetzen.
Für die Arzneimittelversorgung waren die Streichung der Positivliste und der
Reimportklausel im SGB V, die Zuzahlungserhöhungen sowie das Verbot des
Versandhandels von besonderer Bedeutung. Nach einem Jahr des Inkrafttretens der
GKV-Neuordnungsgesetze mit der spürbaren Erhöhung der Zuzahlungen darf
festgestellt werden, daß die durchschnittlichen Apothekenumsätze, auf das Jahr
umgerechnet, entgegen der Befürchtungen fast keine gravierenden Einbrüche
gebracht haben. Daß die Bürger diese vom Gesetzgeber verordneten Eingriffe ohne
politischen Querschläger ertragen haben, ist wesentlich das Verdienst der
Apotheken, die diese Gesetze in der Praxis umgesetzt haben.
In Kraft ist ab dem 1. Juli dieses Jahres die novellierte Arzneimittelpreisverordnung.
Es ist noch zu früh, ein Urteil abzugeben. Aber mit Blick auf die neue Wahlperiode
darf festgestellt werden, daß zunächst dieses Thema als erledigt betrachtet werden
kann und wir uns auf neue Herausforderungen einstellen können und wohl auch
müssen. Die berufliche Sicherung des Apothekers als freier Beruf kann am ehesten
gefestigt werden, wenn die Aus- und Fortbildung gemäß den BAK-Thesen erfüllt
werden. Bei den Beratungen der BMG-Kommissionen sind die Vorschläge der
BAK fast hundertprozentig akzeptiert worden.
Neben den fachlichen Voraussetzungen brauchen wir eine starke politische Phalanx
gegen die Ablehnung von Fremd- und Mehrbesitz. Europäische Einflüsse sind über
die Einführung des Euro hinaus absehbar.
Wir dürfen die Augen nicht vor der Zukunft verschließen und auf die einzelstaatliche
Regelungskompetenz allein vertrauen. Die wirtschaftliche Sicherung des Apothekers
steht auf dem Prüfstand. Wir brauchen eine finanzielle Planungssicherheit für die
Aktivitäten der ABDA. Nicht um der Institution willen - sie ist kein Selbstzweck -,
sondern um der einzelnen Apotheke willen und derjenigen, die sie zu ernähren hat.
Bisher wurden besondere Aufgaben ad hoc finanziert, wie die Imagekampagne oder
die Asthma-Studie in Hamburg. Dies ist auf Dauer kein sicherer Weg. Wir sollten
uns wappnen, daß uns diese Ziele nicht von anderen Akteuren "abgenommen"
werden. Hier denke ich, an beabsichtigte Joint-ventures zwischen Kassen und
Ärzten im Bereich des Disease Managements.
Nun verstehe ich diese Hinweise nicht als Drohung oder Angstmache. Wir brauchen
Instrumente der Berufssicherung, wie die Arzneimitteldokumentation und Telematik
auf Apotheken-EDV (patientenindividuell), SmartCard, elektronisches Rezept,
ärztlichee Verordnungsstatistik, Qualitätsstandards in einem
Qualitätsmanagementsystem, verstärkte Einbringung in internationalen
Fachverbänden, noch mehr politische Aktivität in Brüssel und demnächst in Berih.
Der Katalog ist umfangreich. Packen wir's an.
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