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Genbasierte-Prävention von Nebenwirkungen

Drei Gene, großer Effekt 

Eine große englische Studie hat erneut das Potenzial einer konsequenten Genotyp-basierten Medikamentenanpassung gezeigt: Allein die Bestimmung von Polymorphismen in nur drei Genen, kann das Auftreten von unerwünschten Arzneimittelwirkungen (UAW) deutlich verringern. 
Theo Dingermann
01.04.2025  12:30 Uhr

Am Metabolismus von Arzneistoffen sind diverse Enzyme im Körper beteiligt, die abhängig von der Genetik eines Individuums unterschiedlich gut arbeiten. Bei einigen Arzneistoffen sind diese Mechanismen so wichtig, dass eine Genotypisierung vor der Anwendung zwingend vorgeschrieben ist.

Das Team um Dr. Emma F. Magavern vom William Harvey Research Institute an der Queen Mary University of London und Kollegen wollte nun das Ausmaß von UAW quantifizieren, die potenziell durch Pharmakogenomik (PGx), also die Bestimmung der genetischen Unterschiede zwischen Individuen im Hinblick auf die Wirkung von Medikamenten, hätten vermieden werden können.

Dazu analysierten die Forschenden retrospektiv alle öffentlich verfügbaren Berichte zu unerwünschten Arzneimittelwirkungen (UAW) aus dem britischen Yellow Card System von 1963 bis 2024 und erstellten ein umfassendes Datenset aus über 1,3 Millionen UAW-Meldungen zu 2.499 Substanzen. Sie konzentrierten sich dann auf 39 Arzneimittel mit validierten PGx-Gen-Interaktionen gemäß der PREPARE-Studie und den Dutch Pharmacogenetics Working Group (DPWG)-Leitlinien.

Die Ergebnisse ihrer Arbeit sind auf der Wissenschaftsplattform » PLoS Medicine« veröffentlicht.

Insgesamt konnten 9 Prozent aller dokumentierter UAW (n = 115.789) auf Varianten bei den Wirkstoff-modifizierenden Enzymen zurückgeführt werden. Den größten Teil davon (etwa 75  Prozent) hätte man vermeiden können, wenn nur drei pharmakokinetisch relevante Gene (CYP2C19, CYP2D6, SLCO1B1) analysiert worden wären.

Auch diese Studie hat bestätigt, dass von den genetischen Polymorphismen vor allem Psychopharmaka betroffen sind. Diese stellten mit 47 Prozent den größten Anteil der Arzneimittel, die UAW verursachten, gefolgt von kardiovaskulären Wirkstoffen (24 Prozent).

Patienten, bei denen PGx-relevante UAW festgestellt wurden, waren tendenziell älter und litten  häufiger an schwerwiegenden, nicht-tödlichen Nebenwirkungen. Besonders auffällig war die Überrepräsentation psychiatrischer PGx-Medikamente (zum Beispiel Paroxetin, Sertralin) in den UAW-Berichten im Vergleich zur Verschreibungshäufigkeit. Diese Medikamente führten zwar selten zu fatalen Arrhythmien (0,4 Prozent), doch der Großteil der kardiologischen UAW (88 Prozent) war als schwerwiegend klassifiziert.

Basierend auf den extrapolierten Daten der PREPARE-Studie könnten bei Anwendung eines PGx-Panels rund 30  Prozent der PGx-assoziierten UAW verhindert werden, argumentieren die Forschenden. Das entspreche etwa 34.737 vermeidbaren Ereignissen im untersuchten Datensatz. Zudem könnte eine konsequente Anwendung eines limitierten Gensets (CYP2D6, CYP2C19, SLCO1B1), das bei den Patienten analysiert würde, nicht nur einen Großteil der UAW adressieren, sondern auch gesundheitliche Ungleichheiten verringern, da extreme Metabolisierer-Phänotypen in afrikanischen und asiatischen Bevölkerungsgruppen überdurchschnittlich häufig auftreten.

Trotz der Limitierungen, die mit dem Yellow Card-Erfassungssystem verbunden sind (zum Beispiel Untererfassung, fehlende Anamnesedaten, eingeschränkte Demografie), liefert diese Analyse erstmals einen systematischen Überblick über das PGx-Präventionspotenzial in einem nationalen Pharmakovigilanzsystem. Die Ergebnisse legen nahe, dass besonders die Psychiatrie als prioritäres Feld für die Implementierung PGx-basierter Verordnungsstrategien in Betracht gezogen werden sollte.

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