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Datum(50) Freitag, der 05.09.2025, 09:37 Uhr
IDbdt0115 3 pl 685 dpa 0369
BetreffFinanzen/Krankenversicherung/Haushalt/Gesundheit/Deutschland/(Zusammenfassung 0930) Krankenkassen-Ausgaben steigen - Beiträge stabil? (Foto Illustration)
TextDrohen bei der Krankenversicherung weitere Erhöhungen der Beiträge?
Die Koalition will das verhindern. Doch neue Zahlen zu den Kosten
zeigen einen eindeutigen Trend.
Berlin (dpa) - Immer stärker steigende Ausgaben setzen die Politik
bei den Krankenkassen-Finanzen weiter unter Druck. So stiegen die
Leistungsausgaben der noch rund 90 Krankenkassen im ersten Halbjahr
um 7,95 Prozent auf 166,1 Milliarden Euro, wie aus neuen Kennzahlen
des GKV-Spitzenverbands hervorgeht, die der Deutschen Presse-Agentur
vorliegen. Heute will Bundesgesundheitsministerin Nina Warken (CDU)
über die Finanzentwicklung der gesetzlichen Krankenversicherung im 1.
Halbjahr 2025 informieren. Die schwarz-rote Koalition hatte zuletzt
als Ziel ausgegeben, dass die Beiträge für die Versicherten nach
Möglichkeit stabil bleiben sollten.
Auffällig ist der im ersten Halbjahr auf 2,8 Milliarden Euro
gestiegene Überschuss der Krankenkassen. Nach Rekorddefiziten im Jahr
2024 war bis Ende März bereits ein Überschuss von 1,8 Milliarden Euro
entstanden.
Kassen machen Gesetzgebung für höhere Kosten verantwortlich
«Aber das sollte niemanden beruhigen», sagte der Vorsitzende des
GKV-Spitzenverbandes, Oliver Blatt, der dpa. «Die Ausgabendynamik ist
im ersten Halbjahr ungebrochen.» Der Überschuss sei dringend
notwendig, um die gesetzliche Mindestreserve der Kassen wieder
aufzufüllen. In den vergangenen Jahren hatte es einen Rücklagen-Abbau
gegeben. «Gerade mit Blick auf die dynamische Ausgabenentwicklung ist
aber noch offen, ob das gelingen kann», sagte Blatt.
Allein beim größten Kostenblock, den Krankenhausbehandlungen,
übertraf das Plus mit 9,6 Prozent noch das des ersten Halbjahres 2024
(7,9 Prozent). 54,5 Milliarden Euro flossen nun zu den Kliniken. Die
Ausgaben für Ärzte stiegen um 7,8 Prozent auf 27,0 Milliarden, die
für Arzneimittel um 6 Prozent auf 28,9 Milliarden Euro. Blatt sagte:
«So kann es nicht weitergehen, solche Steigerungsraten hält kein
Gesundheitssystem der Welt auf Dauer aus.»
Die Kassen machen vor allem die Gesetzgebung der vergangenen Jahre
für die Kostensteigerungen verantwortlich, wie ein Verbandssprecher
erläuterte. Bestehende Honorardeckel wurden demnach beispielsweise
für immer mehr ärztliche Leistungen abgeschafft - und bei Pharma
Preisvorgaben gelockert.
Koalition will stabile Beiträge für Versicherte
Für die Versicherten sollen die höheren Kosten nach dem Willen der
Koalition keine Auswirkungen haben: Schwarz-Rot will die Beiträge
nach deutlichen Steigerungen im kommenden Jahr möglichst stabil
halten. CDU/CSU-Fraktionschef Jens Spahn hatte dies bereits im August
angekündigt. Im Koalitionsausschuss am Mittwochabend hat man das Ziel
noch einmal bekräftigt.
Die Beitragszahlenden sollen nicht weiter belastet, der dringend
erhoffte Wirtschaftsaufschwung soll durch Beitragserhöhungen nicht
zusätzlich gefährdet werden.
So wollen die Kassen Beitragsanstieg vermeiden
Blatt lobte es als «gutes und wichtiges Signal», dass die Regierung
die Beiträge stabil halten wolle - und hat einen Vorschlag.
Grundsätzlich müsse verhindert werden, dass die Krankenkassen mehr
ausgeben müssen als sie einnehmen. Der Anstieg der Kosten müsse
wieder auf «ein Normalmaß» zurückgeführt werden.
Konkret warb Blatt für den Vorschlag eines Ausgabenmoratoriums:
«Preis- und Honorarzuwächse dürfen künftig nicht mehr schneller
steigen als die tatsächlichen Einnahmen der Krankenkassen.»
Die Absicht: «Mit so einem Ausgabenmoratorium könnten die Beiträge
zum Jahreswechsel insgesamt stabil bleiben.» Doch es wäre nach Blatts
Angaben weiter Luft für den Ausgleich der Inflation und
Tarifentwicklungen. Leistungen müssten nicht gestrichen werden.
Blatt: «Wir brauchen Reformen»
Bei den Krankenkassen wurden in den vergangenen Tagen Befürchtungen
bekannt, dass der absehbare Halbjahresüberschuss der Kassen den
Reformdruck schmälern könnte.
Der Verband der Ersatzkassen etwa macht «ausgabentreibende
Gesundheitsgesetzgebung der vergangenen Jahre» sowie ausstehende
Strukturreformen für die galoppierenden Kosten verantwortlich. Dies
müsse angegangen werden.
Auch Kassenverbandschef Blatt sieht das geforderte Ausgabenmoratorium
nur als Sofortmaßnahme, wie er sagte. «Wir brauchen unbedingt
Reformen, deren gute Wirkung die Versicherten im Alltag spüren, zum
Beispiel durch schnellere Arzttermine», verlangte Blatt. Qualität
müsse erhalten bleiben.
Langfristig will Blatt aber auch verhindern, dass die Schere zwischen
Ausgaben und Einnahmen weiter auseinanderklafft, und «wieder zu
stabilen Finanzen kommen».
Die Lage bei den Beiträgen
Etwa zu Jahresbeginn hatten die Beitragszahlerinnen und
Beitragszahler auf breiter Front tiefer in die Tasche greifen müssen.
Der Zusatzbeitrag stieg im Schnitt auf 2,9 Prozent. Ihn legt jede
Kasse selbst fest. Daneben gilt der allgemeine Satz von 14,6 Prozent
des Bruttolohns.
In den Etats 2025 und 2026 will der Bund die Kassenfinanzen über den
regulären Jahreszuschuss hinaus mit Darlehen stabilisieren. Diese
Darlehen «werden nötige Beitragssatzanhebungen abfedern, sie werden
sie nicht verhindern», hatte Gesundheitsministerin Warken im
Bundestag gesagt. Reformkommissionen sollen dann strukturelle
Reformen für die Kranken- und Pflegeversicherung vorschlagen.
Im Sommer hatte der Bundesrechnungshof in einem Bericht an den
Haushaltsausschuss Alarm geschlagen: Auch künftig würden die
Einnahmen der Krankenkassen durchgängig unter den Ausgaben bleiben.
Folge seien stetig steigende Zusatzbeiträge.
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## Redaktionelle Hinweise
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- Operation im Krankenhaus
## Internet
- [Finanzentwicklung GKV 1. Quartal 25](https://dpaq.de/jdmyUKz)
- [Bericht zu GKV-Halbjahresergebnis](https://dpaq.de/1t6t3i5)
## Orte
- [Bundesministerium für Gesundheit](Mauerstraße 29, 10117 Berlin,
Deutschland)
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- Autor/in: Basil Wegener (Berlin), 030285231131,
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- Redaktion: Lena Klimpel (Berlin), +49 30 2852 31301,
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