E-Commerce wird lokal – und die Preise? |
Als klassische Apothekenkunden in der Zielgruppe der »Smart Natives« sieht Kalz junge Frauen, die die Pille kaufen. Da spiele der Preis eine wichtige Rolle. Und nicht nur die Jungen recherchieren immer häufiger online, bevor sie vor Ort einkaufen. / Foto: Adobe Stock/Iakov Filimonov
Der OTC-Bereich ist laut Kalz ein wichtiger Frequenzbringer in der Apotheke. Zwar liege der Umsatz bei 6 Prozent, der Absatz jedoch bei 33 Prozent. Durch die zusätzliche digitale Präsenz der niedergelassenen Apotheken, beispielsweise durch Branchenportale wie Apora, oder durch eigene Webshops, erhalte die Apotheke die digitale Verbindung zum Patienten. Damit könne der Apotheker verhindern, dass der Frequenzrückgang in der Offizin auch zu einem Absatzrückgang führe.
Zudem stünden folgende Trends außer Frage: Die starke und immer noch steigende Bedeutung des Smartphones bei der Nutzung des Internets. Da das Smartphone seit dem Jahr 2016 die wichtigste Online-Oberfläche ist, muss auch die Apotheke dort hin, ist sich Kalz sicher. Laut einer Studie der Beratungsgesellschaft PWC bestellen selbst 21 Prozent der Generation 55+ häufiger im Internet, auch über mobile Endgeräte. Auch recherchierten laut Kalz rund 45 Prozent der Menschen online, bevor sie vor Ort einkaufen.
Kalz legt Apothekern nahe, neben der Vorbestellung die ganze Palette des Online-Shoppings anzubieten. Denn die Kundschaft sei bereit für Bequemlichkeit zu bezahlen. Kunden nehmen um 2 Prozent höhere Preise in Kauf, wenn sie per Paypal bezahlen können. Dies ergab eine Studie des Instituts für Handelsforschung (IFH) in Köln. Demnach wünschen sich 49 Prozent der »Smart Natives«, also Menschen im Alter von 16 bis 29 Jahren, bei einer Online-Reservierung gleich im Anschluss online bezahlen zu können. Und 92 Prozent der jungen Befragten begrüßen es, wenn sie die Verfügbarkeit der Produkte online prüfen können. Ebenso viele finden es laut IFH gut, ihre Bestellung im Geschäft abzuholen.
»Click and Collect«, also die Online-Bestellung und die Abholung im Geschäft, stehe generell bei Kunden hoch im Kurs. Selbst Amazon baue nun Shops vor Ort. Die meisten Apotheken böten als Option beim Online-Kauf zusätzlich die schnelle und oftmals kostenlose Lieferung via Botendienst an. Letzteres kommt bei 67 Prozent der jungen Zielgruppe gut an, weiß Kalz aus der IFH-Studie. Die Online-Zahlung biete demnach einen weiteren großen Vorteil: In der Apotheke kommt der Preis gar nicht mehr zur Sprache. Dies sei auch für die Preisstrategie ein großes Plus.
Entscheidend für die Preisgestaltung ist laut Kalz, ob der Kunde die Preise kennt. Produkte, für die der Kunde den Preis kenne, sind demnach hochelastisch, so Kalz. Das heißt, die Nachfrage ändert sich in Relation zum Preis. Sinkt der Preis, wird mehr gekauft, steigt der Preis, wird weniger gekauft. Kennen die Kunden die Preise jedoch nicht, sind sie nichtelastisch, weil der Preis keinen Einfluss auf das Kaufverhalten hat. Präparate, bei denen einige Kunden über den Preis Bescheid wissen, fallen in das sogenannte mittelelastische Segment.
Wenn der Kunde nun Preise auf dem Smartphone aufrufen kann, kann er die Preise direkt vergleichen. Die Preise werden digital und damit auch transparent. Deshalb empfiehlt Kalz eine Zwei-Preis-Strategie zu verfolgen – einen Plan für online sowie einen für offline. Dies wird strategisch eine wichtige Rolle spielen, ist sich der Experte sicher. Daraus folgt demnach auch, dass die Warenwirtschaft der Apotheke ermöglicht, zwei unterschiedliche Preise für das gleiche Produkt zu hinterlegen.
Natürlich bestehe bei einer Zwei-Preis-Strategie immer die Gefahr, dass es mit Kunden zu Diskussionen um die Preise komme. Kalz warnt jedoch davor, aus Angst vor dieser Diskussion, die Produkte nicht online anzubieten. Der Preis spiele eine Rolle, aber eben meist nicht die entscheidende. Außerdem könne man den niedrigeren Online-Preis meist mit einer Online-Aktion erklären und begründen.
Nicht nur die Preise entscheiden demnach über den erfolgreichen Verkauf, sondern Kunden sind in der Regel dazu bereit, für Service und Bequemlichkeit zu bezahlen. Sie schätzen laut Kalz eine Verfügbarkeitsprüfung der gewünschten Produkte, eine schnelle und einfache Online-Zahlung, Beratung vor Ort und die Abholmöglichkeit. Apotheken müssten außerdem ihre Services und ihren Mehrwert für die Kunden online sichtbar machen. Auch Leistungen der Offizinen, die Online-Versender nicht anbieten können, wie beispielsweise spezielle Beratungsangebote, gelte es der digitalen Welt zu zeigen. Er empfiehlt Apothekern zusätzlich Kunden online über digitale Features und Marketing-Kampagnen zu binden.