Editorial
Gisela
Stieve
Stellvertretende Chefredakteurin
Es gibt Beispiele von Arzt-Apotheker-Gesprächskreisen,
die einfach funktionieren. Nur werden hier keine
Trommelwirbel zu hören sein, sondern hier werden leise,
kollegiale Töne angeschlagen. Hier gibt es keine
Ressentiments oder Argwohn, daß sich ein Arzt oder
Apotheker über die Grenzen seines Berufs und der eigenen
Zuständigkeiten hinausbewegt, sondern hier bekennt man
sich zu dem gemeinsamen Bemühen um das Wohl des
Patienten.
Natürlich ist es wichtig, Maßnahmen wie die
interdisziplinäre Zusammenarbeit zwischen Apothekern und
Ärzten auch auf Bundesebene zu installieren, so wie im
Mai 1995 in Wiesbaden die ABDA und der Hausärzteverband
die Arbeitsgemeinschaft Arzt/Apotheker gegründet haben.
Von solchen höflichen Absichtsbekundungen kann aber
keine Massenbewegung ausgehen, weil Kooperation und
Kollegialität nur an der Basis wachsen können, dort, wo
man die tiefsitzenden Ressentiments überwinden kann.
Da gibt es individuelle Initiativen, die in Orten mit
20.000 Einwohnern schon vor Jahren ins Leben gerufen
wurden. Das hat Signalwirkung, das spricht sich herum,
das ermutigt zur Initiative im eigenen Sprengel.
Wenn eine kleine Idee gut ist, umgesetzt wird und sich
bewährt, kann sie auch größere Kreise ziehen. Anfang
März haben zum Beispiel alle vier Vorsitzenden und
Präsidenten der Heilberufsorganisationen in
Westfalen-Lippe zu einem Apotheker-Ärzte-Zirkel ins Haus
der Kassenärztlichen Vereinigung Westfalen-Lippe in
Dortmund eingeladen. Gastgeber neben KV-Chef Dr. Ulrich
Oesingmann waren der Präsident der Ärztekammer des
Landes, Dr. Ingo Flenker, der Vorsitzende des
Apothekerverbandes Westfalen-Lippe, Dr. Horst-Lothar
Müller, und Apothekerkammerpräsident Hans-Günter
Friese. Hier hat die gute Idee bereits bemerkenswerte
Kreise gezogen.
Schade nur, daß sich der Mitbegründer der
Arbeitsgemeinschaft Arzt/Apotheker auf Bundesebene, der
Vorsitzende des Hausärzteverbandes, Dr. Klaus-Dieter
Kossow, doch immer noch zu solchen Äußerungen
hinreißen läßt wie kürzlich in Köln. Mit dem
Ausdruck des Widerstrebens sagte er vor der Presse: Wir
sind gezwungen, mit den Apothekern zu reden und enger
zusammenzuarbeiten.
Allen steht das Wasser bis zum Hals. Tendenz steigend.
Ich denke nur, daß keiner mit protektionistischen
Allüren weiterkommt. Vernünftiger wäre es, Allianzen
zu suchen, die alle Partner stärken. Die Apotheker
jedenfalls haben Angebote gemacht.
© 1996 GOVI-Verlag
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