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Datum(239) Montag, der 01.09.2025, 00:05 Uhr
IDtmn0002 4 vm 704 dpa-tmn 0039
BetreffGesundheit/Familie/Deutschland/Ratgeber/BRCMJ/Psychologie/tmn1201/(KORR-Bericht - Z: 4670) Talkaholics: Was hilft, wenn das Gegenüber redet und redet Von Sabine Meuter, dpa (Mit 1 Bild tmn1201 vom 01.09.2025)
TextWenn Menschen scheinbar ununterbrochen sprechen, kann das für andere
äußerst herausfordernd sein. Doch wie sich als «zugetextete» Person
in so einer Situation verhalten - wenn man kaum zu Wort kommt?
Münster/Hohenroda (dpa/tmn) - Sie sprechen quasi ohne Punkt und
Komma. Manche Menschen haben einen offensichtlichen Drang zum Reden.
Das kann dem Gegenüber gehörig auf die Nerven gehen. Zum Beispiel die
Kollegin, die bei der Teambesprechung Monologe hält. Der Nachbar, der
einen beim Treffen offenkundig ohne Pause zutextet. Die Freundin, die
in einem fort auf einen einredet und einem keinen Raum gibt, dass man
selbst etwas erzählt. Solche Menschen heißen auch «Talkaholics».
Und häufig ist ihnen nicht bewusst, dass ihr ununterbrochener
Redefluss andere stören kann. Denn mitunter sendet das Gegenüber ein
falsches Signal. Michaela Albrecht, Kommunikationstrainerin im
hessischen Hohenroda, nennt ein Beispiel: «Wenn jemand zu dem
Redeschwall des Gegenübers aus Höflichkeit nickt, obgleich es ihn
nervt, kann dies der übermäßig mitteilsame Mensch als Interesse
deuten», sagt sie. 
Welche Ursachen ein gesteigertes Redebedürfnis haben kann
Wenn jemand ununterbrochen redet und dem oder der anderen keine
Gelegenheit lässt, selbst etwas zu sagen, kann dies unterschiedliche
Ursachen haben.
* Einsamkeit: «Manche leben allein und haben kaum jemand, mit dem
sie sprechen können», sagt Judith Lurweg, Systemische Therapeutin in
Münster. Treffen diese Menschen dann auf andere und sehen die
Möglichkeit, lange Ungesagtes zu sagen, machen sie es auch: «Es ist,
als wenn sich etwas in ihnen löst und Angestautes nach außen drängt»
so Lurweg.
* Unsicherheit: Andere reden unaufhörlich in der Erwartung, dass
sie Bestätigung erhalten. «Sie sind sich unsicher, ob es richtig ist,
was sie tun oder wie sie sich verhalten», sagt Lurweg, «und wollen
das mit einem Redeschwall ausgleichen».
* Persönlichkeitseigenschaft: Manchen wurde als Kind nicht zugehört
- und das kompensieren sie als Erwachsene damit, dass sie reden und
erwarten, dass andere ihnen zuhören. «Andere sind es einfach gewohnt,
dass man ihnen zuhört und reden allein deshalb unaufhörlich», so
Lurweg. Dieses Muster sei aufgrund der geschlechtlichen Sozialisation
öfter bei Männern im Verhalten gegenüber Frauen anzutreffen. Die
Frauen fügten sich und hörten zu, obwohl sie genervt sind, weil sie
gelernt haben, zu gefallen.
«Mitunter hat es auch etwas mit dem Alter zu tun, weshalb manche
Menschen unaufhörlich auf andere einreden», sagt Albrecht. Je älter
man ist, desto mehr hat man zumeist erlebt - und manche Ältere
verspüren den Drang, die dabei gemachten Erfahrungen weiterzugeben,
damit andere davon profitieren könnten.
Tipps für den Umgang mit «Talkaholics»
Wie man auf jemanden am besten reagiert, der oder die unaufhörlich
redet, hängt davon ab, in welchem Zusammenhang die Kommunikation
erfolgt. «Im beruflichen Kontext, zum Beispiel bei einer
Teambesprechung, können Strukturen mit festgelegten Sprechzeiten
dafür sorgen, dass die Wortmeldung eines Teammitglieds sich nicht in
die Länge zieht», so Albrecht.
Und wenn der Vielredner oder die Vielrednerin aus dem persönlichen
Umfeld kommt? «Hier sollten sich Menschen, die sich vom Wortschwall
ihres Gegenübers genervt fühlen, Fragen stellen», sagt Albrecht.
Etwa: Wie wichtig ist mir die Beziehung zu dieser Person? Will ich
sie vor den Kopf stoßen und mich womöglich von ihr abwenden? Oder
will ich, dass es statt Monologe ein echtes Miteinander gibt?
Lösungsmöglichkeiten:
1. Unterbrechen
Wenn das Gespräch etwa mit der guten Freundin zu einseitig ist und
sie diejenige ist, die unaufhörlich erzählt, sollte man sie
freundlich, aber bestimmt unterbrechen. «Dann geht es nicht darum,
sie mit Vorwürfen zu überhäufen nach dem Motto «Was textest Du mich
eigentlich so zu?», sondern in Ich-Formulierungen zu sprechen», sagt
Lurweg.
Also etwa: «Ich habe den Eindruck, dass Du mehr redest als ich und
mir keine Gelegenheit gibst, dass ich auch etwas aus meinem Leben
erzählen kann.» Oder: «Hey, ich kann Dir gerade nicht so konzentriert
zuhören, weil Du schon längere Zeit redest; lass mich mal was sagen.»
2. Gesten
Auch die Körpersprache kann dabei helfen, dem Gegenüber zu
signalisieren: Ich möchte etwas sagen. «Das kann etwa sein, indem man
die Hand hebt oder mit einem Finger auf den anderen zeigt», sagt
Albrecht.
3. Grenzen setzen
«Ein Gespräch ist ein Austausch und kein Monolog», erklärt Lurweg.
Dies sollte man dem oder der anderen unmissverständlich klarmachen
und ihn zuvor freundlich in seinem Redefluss unterbrechen. Je nach
Situation kann es auch hilfreich sein, dem oder der anderen
mitzuteilen, dass man nicht bereit ist, länger zuzuhören - etwa, weil
man in Zeitdruck ist. Dann verabredet man sich womöglich zu einem
weiteren Gespräch. Und der- oder diejenige, die ununterbrochen
zugehört hat, sagt dann etwa: «Beim nächsten Mal erzähle ich auch
etwas von mir.»
# Notizblock
## Redaktionelle Hinweise
- Beachten Sie auch die Meldung zum Thema Vielredner, die der
Themendienst heute sendet.
- Zu diesem Text finden Sie Bilder mit folgendem Titel im dpa
Bildangebot:
- Zwei Frauen unterhalten sich bei Sonnenuntergang
* * * *
Die folgenden Informationen sind nicht zur Veröffentlichung bestimmt
## Ansprechpartner
- Michaela Albrecht, Kommunikationstrainerin in Hohenroda, +49 177
4051767, info@woerterfall.de
- Dr. Judith Lurweg, Systemische Therapeutin in Münster,
judith.lurweg@besserlieben.de
## Kontakte
- Autor/in: Sabine Meuter
- Redaktion: Bettina Lüke (Berlin), +49 30 2852-32976,
lueke.bettina@dpa.com, Fotoredaktion: +49 30 2852-32897,
foto.themendienst@dpa.com
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