Dobbert kritisiert Degradierung der Apotheker |
Ev Tebroke |
14.06.2024 15:00 Uhr |
Der Präsident der Landesapothekerkammer Brandenburg, Jens Dobbert, übte scharfe Krtitik an den Plänen von Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) und fordert die Parlamentarier auf, dessen Reformvorhaben zu verhindern. / Foto: PZ/Tebroke
»Es ist an der Zeit zu zeigen, dass Wort gehalten wird«, sagte Jens Dobbert, Präsident der Apothekerkammer Brandenburg, am Mittwochmorgen in Potsdam. Der Kammerpräsident übte scharfe Krtitik an den Plänen von Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) und fordert nun die Parlamentarier auf, diese Reformvorhaben zu verhindern. Zwar war zum Zeitpunkt der Kammerversammlung der Entwurf des Apotheken-Reformgesetzes noch nicht bekannt. Aber die Kritik scheint angesichts der nun veröffentlichten Pläne nach wie vor passend: PTA-Vertretung, abgespeckte Filialen ohne Anwesenheit eines Apothekers, Zweigapotheken mit verringerter Öffnungszeit, Abschaffung der vollversorgenden Apotheken. Und Parallelstrukturen auch im ebenfalls kürzlich auf den Weg gebrachten Notfallgesetz. Minister Lauterbach spreche vom Ziel einer besseren Versorgung, wundert sich Dobbert. Nichts als »Nebelkerzen« seien das.
Für den Kammerpräsidenten ist es Fakt, dass Lauterbach die Apothekerschaft ständig brüskiert. Sei es auf dem Deutschen Apothekertag 2023 mit seiner Verkündung der Eckpunkte via Presse. Sei es mit Blick auf den geänderten Warnhinweis auf Arzneimittelpackungen: Aus »Fragen Sie Ihren Arzt oder Apotheker« wurde kurzerhand: »Fragen Sie Ihre Ärztin, Ihren Arzt oder in Ihrer Apotheke. »Wir sind nicht mehr aufgeführt«, so Dobbert.
Mit Lauterbachs Filialplänen sieht Dobbert sich bestätigt. »Auch da geht es ohne Apothekerinnen und Apotheker. Was ist das denn für eine Apotheke, bitte?« wundert sich der Kammerpräsident über das Vorhaben, PTA-Vertretungen als Filialleitungen einzusetzen und apothekerliche Expertise lediglich per Telepharmazie anzubieten. Dobbert verurteilt die Idee als Rückschritt, als qualitativ verschlechterte Arzneimittelversorgung, und kritisiert eine Degradierung des Apothekerberufs.
Es brauche jetzt endlich Taten, um die Vor-Ort-Apotheken wirtschaftlich zu stärken, so der Kammerpräsident. Er verwies auf die steigende Zahl der Apothekenschließungen. In 2023 waren es 500 Apotheken. In den ersten drei Monaten dieses Jahres bereits 150. Für das gesamte Jahr 2024 rechnet der Kammerpräsident mit 600 bis 800 Apotheken, die vom Netz gehen. Die Apothekenvergütung decke schon längst nicht mehr die seit Jahren steigenden Kosten.
»Wie sollen wir in dieser Situation Nachwuchs gewinnen?« so Dobbert. Es brauche Anreize und hier seien jetzt die Parlamentarier am Zuge, die Reformvorhaben als Nebelkerzen zu entlarven. Die ABDA habe die Apothekerschaft im politischen System etabliert. »Die Abgeordneten wissen Bescheid. Wir haben genug artikuliert. Jetzt müssen die Parlamentarier Farbe bekennen«, so der Kammerpräsident – auch mit Blick auf Zusagen etwa aus der FDP, die Lauterbach-Reformpläne einer »Apotheke light« nicht mitzutragen. Sobald der Entwurf zur Reform dann vorliege, müsste die ABDA die »Eskalationsstufen« zünden. Dann sollten die Apotheken auch mal eine Woche geschlossen bleiben und nur durch die Notdienstklappe versorgen, so Dobbert. Die Menschenschlangen, die sich dann bildeten, würden im Wahlkampf kein gutes Bild abgeben.
Abgesehen von dem großen Thema Apothekenreform und den bislang schlechten Aussichten für die flächendeckende Arzneimittelversorgung, gab es für den Kammerpräsidenten aber auch eine sehr erfreuliche Neuigkeit zu verkünden: Nach 12 Jahren hartem Kampf für die Etablierung eines Pharmaziestudiengangs in Brandenburg scheint das Ziel nun in Sicht. Dobbert berichtete von der Arbeit einer länderübergreifenden Fachgruppe, der auch er angehöre, die bis zum Sommer ein Konzept zur Finanzierung und Umsetzung eines Pharmazeutischen Instituts an der BTU Cottbus erarbeitet. Er hoffe darauf, dass das mögliche Beschlusspapier dann auch nach der Landtagswahl am 22. September von der neuen Regierung umgesetzt würde.
Kammerpräsident Jens Dobbert verlieh dem Vorsitzenden des Landesapothekerverbands Brandenburg Olaf Behrendt die Hermann-Hager-Medaille. / Foto: PZ/Tebroke
Was die Landtagswahlen betrifft, so habe die Kammer noch einiges vor. Unter anderem kündigte Dobbert den Aufbau einer neuen Homepage an. Mit Daten, Zahlen, Fakten rund um das Apothekenwesen in Brandenburg soll die Seite weitreichende Informationen bieten.
Den Abschluss der Delegiertenversammlung krönte die Ehrung von Olaf Behrendt, seit 2019 Vorsitzender des Landesapothekerverbands Brandenburg. Er bekam vom Kammerpräsidenten die Hermann-Hager-Medaille verliehen. Die Medaille ist eine Auszeichnung für verdienstvolle Apothekerinnen und Apotheker sowie Personen, die sich in besonderer Weise für das Apothekenwesen des Landes Brandenburg einsetzen.