Doc Morris-Werbung im DAK-Magazin war illegal |
Das Bundessozialgericht hat letztinstanzlich festgestellt, dass die DAK Gesundheit in ihrem Mitgliedermagazin nicht für Rezeptboni des EU-Versenders Doc Morris werben darf – selbst wenn die Werbung als Anzeige markiert ist. Geklagt hatte der Hamburger Apothekerverband. / Foto: imago/Klaus Martin Höfer
Die DAK Gesundheit hatte im Heft 1/2017 der Mitgliederzeitschrift »fit« eine Doc Morris-Werbebeilage veröffentlicht. In der Beilage wurden die Versicherten auf Rx-Boni des EU-Versenders hingewiesen – konkret ging es um Rabatte von 2 Euro bis zu 12 Euro pro Rezept und einen Kennenlern-Vorteil von 5 Euro bei Rezepteinsendung durch Neukunden. Auch ein Rückumschlag für mögliche Rezept-Einsendungen lag dem Magazin bei. Im Impressum der Zeitschrift war die Krankenkasse als Herausgeberin angegeben und der Hinweis enthalten, dass zur Refinanzierung in der Ausgabe gewerbliche Anzeigen sowie Beilagen zu finden seien. Ebenfalls wurde im Impressum darauf hingewiesen, dass Anzeigen als solche gekennzeichnet seien und keine Empfehlung darstellten.
Der Hamburger Apothekerverein und sein Vorsitzender Jörn Graue störten sich trotzdem an der Werbeaktion und strebten zunächst eine vorgerichtliche Abmahnung der Kasse an – jedoch ohne Erfolg. Es folgten einstweilige Rechtsschutzverfahren vor dem Sozialgericht und anschließend vor dem Landessozialgericht, in denen die Hamburger Apotheker argumentierten, dass die Beifügung der Werbebeilage gegen die wettbewerbliche Neutralitätspflicht verstoße, die in dem zwischen den Beteiligten geschlossenen Arzneiversorgungsvertrags (AVV) und seit 2020 auch im SGB V geregelt ist. Aber auch die Klage vor dem Sozialgericht und die Berufung vor dem Landessozialgericht blieben ohne Erfolg. Beide Gerichte wiesen in ihren Urteilen darauf hin, dass die Kasse im Impressum des Magazins auf ihre Distanzierung von den Werbebeiträgen hingewiesen hatte.
Die Hamburger Apotheker blieben aber bei ihrer Argumentation und strebten vor dem Bundessozialgericht in Kassel eine Revision an. Auch im Revisionsverfahren wies der Hamburger Verband darauf hin, dass die Kasse aus seiner Sicht gegen die gesetzlich vorgeschrieben Neutralitätspflicht im Apothekenmarkt verstoßen habe. Und diesmal gaben die Richter den Apothekern Recht. Konkret legte das Bundessozialgericht fest, dass die Kasse eine derartige Werbung unterlassen muss. Außerdem muss die DAK Gesundheit nun Abmahnkosten bezahlen. Die vorinstanzlichen Entscheidungen werden zudem aufgehoben.
Im Gegensatz zu den Vorinstanzen kamen die BSG-Richter zu dem Schluss, dass die 2020 vom Bundestag mit dem sogenannten »Makelverbot« beschlossenen Vorschriften eine solche Werbung für Versandapotheken untersagen. Zur Erinnerung: Im November 2020 hatte der Bundestag mehrere Regelungen im Apothekengesetz und SGB V festgelegt, die allesamt einen Schutz der freien Apothekenwahl zum Ziel haben. In einer Mitteilung des Gerichtes heißt es dazu: »Eine rechtswidrige Beeinflussung im Sinne dieser Regelungen ist es auch, wenn eine Krankenkasse - wie hier - ihrer kostenlosen Mitgliederzeitschrift eine Werbebeilage einer Versandapotheke beifügt, mit der diese unter anderem ihren Rezeptbonus und einen finanziellen Kennenlern-Vorteil für Neukunden bewirbt und deren Bestandteil ein an die Versandapotheke adressierter Freiumschlag ist.« Das Gericht erklärt weiter: »Sinn und Zweck dieser Regelungen sind die Sicherung des Rechts der Versicherten auf freie Apothekenwahl (§ 31 Abs 1 Satz 5 SGB V) und der Neutralitätspflicht der Krankenkassen im Apothekenwettbewerb, die dem Recht der gesetzlichen Krankenversicherung seit jeher immanent ist.«
Die BSG-Richter ließen auch die Verweise auf das Impressum und die Markierung der Doc Morris-Werbung als Anzeige nicht gelten. Für einen Verstoß gegen das Makelverbot reiche es, wenn die Kasse es den Versicherten »durch die Beifügung einer wie hier gestalteten, unmittelbar auf eine Beeinflussung zur Einlösung von Rezepten bei ihr zielenden Werbebeilage einer Versandapotheke in der von der Krankenkasse herausgegebenen Mitgliederzeitschrift ermöglichen und vereinfachen, Verordnungen bei der werbenden Versandapotheke einzulösen«. Ein solcher Verstoß der Neutralitätspflicht könne wirtschaftliche Risiken für Apotheken nach sich ziehen. Das Gericht geht sogar noch weiter und wirft der DAK vor, mit der Auswahl der Doc Morris-Beilage »wirtschaftliche Eigeninteressen« verfolgt zu haben – schließlich hätten nicht alle Apotheken in Deutschland gleichermaßen die Möglichkeit, in dem Magazin zu werben.