DocMorris will E-Rezepte über KIM |
Alexander Müller |
10.10.2023 17:35 Uhr |
DocMorris hat Praxen über den KIM-Dienst angeschrieben und um E-Rezepte gebeten. Der Deutsche Apothekerverband (DAV) ist alarmiert. / Foto: Adobe Stock/lightpoet
In dem Schreiben, das der PZ vorliegt, heißt es: »Stellen Sie in Ihrer Praxis bereits E-Rezepte aus? Dann möchten wir Sie darüber informieren, dass Sie die Möglichkeit haben, uns den Rezept-Token per KIM-Mail zu übermitteln, wenn Ihr Patient Kunde bei der Apotheke DocMorris ist und die Einlösung des Rezeptes bei uns wünscht.«
Die eigene KIM-Adresse gibt der Versender gleich mit an. »Um uns das E-Rezept zu senden, müssen Sie lediglich den Rezept-Token (das E-Rezept-PDF) in die KIM-Nachricht kopieren«, so die Anleitung. Bei DocMorris würde man sich freuen, wenn die Praxen »unseren gemeinsamen Patienten diesen praktischen Service zur Verfügung stellen, soweit diese die Einlösung des Rezeptes bei uns wünschen«. Der letzte Halbsatz soll den Versender offenbar vor dem Vorwurf der Zuweisung schützen.
Unabhängig davon ist das Vorgehen ungewöhnlich. Ein Hausarzt aus dem Harz hat sich bereits öffentlich beschwert und wünscht sich eine »Schutzfunktion gegen Massenmailing über KIM«. Und von den politisch Verantwortlichen hätte er gerne eine Aufklärung dazu, ob dieses Vorgehen so legal ist.
Die Gematik hat laut einem Sprecher Kenntnis über den geschilderten Vorgang mit DocMorris und befindet sich derzeit in der Prüfung. Die PZ hatte auch beim Bundesgesundheitsministerium (BMG) und der Kassenärztlichen Bundesvereinigung (KBV) kurzfristig um eine Stellungnahme gebeten, die Antworten stehen aber noch aus. Auch DocMorris hat sich bislang auf Nachfrage nicht zu dem Vorgang geäußert.
Der Vorsitzende des Deutschen Apothekerverbands, Hans-Peter Hubmann, äußert sich indirekt zu dem Vorfall, ohne den Versender namentlich zu benennen. »Sollte es zutreffen, dass einzelne Arzneimittel-Versandhändler den KIM-Messenger dafür verwenden, um bei Ärztinnen und Ärzten die Übermittlung von E-Rezept-Token zu erbetteln, werden auch die Grenzen der Legalität überschritten.«
Schließlich habe der Gesetzgeber in weiser Voraussicht Regelungen beschlossen, die es untersagen, dass Rezepte direkt an Apotheken vermittelt oder weitergeleitet werden. »Der Wille des Gesetzgebers ist klar: Das neue, digitale Verordnungssystem darf nicht dafür genutzt werden, dass sich einzelne Marktteilnehmer auf dem Rücken der Patientinnen und Patienten wirtschaftliche Vorteile verschaffen.«
KIM steht für »Kommunikation im Gesundheitswesen«, der dazugehörige Messenger-Dienst ist für alle Teilnehmer der Telematik-Infrastruktur das Standard-Übermittlungsverfahren für medizinische Informationen, über das sich Heilberufler verschlüsselt sicher austauschen können.
Hubmann weiter: »Wir erinnern daran, dass der KIM-Messengerdienst in der Telematik-Infrastruktur geschaffen wurde, damit sich Heilberufler in einem sicheren sowie diskriminierungs- und werbefreien Raum beispielsweise über die Medikation ihrer Patientinnen und Patienten austauschen können. Der KIM-Messenger soll also dem heilberuflich-fachlichen Austausch dienen. Heißt konkret: Werbung hat in dieser Anwendung nichts zu suchen – ebenso wenig wie die direkte Weiterleitung von E-Rezept-Token.« Als Mitgesellschafter der Gematik fordert der DAV das BMG dazu auf, ein wachsames Auge auf die Einhaltung der »Spielregeln« im Wettbewerb zu halten. »Ein interessengeleiteter Missbrauch der Anwendungen von Telematik-Infrastrukturelementen muss verboten werden«, so Hubmann.
Das Papier-Rezept ist ein Auslaufmodell. Mit dem E-Rezept sollen alle Arzneimittel-Verordnungen über die Telematikinfrastruktur abgewickelt werden. Wir berichten über alle Entwicklungen bei der Einführung des E-Rezeptes. Eine Übersicht über unsere Berichterstattung finden Sie auf der Themenseite E-Rezept.