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Datum(46) Dienstag, der 21.10.2025, 00:05 Uhr
IDtmn0003 4 vm 1141 dpa-tmn 0032
BetreffGesundheit/Krankheiten/Familie/Deutschland/Ratgeber/Fieber/Eltern/(Fragen & Antworten - Z: 7410) Senken oder nicht? Was Eltern über Fieber wissen sollten Von Ricarda Dieckmann, dpa (Mit 4 Bildern tmn8230 vom 21.10.2025)
TextWenn das Kind glüht, ist für viele Eltern klar: her mit Fiebersaft
oder -zäpfchen! Ein Kinderarzt erklärt, warum das selbst bei hohem
Fieber längst nicht immer sein muss.
Krefeld/Berlin (dpa/tmn) - Eltern kennen das: Kinder kränkeln gefühlt
immer dann, wenn es am wenigsten passt. Der Klassiker unter den
Symptomen ist dabei das Fieber - also eine Körpertemperatur ab 38,5
Grad. Ist der Nachwuchs jünger als drei Monate, liegt es schon bei
einer Temperatur von 38 Grad vor.
Was tun, wie helfen, wenn das Kind eine glühende Stirn und wenig Lust
auf sein Lieblingsspielzeug hat? Der Griff zum Fiebersenker sollte
dabei nicht vorschnell passieren, sagt der Kinder- und Jugendarzt
Prof. Tim Niehues vom Helios Klinikum Krefeld.
Er hat als Leitlinienbeauftragter der Deutschen Gesellschaft für
Kinder- und Jugendmedizin (DGKJ) eine Leitlinie zum Fiebermanagement
bei Kindern mit herausgegeben, an der 15 Fachgesellschaften beteiligt
waren. Die Leitlinie soll nicht nur Ärztinnen und Ärzten, sondern
auch Eltern dabei helfen, richtig zu handeln.
Die Hauptaussage: Fieber muss nicht um jeden Preis gesenkt werden.
«Wir wollen erreichen, dass Eltern ein bisschen die Angst vor dem
Fieber verlieren», fasst Niehues zusammen. Die wichtigsten Fragen zum
Fieber im Überblick.
1. Was passiert bei Fieber eigentlich im Körper?
Fieber an sich ist keine Krankheit, sondern ein Symptom. Es kann -
von der Grippe bis zum Magen-Darm-Infekt - viele Ursachen haben.
Wenn der Körper bemerkt, dass er es mit Viren und Bakterien zu tun
hat, dreht er den Temperaturregler hoch. Ein bestimmter Botenstoff
des Immunsystems sorgt dabei im Gehirn dafür, «dass der Sollwert für
die Temperatur, wie bei einem Thermostat, hochgestellt wird - von
normalerweise 37 Grad auf zum Beispiel 38,5 oder 39», sagt Tim
Niehues.
Der Körper will es den Krankheitserregern damit möglichst ungemütlich
machen. Bei einer höheren Temperatur haben es Bakterien nämlich
schwerer, sich zu teilen. Eine Strategie, auf die übrigens auch so
manches Tier setzt - wenn auch etwas anders, so Niehues: «Man weiß,
dass Fische in wärmeres Wasser schwimmen, wenn sie eine Infektion
haben.»
2. Die große Frage: Wann muss Fieber gesenkt werden - und wann
sollten Eltern darauf lieber verzichten?
Fieber hat also seinen Sinn - es ist ein cleverer Abwehrmechanismus
des Körpers. Und daher gilt: Es muss nicht in jedem Falle mit
Medikamenten gesenkt werden.
Entscheidend ist nicht die Zahl auf dem Fieberthermometer, sondern
der Eindruck, den die Eltern vom Nachwuchs haben. «Es gibt ganz viele
Kinder, die 39 Grad Fieber haben, denen es aber gut geht», sagt
Niehues. Dann muss ein fiebersenkendes Medikament nicht sein.
Hat das Kind hingegen Schmerzen, wirkt erschöpft und angeschlagen,
kann ein fiebersenkendes Medikament Linderung bringen. Denn typische
Wirkstoffe wie Paracetamol und Ibuprofen wirken auch gegen Schmerzen
und Entzündungen.
Wichtig: All das gilt für ansonsten gesunde Kinder. «Wenn
beispielsweise ein Kind mit einer chronischen oder schweren
Erkrankung wie Leukämie Fieber hat, dann muss man natürlich ganz
anders handeln», sagt Tim Niehues.
3. Und was, wenn das Kind wirklich hoch fiebert?
Auch wenn die elterliche Intuition oft anderes signalisiert: Ein
Kind, das 40 Grad Fieber hat, muss nicht schwerer krank sein als
eines, das 38,5 Grad Fieber hat. «Es gibt Kinder, die fiebern einfach
höher», sagt Tim Niehues.
Generell gilt: «Es gibt keine Obergrenze der Temperatur, ab der man
unbedingt ins Krankenhaus muss.» Und es gibt auch keinen Wert, ab dem
Fieber unbedingt mit Medikamenten gesenkt werden muss.
Eine Ausnahme gibt es aber, in der Fieber Eltern wirklich Sorgen
bereiten sollte: nämlich beim Säugling, also einem Baby unter drei
Monaten. «Da ist Fieber an sich immer ein Grund, es dem Kinderarzt
vorzustellen. Und hier gilt auch: Je höher das Fieber, desto
gefährlicher ist das», sagt Niehues.
Dahinter können bakterielle Infektionen stecken, die sich im Körper
der ganz Kleinen besonders schnell ausbreiten. Und das kann
lebensgefährlich werden, wenn man nicht rechtzeitig mit Antibiotika
gegensteuert.
4. Wenn die Höhe des Fiebers so wenig Aussagekraft hat: Macht Messen
dann überhaupt Sinn?
Durchaus, so der Kinderarzt. Allein schon, weil Fieber ein Zeichen
ist, dass bei dem Kind etwas gesundheitlich nicht stimmt. Dauer und
Verlauf des Fiebers können zudem wertvolle Hinweise geben, womit
genau der Körper zu kämpfen hat. «Wenn das Kind vier Tage in Folge 39
Grad Fieber hat, ist da etwas im Busch. Normalerweise geht ein Infekt
innerhalb weniger Tage vorbei», sagt Tim Niehues.
Um für das Gespräch mit Kinderarzt und Kinderärztin gut vorbereitet
zu sein, sollten sich Eltern also die Messwerte notieren. Das geht
auch digital, zum Beispiel in der «FeverApp» (iOS und Android), an
deren Entwicklung Verbände aus der Kinder- und Jugendmedizin
beteiligt waren.
5. Worauf sollten Eltern beim Fiebermessen achten?
Thermometer in den Po: Wohl kein Kind ist Fan von der rektalen
Messung. Dabei ist sie zumindest bei kleinen Kindern der
Goldstandard.
Immerhin: Eltern können einiges tun, damit die Messung möglichst
angenehm wird. Das BIÖG-Portal «kindergesundheit-info.de» rät, etwas
Creme auf die Spitze des Thermometers zu geben. Sie wird dann ein-
bis maximal zwei Zentimeter tief in den After eingeführt, bis ein
Widerstand zu spüren ist.
Bei Kindern ab einem Jahr können Eltern der neuen Fieber-Leitlinie
zufolge alternativ auch am Ohr messen - mit einem
Infrarot-Trommelfellthermometer. Bei kleineren Kindern ist der
Gehörgang noch zu eng dafür.
Andere Methoden sind weniger verlässlich, die Messung unter der
Achsel etwa. Auch die Messung unter der Zunge mit einem
Digitalthermometer ist fehleranfällig, weshalb sie der Leitlinie
zufolge nur bei Jugendlichen infrage kommt.
6. Wann sollten Eltern das fiebernde Kind unbedingt dem Kinderarzt
oder der Kinderärztin vorstellen?
Wenn Eltern das Bauchgefühl haben «Hier läuft etwas aus dem Ruder»,
ist es sinnvoll, diesen Eindruck abklären zu lassen. Etwa, wenn der
Nachwuchs sehr krank, stark schläfrig oder benommen wirkt. Auch sehr
schnelles Atmen, Luftnot und Berührungsempfindlichkeit sind
Warnzeichen, die rasch abgeklärt werden sollten. Das gilt ebenso beim
Verdacht auf Austrocknung - also wenn seit mehr als 12 Stunden kein
Urin mehr aus dem Kind gekommen ist.
«Auch wenn die Haut des Kindes verfärbt ist oder es einen unklaren
Hautausschlag oder Einblutungen unter der Haut hat, sollten Eltern
mit ihm zum Kinderarzt gehen», sagt Tim Niehues.
7. Wie können Eltern dem fiebernden Kind helfen?
Wenn sich das Kind schlapp fühlt und alles schmerzt, ist die
Zuwendung der Eltern Balsam für die Seele - das ist klar. Auch
Hausmittel wie Wadenwickel können dem Kind guttun, «allerdings keine
kalten», wie Tim Niehues warnt. Dann fährt der Körper nämlich,
bildlich gesprochen, die Heizung umso mehr hoch, um der Kälte an den
Waden etwas entgegenzusetzen. Besser: körperwarm.
Fiebert der Körper, setzt er mehr Flüssigkeit um. Die sollte also
zugeführt werden, damit das Kind nicht austrocknet. Eine gute
Faustregel, die das BIÖG nennt: alle halbe Stunde etwas warmen,
milden Tee oder Wasser anbieten.
Und was ist mit Essen? Eltern können dem kränkelnden Nachwuchs immer
wieder leicht verdauliche Speisen wie Kompott anbieten, sollten das
Kind aber nicht zum Essen zwingen.
Das A und O ist aber, dem Kind das Auskurieren zu ermöglichen. Tim
Niehues rät daher auch davon ab, das Kind nachts aufzuwecken, um zu
schauen, wie es ihm geht. «Wenn das Kind normal schläft, also vorher
nicht dämmerig wirkte, sollte man es schlafen lassen. Schließlich ist
das eine gute Form der Regeneration», sagt Niehues.
# Notizblock
## Redaktionelle Hinweise
- Beachten Sie, dass der dpa-Themendienst außerdem eine Meldung zum
Thema Fieberkrampf gesendet hat.
- Zu diesem Text finden Sie Bilder mit folgendem Titel im dpa
Bildangebot:
- Ein krankes Kind liegt in einer Hängematte
- Eine Frau mißt bei einem Kind Fieber im Ohr
- Eine Mutter legt ihre Hand auf die Stirn ihres Sohnes
- Eine Mutter misst bei einem Säugling Fieber
## Internet
- [S3-Leitlinie zu Fiebermanagement bei
Kindern](https://dpaq.de/2WGleUv)
- [«kindergesundheit-info.de» vom BIÖG zu Fieber bei
Kindern](https://dpaq.de/RyPxr)
- [FeverApp im App Store](https://dpaq.de/YQByO0T)
- [FeverApp im Play Store](https://dpaq.de/4q1urEN)
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Die folgenden Informationen sind nicht zur Veröffentlichung bestimmt
## Ansprechpartner
- Tim Niehues, Chefarzt des Zentrums für Kinder- und Jugendmedizin am
Helios Klinikum Krefeld, Leitlinienbeauftragter und
Vorstandsmitglied der Deutschen Gesellschaft für Kinder- und
Jugendmedizin, Kontakt für Franziska Vallentin, 0151 65219981,
Vallentin, Franziska
## Kontakte
- Autor/in: Ricarda Dieckmann (Berlin), 030 2852 32972,
dieckmann.ricarda@dpa.com
- Redaktion: Fotoredaktion: +49 30 2852 32897,
foto.themendienst@dpa.com, Julia Bresching (Berlin), +49 (30)
2852-31181, Bresching.Julia@dpa.com
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