Pharmazeutische Zeitung online

Keine Zuteilungsmedizin

12.04.1999  00:00 Uhr

- Gastkommentar Govi-Verlag

Keine Zuteilungsmedizin

von Dr. Winfried Schorre,
Erster Vorsitzender der Kassenärztlichen Bundesvereinigung

"Keine Panik, die sektoralen Budgets kommen nur für ein Jahr! Wir wollen nur unsere Wahlversprechen einhalten, und damit ein wenig auf die Kostenbremse drücken!" Das versicherten uns rot-grüne Gesundheitspolitiker vor einem halben Jahr. Unsere KBV-Rechtsabteilung wies schon damals darauf hin, die Wortwahl und die Plazierung im Gesetzestext legten nahe, daß die Budgets auf Dauer angelegt seien.

Ich denke, wenn die Eckpunkte für die Reform 2000 tatsächlich umgesetzt werden sollen, wird sich zeigen: Unsere Juristen haben mit ihrer Prognose ins Schwarze getroffen. Festgeschrieben wird dann, daß sich die Finanzmittel für die Versorgung der Patienten fest an der Grundlohnsumme orientieren und nicht, wie eigentlich erforderlich, am Versorgungsbedarf, nicht am medizinischen Fortschritt und auch nicht an der demographischen Entwicklung. Dies ist ein Unding, denn Krankheit ist nicht planbar und Zuteilungsmedizin mit unserem Arbeitsethos nicht vereinbar.

Um sich vor Augen zu halten, was die Fortschreibung der Budgets heißt, braucht man nur einen Blick auf die Situation bei den Arzneimitteln zu werfen. Mit dem euphemistisch als "Solidaritätsstärkungsgesetz" bezeichneten Reformpaket für das Jahr 1999 ordnete die Bundesgesundheitsministerin offiziell die Rückkehr ins Jahr 1992 an. Auf dem Stand der frühen 90er Jahre fror sie jedenfalls die staatlich gebilligten Ausgaben für Arzneimittel ein.

Prekär dabei: Es ist nicht nur schwierig, die Verordnungen so drastisch zurückzuschrauben; mit ihrer Vorgabe ignoriert Frau Fischer auch, daß inzwischen viele innovative Medikamente unbezweifelbar sinnvoll verschrieben werden. Allerdings sind die selten preiswert, und wenn es bei der rigiden Sparpolitik bleibt, dann können die Kassenärzte nur noch wählen, ob sie generell auf Innovationen verzichten - und somit Deutschland von der Entwicklung auf dem Arzneimittelmarkt abkoppeln - oder ob sie die Verordnung herkömmlicher Medikamente drastisch einschränken.

Experten unseres Hauses haben ausgerechnet, daß schon allein im Jahr 1999 die Kassenärzte auf die Verschreibung jedes sechsten Medikaments verzichten müßten, um das Budget einzuhalten. Verschärft hat die Ministerin die Situation dadurch, daß sie mit einem Federstrich die Verpflichtung der Krankenkassen, zeitnah Verordnungsdaten zu liefern, aus dem Gesetz eliminiert hat. Die Kassenärzte werden damit im Dunkeln gelassen, wann sie ihr Budget ausgeschöpft haben, werden aber voll zur Kasse gebeten, wenn sie dieses Budget überschreiten. Daß das Landgericht Hamburg jetzt zunächst einmal die neuen Arzneimittel-Richtlinien gekappt hat, verschärft die Budget-Situation der niedergelassenen Ärzte erheblich, da jetzt kaum noch Steuerungsmöglichkeiten hinsichtlich der Arzneimittelversorgung bestehen.

Mit einer solchen Situation wollen wir nicht leben, und ich denke, die Apotheker wollen dies auch nicht. Denn ihnen und uns ist es ein gemeinsames Anliegen, daß die Patienten mit den Medikamenten versorgt werden, die sie brauchen. Verordnungsentscheidungen dürfen nicht danach ausgerichtet werden, wieviel Geld möglicherweise noch im Topf ist. Wir werden unermüdlich darauf hinweisen, daß die Fortführung der bisherigen Planwirtschaft in einer Strukturreform, die das Gesundheitswesen eigentlich fit für das neue Jahrtausend machen sollte, nichts verloren hat. Wir freuen uns dabei über die Unterstützung von seiten der Apotheker. Gemeinsam müssen wir der Politik klar machen: Der Maßstab jeder Reform ist das Wohl der Patienten, und das kommt nach den bisherigen rot-grünen Plänen eindeutig zu kurz. Top

© 1999 GOVI-Verlag
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