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Datum(34) Mittwoch, der 22.10.2025, 05:00 Uhr
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BetreffGesundheit/Thüringen/Immer mehr Kliniken führen medizinische Versorgungszentren (Foto Archiv)
TextDie Zahl der Medizinischen Versorgungszentren hat sich in Thüringen
vervierfacht. Zwischen Patientenwohl, Ärztemangel und
wirtschaftlichen Interessen - die Kontroverse um die neuen
«Polikliniken».
Weimar/Erfurt (dpa/th) - Die Anzahl medizinischer Versorgungszentren
(MVZ) in der Trägerschaft von Krankenhäusern hat sich in Thüringen
seit Ende 2008 vervierfacht. Wie aus Zahlen der Kassenärztlichen
Vereinigung hervorgeht, lag die Anzahl solcher Einrichtungen Ende
vergangenen Jahres bei 108. 
Damit werden mehr als zwei Drittel der insgesamt 150 Medizinischen
Versorgungszentren in Thüringen von Kliniken betrieben. Auch
insgesamt ist die Anzahl der MVZ in Thüringen gestiegen: Inzwischen
gibt es dreimal so viele dieser Einrichtungen wie noch Ende 2008.
Die Kassenärztliche Vereinigung Thüringen sieht diese Entwicklung
kritisch: MVZ würden häufig von Kliniken dazu genutzt, um stationäre
Fälle aus der ambulanten Versorgung heraus zu akquirieren, sagte ein
Sprecher der Deutschen Presse-Agentur in Erfurt. «Hier steht dann
nicht der ambulante Profit im Vordergrund. Vielmehr werden sogar
ambulante Verluste toleriert, um die stationären Erlöse zu steigern.»
Profit oder Patientenwohl? Ein Streit um Motive
Dem Vorwurf der Profitmaximierung tritt die
Landeskrankenhausgesellschaft Thüringen entgegen: «Auch für
angestellte Mediziner steht das Wohl der behandelten Patienten bei
der Empfehlung für die Weiterbehandlung in einem Krankenhaus im
Vordergrund», sagte Geschäftsführer Rainer Poniewaß der Deutschen
Presse-Agentur. 
Der Gesetzgeber habe die Möglichkeit der MVZ 2004 geschaffen. Ihre
Entstehung sei ausdrücklicher politischer Wille gewesen -
insbesondere zur Unterstützung der ambulanten Versorgung im
ländlichen Raum. 
Zudem werde mit den Zentren auch ein Wunsch der Ärzteschaft bedient:
Viele Nachwuchsmediziner wollten sich heute nicht mehr als
«Einzelkämpfer» in Praxen niederlassen, so Poniewaß, weil sie das
Risiko und den zeitlichen Aufwand einer Selbstständigkeit fürchten
würden. Für Patienten seien die Versorgungszentren zudem praktisch,
da sie im besten Fall alle wesentlichen Fachrichtungen unter einem
Dach vorfinden würden. 
«MVZ sind für Krankenhäuser auch ein Wettbewerbsvorteil»
«Aber natürlich gehört auch dazu, Krankenhäuser müssen wirtschaftlich
sein und ein MVZ hat natürlich auch für ein Krankenhaus einen
Wettbewerbsvorteil, das muss man fairerweise sagen», so Poniewaß.
Die KVT kritisiert auch die aus ihrer Sicht häufig wechselnde
Besetzung in MVZ-Praxen. Patienten würden das als Nachteil empfinden,
da es häufig an der Vertrautheit fehle, die ein klassisches
Arzt-Patienten-Verhältnis ausmache
.. Dem hält die Landeskrankenhausgesellschaft entgegen, dass die Ärzte
in den Zentren und im Krankenhaus sich kennen und daher in einem
besonders intensiven Austausch stehen würden. «Nicht wenige Patienten
wählen gerade auch aus diesem Grund die Behandlung im MVZ», so der
Chef der Landeskrankenhausgesellschaft Poniewaß.
Brombeer-Regierung will «Poliklinik 2.0»
Der Begriff der «Poliklinik 2.0» findet sich auch im
Koalitionsvertrag der Regierung von CDU, BSW und SPD. Mit ihrer Hilfe
wolle man das Gesundheitsnetz zukunftsfest machen, heißt es in dem
Papier. Im jährlich erhobenen Thüringen-Monitor hatten sich zudem
bereits 2019 rund 99 Prozent der Thüringer für ein Comeback der
Polikliniken in Form ambulanter medizinischer Versorgungszentren
ausgesprochen.
Den Zahlen zufolge arbeiteten Ende vergangenen Jahres 1.559
angestellte Ärztinnen und Ärzte in Medizinischen Versorgungszentren
in Thüringen. Auch diese Zahl hat sich seit 2019 beinahe verdoppelt.
Der größte Anteil der Ärzte dort sind Hausärzte (225), gefolgt von
Chirurgen und Orthopäden (199) sowie Internisten (122) und
Frauenärzten (108).
Fast 60 Prozent der MVZ haben ihren Sitz den Zahlen zufolge in
mittelgroßen Städten mit 20.000 bis 100.000 Einwohnern. Rund ein
Viertel liegt in Kleinstädten zwischen 5.000 und 20.000 Einwohnern.
# Notizblock
## Redaktionelle Hinweise
- Zu diesem Text finden Sie Bilder mit folgendem Titel im dpa
Bildangebot:
- Immer mehr Krankenhäuser in Thüringen betreiben MVZ
* * * *
Die folgenden Informationen sind nicht zur Veröffentlichung bestimmt
## Ansprechpartner
- Matthias Streit, Sprecher Kassenärztliche Vereinigung Thüringen,
+49 3643 559192, matthias.streit@kvt.de
## Kontakte
- Autor/in: Sebastian Münster (Erfurt), +49 (36) 155071-13,
Muenster.Sebastian@dpa.com
- Redaktion: Sigrun Stock (Berlin), +49 30 2852 30002,
stock.sigrun@dpa.com, Foto: Newsdesk, +49 30 2852 31515,
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