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Datum(22) Freitag, der 05.09.2025, 04:01 Uhr
IDbdt0027 4 vm 626 dpa 0138
BetreffWissenschaft/Medien/Gesellschaft/Soziales/Gesundheit/Krankheiten/(KORR-Bericht) Mit dem Smartphone aufs Klo? Ein No-Go für den Po Von Annett Stein, dpa (Foto Archiv)
TextUnten drücken, oben scrollen: Die meisten Menschen brauchen offenbar
selbst auf der Toilette sitzend noch Unterhaltungsprogramm. Das kann
womöglich unangenehme Folgen haben.
Berlin (dpa) - Wenn der Mann seit einer Viertelstunde verschwunden
scheint, sitzt er mit hoher Wahrscheinlichkeit mal wieder
handyscrollend auf dem Klo. Auch Frauen wählen das Örtchen gerne mal
als Rückzugsort und pausieren mit dem Smartphone auf der
Porzellanschüssel.
Die Mehrheit der Menschen in Deutschland lässt sich nach aktuellen
Daten auch auf dem Klo vom Smartphone berieseln: Bei den 25- bis
34-Jährigen nutzen einer Yougov-Umfrage im Auftrag der
Nachrichtenagentur dpa sogar mehr als 80 Prozent das Handy, wenn sie
auf der Toilette sitzen. Im Mittel sind es 54 Prozent der
Erwachsenen, Männer mit 58 Prozent mehr als Frauen (49 Prozent).
Und die Zeit verfliegt...
Es wird durch soziale Netzwerke gescrollt, nach dem Wetter geschaut,
gespielt oder in Dating-Apps geflirtet - und das gern mal länger als
geplant. Wie schnell die Zeit verfliegt, wenn man mit dem Handy auf
Toilette sitzt, hat schon fast die Hälfte der Nutzer (48 Prozent) mal
überrascht.
So viel Zeit auf dem Klo ist ein No-Go für den Po, wie einige
Experten warnen. Lange Sitzzeiten dort können demnach die Entwicklung
vergrößerter Hämorrhoiden begünstigen. Ursache soll der anhaltend
erhöhte Druck auf Blutgefäße im Bereich des Afters durch die
Sitzposition und die Entspannung des Beckenbodens sein.
Angewohnheit mit unangenehmen Folgen?
Auch eine aktuelle US-Studie schließt auf einen solchen Zusammenhang:
Umfrageteilnehmer, die angaben, ihr Smartphone auf der Toilette zu
benutzen, hatten ein höheres Risiko für vergrößerte Hämorrhoiden als
Nichtnutzer, wie das Team um Trisha Pasricha von der Harvard Medical
School in Boston im Fachjournal «PLOS One» berichtet. Einbezogen
wurden 125 Erwachsene, bei 43 Prozent von ihnen wurden mittels
Koloskopie Hämorrhoiden nachgewiesen.
Von den Befragten griffen 66 Prozent auf der Toilette zum Smartphone.
Von diesen wiederum verbrachten 37 Prozent pro Toilettengang mehr als
fünf Minuten auf dem Klo - bei den Menschen ohne Handynutzung waren
es nur 7 Prozent.
Experten-Tipp: Timer stellen
«Die Studie untermauert den allgemeinen Ratschlag, Smartphones
außerhalb des Badezimmers zu lassen und zu versuchen, nicht länger
als ein paar Minuten auf der Toilette zu sitzen», erklärte Pasricha.
«Wenn es länger dauert, fragen Sie sich, warum. Lag es daran, dass
der Stuhlgang wirklich so schwierig war, oder daran, dass meine
Aufmerksamkeit woanders war?» Sich einen Timer zu stellen, könne
womöglich helfen.
Der Gastroenterologe Ulrich Tappe aus Hamm hält die Studie allerdings
für wenig aussagekräftig. Mit einer Koloskopie ließen sich
Hämorrhoidenleiden nur eingeschränkt diagnostizieren, zudem werde der
Einfluss bestimmter anderer Faktoren nicht ausgewogen berücksichtigt.
Vergrößerte Hämorrhoiden entstünden zudem über längere Zeiträume -
nötig sei deshalb eine Langzeitstudie, keine reine Momentaufnahme.
«Methodisch ist das einfach schwach.» Der immer wieder mal erwähnte
Zusammenhang zwischen Smartphone-Nutzung auf Toilette und
Hämorrhoidenleiden bleibe damit weiter spekulativ.
Jeder Mensch hat Hämorrhoiden, kurz vor dem After sitzende
Blutpolster, die zusätzlich zu den Schließmuskeln abdichtend wirken.
Dauerhaft vergrößert können sie Schmerzen, Juckreiz und Blutungen
verursachen. Ursache ist vielfach zu vermehrtem Pressen führende
Verstopfung, die wiederum auf eine ganze Reihe von Faktoren
zurückgehen kann, wie Tappe erklärt: zu wenig Bewegung,
ballaststoffarme Ernährung und Übergewicht zum Beispiel.
Und was ist mit dem Ekelfaktor?
Hämorrhoiden sind das eine Problem - viele Menschen dürfte es beim
Gedanken an Handys auf dem Klo vor allem aus hygienischen Gründen
schaudern. Tatsächlich geben in der Yougov-Umfrage nur knapp zwei
Fünftel der Befragten (39 Prozent) an, ihr Handy nach dem
Toilettengang zu reinigen, Frauen häufiger als Männer (44 versus 33
Prozent).
«Die Handy-Flora spiegelt die Hand-Flora des Besitzers wieder», sagt
Markus Egert von der Hochschule Furtwangen. So wie die Hände sollte
auch das Smartphone nach dem Toilettengang gereinigt werden, zum
Beispiel mit einem alkoholhaltigen Brillenreinigungstuch, erklärt der
Mikrobiologe. Handys seien zwar grundsätzlich kein guter Lebensraum
für Keime, aber vermehrungsfähige Fäkalkeime könnten trotzdem haften
bleiben.
Einen Rat haben Experten übrigens auch für Menschen, die aufs Klo als
wertvollen Rückzugsraum für kleine Pausen nur schwer verzichten
können: einfach auf den geschlossenen Toilettensitz setzen.
# Notizblock
## Redaktionelle Hinweise
- Zu diesem Text finden Sie Bilder mit folgendem Titel im dpa
Bildangebot:
- Mit Smartphone auf der Toilette
## Internet
- [Studie in «PLOS One»](https://dpaq.de/3IVHTlb)
## Service
- Das Marktforschungsinstitut YouGov befragte im Auftrag der dpa im
Zeitraum 1. bis 3. September des laufenden Jahres 2.003 Erwachsene
in Deutschland.
- Gefragt wurde unter anderem:
- Nutzen Sie Ihr Handy, wenn Sie auf der Toilette sitzen?
- Ja, immer
- Ja, oft
- Ja, manchmal
- Nein, niemals
- Wofür nutzen Sie Ihr Handy auf der Toilette?
- Nachrichten-Apps
- Soziale Medien
- Dating-Apps
- Nachrichten schreiben / chatten
- Nach dem Wetter gucken
- Onlineshopping
- Gaming / Handyspiele spielen
- Telefonieren
- Videos schauen
- Sonstiges
- Waren Sie schon einmal überrascht, wie schnell die Zeit verfliegt
und wie lange Sie am Ende auf der Toilette gesessen haben, wenn Sie
Ihr Handy auf der Toilette genutzt haben?
- Ja
- Nein
- Wenn Sie Ihr Handy auf der Toilette genutzt haben, reinigen Sie Ihr
Handy nach dem Toilettengang?
- Ja
- Nein
- Beschäftigen Sie sich sonst noch anderweitig während des
Toilettengangs?
- Nein
- Ja, ich lese Zeitung, Comic oder Buch
- Ja, ich höre Radio
- Ja, ich spreche mit anderen Personen (z. B. Mitbewohner, Kinder,
Partner)
- Ja, ich spiele mit einem Gegenstand (z. B. Toilettenpapier, Deko)
- Ja, ich singe oder summe vor mich hin
- Ja, ich denke nach oder plane meinen Tag
- Sonstiges
- Fachartikelnummer DOI der Studie in PLOS One :
10.1371/journal.pone.0329983
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Die folgenden Informationen sind nicht zur Veröffentlichung bestimmt
## Kontakte
- Autor/in: Annett Stein (Berlin), +49-30-2852-32261,
stein.annett@dpa.com
- Redaktion: Walter Willems (Berlin), 030 / 285232268,
willems.walter@dpa.com, Foto: Newsdesk, +49 30 2852 31515,
foto@dpa.com
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