Pharmazeutische Zeitung online

Alibi

22.03.2004  00:00 Uhr

Alibi

Mit der Liste der weiterhin erstattungsfähigen rezeptfreien Arzneimittel hat der Gemeinsame Bundesausschuss zwar seine Aufgabe termingerecht erledigt, außer Bundesgesundheitsministerin Ulla Schmidt ist aber niemand so richtig zufrieden damit.

Selbst der Ausschuss fühlte sich gesetzlich und auch durch das Ministerium gezwungen, wider besseren Wissens Anthroposophika und Homöophathika als besondere Therapierichtungen aufnehmen zu müssen, um damit der Therapievielfalt Rechnung zu tragen. Bei genauerer Betrachtung erweist sich die Nennung dieser alternativen Arzneimittel allerdings als reine Luftbuchung und politische Alibimaßnahme.

Wie der Verband der Krankenversicherten Deutschlands e.V. (VKVD) kurz nach der Veröffentlichung der Ausnahmeliste richtig feststellte, werden mit der Ausnahmeliste in der Öffentlichkeit, insbesondere durch die Hochlobung von Ulla Schmidt, falsche Hoffnungen für die Erstattung von Homöopathika geweckt. Denn auch für diese Arzneimittel gilt, dass sie gemäß SGB V § 34 Abs. 1 Satz 2 nur dann erstattet werden, wenn sie bei schwerwiegenden Erkrankungen zum Therapiestandard gehören.

Die meisten Homöopathika und auch Anthroposophika finden ihren Einsatz aber bei nicht schwerwiegenden Indikationen. Der VKVD hat deshalb recht: Praktisch alle homöopathischen und anthroposophischen Medikamente kommen für die Erstattung nicht in Frage. Auch die Hoffnungen der Anhänger pflanzlicher Arzneimittel und der Phytopharmakahersteller werden mit der Ausnahmeliste nicht erfüllt. Denn auch hier wurden die Ausnahmen streng nach SGB V § 34 Abs. 1 Satz 2 ausgewählt.

Lediglich parenterale Mistel-Präparate, die zur palliativen Therapie maligner Tumore zugelassen sind, Ginkgo-biloba-Extrakte, die ihre Wirksamkeit bei Demenz nachgewiesen haben, und Hypericum-perforatum-Extrakte, die zur Behandlung mittelschwerer depressiver Episoden geeignet sind, sowie Flohsamenschalen bei Morbus Crohn, Kurzdarmsyndrom und HIV assoziierter Diarrhö, fanden Aufnahme in die Ausnahmeliste.

Alle anderen Produkte, die bei anderen Indikationen durchaus ihre Wirksamkeit im Zulassungsverfahren – auch wissenschaftlich fundiert - nachgewiesen haben, müssen vom Patienten selbst bezahlt werden. Am Rande sei erwähnt, dass von den Johanniskraut-Präparaten nur ein Fertigarzneimittel für die Indikation „mittelschwere depressive Episoden“ zugelassen ist. Alle anderen sind für „leichte, vorübergehende depressive Störungen“ indiziert.

Deshalb kann sich über diese Aufnahme von Hypericum-Extrakt in die Ausnahmeliste nur ein Hersteller freuen. Mit dieser Liste ist aus meiner Sicht einmal mehr deutlich geworden, dass es falsch war, die Erstattungsfähigkeit primär an der Rezeptpflicht und nicht an anerkannten Therapiestandards fest zu machen. So müssen gerade bei akuten und chronischen Krankheiten jetzt viele preisgünstige Therapieoptionen von den Patienten selbst getragen werden oder sie werden durch teure verschreibungspflichtige und damit risikobeladenere Arzneimittel substituiert, was nicht Sinn eines Gesetzes sein kann.

Professor Dr. Hartmut Morck

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