Pharmazeutische Zeitung online

Ferne Hoffnung

18.02.2002  00:00 Uhr

Ferne Hoffnung

Die wissenschaftliche Welt jubelte, als die Basenfolge des menschlichen Genoms im Jahr 2000 nahezu zeitgleich von einem multinationalen Forschungskonsortium und der Firma Celera Genomics veröffentlicht wurde. Der Bauplan des Menschen war aufgedeckt, das Geheimnis des Lebens schien gelüftet. Die Ergebnisse sollten den Schlüssel zu neuen, bislang undenkbaren Therapien bieten. Die Euphorie legte sich recht bald. Die Menschen erkannten, dass die Entschlüsselung des Humangenoms zwar eine Glanzleistung der Forschung war, aber der konkrete medizinische Nutzen noch nicht absehbar ist.

Die Kenntnis der Basensequenz der DNA ist allein wenig hilfreich, wenn es darum geht, Leben in seiner biologischen Komplexität zu verstehen. Warum, wird im Titelbeitrag dieser Ausgabe an einem schönen Beispiel erklärt: Raupe, Puppe und Schmetterling haben die gleichen Gene, die in den verschiedenen Entwicklungsstadien nur unterschiedlich an- und abgeschaltet werden. Sie steuern zu einem bestimmten Zeitpunkt in einer Zelle die Produktion von bestimmten Proteinen. Die Gesamtheit der Proteine einer Zelle zu analysieren, ist die Aufgabe der Proteomforschung, von Proteomics.

Dies ist komplexer als zunächst gedacht, denn die mechanistische Idee vom genetischen Code - jeweils drei Basen kodieren für eine Aminosäure - erwies sich als zu simpel, um damit physiologische Prozesse zu erklären. Tatsächlich sagt das Gen selbst wenig aus über die darin kodierten Proteine und nichts über deren Funktion. Einem bekannten Protein können Wissenschaftler das zugehörige Gen zuordnen. Umgekehrt können sie aber nicht vorhersehen, welcher Proteintyp mit welchen Funktionen aus einem gerade abgelesenen Gen entstehen wird.

Proteomics hat die Pharmaforschung beflügelt. Als Zielstrukturen von Arzneistoffen sind Proteine das Objekt der Begierde. Viele bewährte Arzneistoffe beeinflussen die Transkription und Translation und damit die Bildung von Proteinen - Beispiel Glucocorticoide - oder greifen an den Proteinen selbst an und modulieren deren Aktivität - Beispiele sind ACE- und CSE-Hemmer. Unterschiede in der Proteinexpression eines Gewebes sind auch diagnostisch verwertbar, denn sie können Krankheiten und deren Aggressivität anzeigen - Beispiel HER-2-Überexpression bei Brustkrebs.

Auch in der präklinischen Entwicklung ist die Proteomforschung hilfreich. Durch den Vergleich des Proteoms vor und nach einer Wirkstoffanwendung lassen sich Wirkung und Nebenwirkung von Forschungssubstanzen frühzeitig abschätzen.

Die Genom- und Proteomforschung soll eine Fülle neuer Zielstrukturen für ganz neue Arzneistoffgruppen erschließen. Darin liegen ungeahnte Potenziale. Forscher schwärmen davon, dass lebensbedrohende Krankheiten wie Krebs geheilt und degenerative Erkrankungen wie Morbus Alzheimer aufgehalten werden können. Damit wecken sie bei Patienten und ihren Angehörigen große und manchmal überzogene Hoffnungen. Apotheker sollten dies im Gespräch behutsam zurechtrücken. Ergebnisse der Genom- und Proteomforschung machen den Menschen ebenso wenig unsterblich wie die Stammzellforschung. Sicher ist jedoch, dass die Pharmakotherapie, und damit die Pharmazie, einen höheren Stellenwert in der Medizin bekommen wird. Dafür sollten die Apotheker gerüstet sein.

Brigitte M. Gensthaler,
Apothekerin und PZ-Redakteurin
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