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Datum(20) Freitag, der 05.09.2025, 16:39 Uhr
IDbdt0308 3 pl 792 dpa 1176
BetreffGesundheit/Krankenversicherung/Finanzen/Haushalt/Bundestag/(Zusammenfassung 1630) Höhere Kassenbeiträge noch nicht vom Tisch Von Sascha Meyer und Basil Wegener, dpa (Foto Illustration)
TextDie Milliardenausgaben für die Gesundheit steigen und steigen. Jetzt
ist klar: Schnelles Extra-Geld aus dem Bundeshaushalt 2025 gibt es
nicht. Sind höhere Beiträge trotzdem noch zu verhindern?
Berlin (dpa) - Für Millionen Versicherte sind drohende erneute
Anhebungen der Krankenkassenbeiträge im nächsten Jahr noch nicht vom
Tisch. Aus dem Bundeshaushalt 2025 gibt es dafür nun endgültig kein
zusätzliches Geld, wie die schwarz-roten Koalitionsfraktionen nach
den abschließenden Ausschussberatungen des Bundestags mitteilten.
Gesundheitsministerin Nina Warken (CDU) peilt aber noch kurzfristige
Schritte an, um Beitragserhöhungen ab Januar zu vermeiden.
Erst Anfang des Jahres hatte es eine Welle kräftiger Anhebungen
gegeben. Wegen steigender Milliardenausgaben für die Versorgung
nehmen die Probleme noch weiter zu. 
Warken sagte in Berlin: «Die gesetzliche Krankenversicherung steht
finanziell massiv unter Druck. Die Ausgaben wachsen weiterhin
deutlich stärker als die Einnahmen.» Für Krankenhausbehandlungen als
größtem Kostenblock stiegen sie im ersten Halbjahr auf 54,5
Milliarden Euro - das waren 9,6 Prozent mehr als in den ersten sechs
Monaten des Vorjahrs. Die Ausgaben für ärztliche Behandlungen in den
Praxen stiegen um 7,8 Prozent auf knapp 27 Milliarden Euro und für
Arzneimittel um 6 Prozent auf 28,9 Milliarden Euro. 
Finanzdruck trotz Überschusses
Nach den Beitragsanhebungen zu Jahresbeginn verbuchten die Kassen bis
Ende Juni jetzt unter dem Strich einen Überschuss von 2,8 Milliarden
Euro. Dies sei aber nur eine Momentaufnahme und mit Vorsicht zu
genießen, erläuterte Warken. Denn die Kassen müssen damit ihre nur
noch sehr niedrigen Reserven auffüllen. Sie liegen aktuell bei 4,6
Milliarden Euro, was 0,16 Monatsausgaben entspricht - gesetzlich
gefordert sind mindestens 0,2 Monatsausgaben.
Auch der Spitzenverband der gesetzlichen Krankenkassen (GKV) warnte
davor, sich vom Halbjahres-Plus beruhigen zu lassen. «Die
Ausgabendynamik ist im ersten Halbjahr ungebrochen», sagte
Vorstandschef Oliver Blatt der Deutschen Presse-Agentur. Es sei ein
«gutes und wichtiges Signal», dass die Regierung die Beiträge stabil
halten wolle. Blatt forderte erneut, dass die Kassen nicht mehr
ausgeben müssen, als sie einnehmen. Der Anstieg der Kosten müsse
wieder auf «ein Normalmaß» zurückgeführt werden. Das könne Beiträge
stabil halten.
Finanzspritze des Bundes reicht nicht
Um die Kassen zu entlasten, gibt der Bund schon Geld aus dem Haushalt
über den regulären Jahreszuschuss von 14,5 Milliarden Euro hinaus. So
ist für 2025 und 2026 jeweils ein Darlehen von 2,3 Milliarden Euro
geplant, außerdem soll ein früheres Darlehen von einer Milliarde Euro
erst später zurückgezahlt werden müssen. Damit bleibt laut
Gesundheitsministerium für 2026 aber eine Lücke von vier Milliarden
Euro. Rein rechnerisch wären es 0,2 Prozentpunkte beim Beitrag.
Die Regierungsfraktionen und der Koalitionsausschuss bekräftigten
gerade erst das Ziel, die Beiträge nach den zuletzt starken
Steigerungen 2026 möglichst stabil zu halten. «Den hohen Erwartungen
und dem Zeitdruck sind wir uns durchaus bewusst», sagte Warken.
Sollte das «Delta» so bleiben, werde es aller Voraussicht nach zu
Beitragserhöhungen führen. «Aber wir wollen das Ganze noch abfedern.»
Ziel sei, eine Beitragserhöhung ab Januar zu vermeiden, und zwar
außer für die Krankenversicherung auch für die Pflegeversicherung.
Lösungen noch im Herbst angestrebt
Konkret soll unter anderem in den direkt folgenden Beratungen über
den Haushalt 2026 nach Lösungen gesucht werden, wie Warken deutlich
machte. Damit wolle man noch die anstehenden Berechnungen des
sogenannten Schätzerkreises erreichen, der immer im Herbst einen
Orientierungswert für den durchschnittlichen Zusatzbeitrag im
Folgejahr ermittelt. Den konkreten Zusatzbeitrag legt dann jede Kasse
nach ihrer Finanzsituation für ihre Versicherten fest.
Anfang dieses Jahres waren die Zusatzbeiträge im Schnitt auf
2,9 Prozent gestiegen. Das war mehr als die erwartete Zunahme um 0,8
Punkte auf den amtlichen Orientierungswert von 2,5 Prozent. Zum
Gesamtbeitrag, den sich Arbeitnehmer und Arbeitgeber teilen, gehört
daneben der allgemeine Satz von einheitlich 14,6 Prozent des
Bruttolohns. 
Kommission soll früher Vorschläge machen 
Warken unterstrich das schwarz-rote Ziel, neben den kurzfristigen
Schritten eine langfristige Stabilisierung zu erreichen. «Ohne
tiefgreifende Reformen kann sich das System nicht mehr selber
finanzieren.» Eine dazu im Koalitionsvertrag vereinbarte
Expertenkommission soll im September starten und auch nicht erst im
Frühjahr 2027 Ergebnisse vorlegen, sondern im Frühjahr 2026. «Die
beinahe zur Routine gewordene Beitragssteigerung zum Jahreswechsel
muss durchbrochen werden», sagte Warken.
Die Allgemeinen Ortskrankenkassen (AOK) warnten vor einer «Politik
nach dem Prinzip Hoffnung». Statt entschlossen zu handeln, werde aber
weiter darauf gewartet, dass irgendwo noch Geld im Bundeshaushalt
auftauche, kritisierte die Chefin des AOK-Verbands, Carola Reimann.
DAK-Chef Andreas Storm sagte: «Bei Gesundheit und Pflege droht uns
ein Herbst der Hilflosigkeit, den Versicherte und Arbeitgeber im
nächsten Jahr teuer bezahlen müssen.» 
Vorschläge für Entlastungen
Der Chef der Techniker Krankenkasse, Jens Baas sagte, Vorschläge für
schnell wirksame Maßnahmen zum Stoppen der explodierenden Ausgaben
gebe es genug. Er schlug mit Blick auf die geplante
Mehrwertsteuersenkung für die Gastronomie vor: «Für das Schnitzel mit
Pommes soll bald der reduzierte Satz gelten. Warum geht das nicht
auch bei Arzneimitteln?»
Der Vorstand der Deutschen Stiftung Patientenschutz, Eugen Brysch,
hielt der Regierung Realitätsverweigerung vor. «Ohne Steuermittel
gehen in der Kranken- und Pflegeversicherung die Lichter aus.» Die
Chefin des Sozialverbands Deutschland, Michaela Engelmeier, sagte:
«Darlehen sind keine Lösung, sie verschieben das Problem nur in die
Zukunft.» Statt neue Beitragserhöhungen zu riskieren, seien
versicherungsfremde Leistungen aus Steuermitteln zu bezahlen.
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## Redaktionelle Hinweise
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- Bundesgesundheitsministerin zu Finanzentwicklung der GKV
- Krankenhäuser
## Internet
- [Finanzentwicklung GKV 1. Quartal 25](https://dpaq.de/jdmyUKz)
- [Bericht zu GKV-Halbjahresergebnis](https://dpaq.de/1t6t3i5)
## Orte
- [Bundesministerium für Gesundheit](Berlin, Deutschland)
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Die folgenden Informationen sind nicht zur Veröffentlichung bestimmt
## Kontakte
- Autor/innen: Sascha Meyer (Berlin), +49 30 2852 31137,
meyer.sascha@dpa.com, Basil Wegener (Berlin), 030285231131,
wegener.basil@dpa.com
- Redaktion: Christian Andresen (Berlin) 030/2852-31301,
politik-deutschland@dpa.com, Foto: Newsdesk, +49 30 2852 31515,
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