E-Rezept: ABDA schreibt Brandbrief ans BMG |
Alexander Müller |
19.12.2023 16:25 Uhr |
Aus Sicht der ABDA gibt es vor der verpflichtenden Nutzung des E-Rezepts noch einige Hürden zu nehmen. Das BMG wird zu einigen Korrekturen aufgefordert. / Foto: picture alliance/dpa
Die deutsche Apothekerschaft habe frühzeitig die Voraussetzungen für die Einführung des E-Rezepts geschaffen – »trotz Corona, Lieferengpässen, Personalmangel und Unterfinanzierung«, schreibt Claudia Korf, Geschäftsführerin Ökonomie der ABDA an Susanne Ozegowski, die im BMG die Abteilung »Digitalisierung und Innovation« leitet. Dennoch seien einige Probleme nicht abschließend gelöst worden.
Der erste Punkt, auf den Korf aufmerksam machen will, ist die aus Sicht der Apothekerschaft nach wie vor mangelhafte Datenqualität der E-Rezepte. Ursächlich sind laut Korf unter anderem die FHIR-Verordnungsprofile, welche im Zusammenspiel mit den technischen Anlagen des Bundesmantelvertrags (BMV-Ä) weiterhin zu viel Interpretationsspielraum lassen. Der Deutsche Apothekerverband (DAV) wünscht sich schon lange ein Mitspracherecht in den Verhandlungen zu den Technischen Anlagen des BMV-Ä. Außerdem müssten Maßnahmen zur effektiven Durchsetzung des Zertifizierungskatalogs der Kassenärztlichen Bundesvereinigung (KBV) gegenüber den Herstellern von Praxisverwaltungssystemen (PVS) geschaffen werden.
Ein weiterer großer Schmerzpunkt in der Praxis sind die Freitextfelder. Denn statt strukturierte Daten zu generieren, nutzen offenbar viele Ärztinnen und Ärzte das Feld auch für dort nicht vorgesehene Angaben. Das steht aus Sicht der ABDA einer automatisierten Verarbeitung im Weg, mit negativem Einfluss auf Datenqualität, Datennutzbarkeit und Standardisierung.
Die ABDA schlägt daher vor, die Nutzung von Freitextfeldern auf ein absolutes Minimum zu reduzieren, mit klaren Regeln und definierten Ausnahmefällen. Die Apotheken sollten wiederum mehr Spielraum bei der Belieferung von Freitextverordnungen haben, die Retaxationsmöglichkeiten der Kassen müssten eingeschränkt werden.
Überhaupt ist die »Retaxationsgefahr« eine der größten Hürden, die die ABDA derzeit noch bei der Umstellung auf digitale Verordnungen sieht. Denn das E-Rezept bietet den Krankenkassen neue Möglichkeiten, zumal es sich um einen neuen Prozess mit hoher technischer Detailkomplexität handele, warnt Korf. »Aktuell stehen Apotheken weitestgehend schutzlos vor dieser Situation.« Unbefriedigend sei vor allem der Umstand, dass Kassen auch nach Jahren noch Retaxationen aussprechen könnten. »Hieraus ergibt sich auch die Gefahr, dass Fehler nicht gemeldet werden, um später damit Kosten drücken zu können«, so Korfs Befürchtung.
Die ABDA-Geschäftsführerin stützt ihre Sorge auf die Weigerung des GKV-Spitzenverbands, alle technischen und formalen Prüfungen eines E-Rezepts nach dem Abruf aus dem Fachdienst in einem Prüfkatalog mit dem DAV zu vereinbaren. »Um diese unverhältnismäßige Gefahr für die Apotheken abzumildern, wäre eine maximale Frist zur Retaxation von einem Monat ein probates Mittel«, so Korf.
Allgemein sei die Transformation zu digitalen Prozessen nur dann möglich, wenn gleichzeitig die gesetzlichen Rahmenbedingungen entsprechend modernisiert würden. Zwar wird das Bemühen des BMG anerkannt, die Grundlagen im Sozialgesetzbuch V (SGB V) festzuschreiben. Leider werde dabei aber regelmäßig vergessen, dass auch Verordnungen und Gesetze der Versorgungsprozesse angepasst werden müssen. »Im Kontext E-Rezept bedeutet das, klare Vorgaben, welche Produkte Leistungserbringer elektronisch verordnen dürfen, welche formalen Anforderungen dabei gelten und welche Prüfpflichten sich daraus für Apotheker ergeben«, so die ABDA.
Das Papier-Rezept ist ein Auslaufmodell. Mit dem E-Rezept sollen alle Arzneimittel-Verordnungen über die Telematikinfrastruktur abgewickelt werden. Wir berichten über alle Entwicklungen bei der Einführung des E-Rezeptes. Eine Übersicht über unsere Berichterstattung finden Sie auf der Themenseite E-Rezept.