Editorial
von Gisela
Stieve
Stellvertretende Chefredakteurin
Das ist fatal und paradox zugleich. Den deutschen
Apothekerinnen und Apothekern droht ein Imageverlust.
Fatal, weil sich der Berufsstand - und das ist die Summe
einzelner Existenzen - einen Verlust an Reputation und
einen Zweifel an seiner Kompetenz nicht leisten kann.
Paradox, weil gerade die Pharmazeuten in der jüngsten
Vergangenheit alles getan haben, um als Heilberufler
nicht mehr länger ein Schattendasein zu fristen und
selbstbewußt in die Öffentlichkeit zu treten. Für
diese Öffentlichkeit war es stets nur
selbstverständlich, daß die Apotheken des Landes die
Versorgung mit Arzneimitteln auf höchstem
Qualitätsniveau sichergestellt haben. Eine
funktionierende Selbstverwaltung hat die ihr vom Staat
übertragenen Aufgaben erfüllt.
Mit ihrer PR-Kampagne haben die Apotheker demonstriert,
was ihr so selbstverständlich anerkanntes Image
ausmacht: Sie sind Fachleute in Sachen Arzneimittel, sie
sind Berater, sie sind pharmazeutische Dienstleister. Sie
sind eben nicht das Groschengrab des Gesundheitswesens,
wie interessierte Kreise immer wieder glauben machen
wollen. Die renommierte Schweizer Tageszeitung "Neue
Zürcher Nachrichten" hat das auf ihre Weise
bestätigt.
Mit der neuen Zuzahlungsregelung kommt die Apotheke
unverschuldet und unberechtigt in den Ruf, teuer zu sein.
Die Apothekerinnen und Apotheker müssen jetzt über die
Hintergründe der neuen Regelungen informieren und über
die neuen Befreiungsregelungen aufklären. Die ABDA hat
Ihnen dafür Material an die Hand gegeben.
Die Schuld für die Verabschiedung der
GKV-Neuordnungsgesetze der ABDA in die Schuhe schieben zu
wollen wäre zu einfach. "Schwafeln ist einfacher
als Handeln", kommentierte ein Leser per Fax die
Standespolitik. So ein Spruch könnte leicht zum Bumerang
werden. Allein das Interesse der Apotheker an den
Fortbildungsveranstaltungen der Kammern könnte
wesentlich lebendiger sein, hört man aus einzelnen
Bundesländern. Fortbildung kann nur ein Angebot sein.
Obligatorische Teilnahme oder "rechte Hand an
rechten Griff" ist ein Reglement, das sich für
einen freien Beruf verbietet. Nicht Ärger oder
Resignation, sondern Investition in die Zukunft ist
gefragt.
Solange einzelne schwarze Schafe unzweifelhafte
Arzneimittelinteraktionen nicht erkennen und dem
Fernsehen damit Stoff geben, den ganzen Berufsstand
vorzuführen, oder solange sich der EU-Kommissar Dr.
Martin Bangemann - wie vielleicht andere Parlamentarier
auch - nicht daran erinnern kann, jemals in einer
Apotheke beraten worden zu sein, und dies auch
öffentlich macht, muß die ABDA schlechte Karten bei
ihrem Lobbying haben.
Die reformgeprüften Apotheker müssen wieder einmal
etwas ausbügeln, was sie nicht zu verantworten haben.
Dabei sollten Sie nicht vergessen: Kundenkontakte
schaffen auch Kundenbindung. Eine Berufsgruppe, die
zigtausend Patientenkontakte täglich hat, hat nicht zu
unterschätzende, politische Einflußmöglichkeiten.
Insofern haben die Apothekerinnen und Apotheker ihr Image
selbst in der Hand.
© 1997 GOVI-Verlag
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