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Kammer Brandenburg

Dobbert: »Die Tage werden dunkler…«

Für die Vor-Ort-Apotheken hat es im Jahr 2022 nicht viele gute Nachrichten zu vermelden geben. Jens Dobbert, Präsident der Apothekerkammer Brandenburg, befürchtet, dass die Summe der Veränderungen für viele Offizinen das Aus bedeuten wird. Die Kammer will ins Thema Notdienst und Öffnungszeiten Entspannung bringen. Was die Signale an die Politik angeht, ermunterte Dobbert die Apotheker zu weiteren Protestaktionen.
Jennifer Evans
01.12.2022  16:00 Uhr

Die Apothekerschaft könnte glatt depressiv werden, wenn sie einen Blick in die Zukunft wagt. Da helfe auch keine Lichttherapie mehr, so Jens Dobbert, Präsident der Apothekerkammer Brandenburg, in seinem Jahresbericht anlässlich der Kammerversammlung, die am gestrigen Mittwoch in Potsdam stattfand.

Dobbert bedauerte die schlechten Nachrichten sehr, mit denen der Berufstand sich in diesem Jahr konfrontiert sah. Bis zum Jahresende würden sogar in Brandenburg 13 Apotheken schließen, berichtete er. Und das, obwohl die Apothekenzahl dort im Vergleich zu anderen Bundesländern bislang ziemlich stabil gewesen ist. Viel mehr Sorge bereitetet dem Kammerpräsidenten aber die wirtschaftliche Lage der Apotheken. Im ersten Halbjahr 2022 hätten nämlich 15 Prozent der Brandenburger Offizinen eine Nullnummer oder sogar ein Minusgeschäft mit ihrem Betrieb gemacht. Dabei verwies Dobbert auf Auswertungen der Treuhand Hannover. »Den Blick in das Jahr 2023 wage ich nicht«, bemerkte er. Denn er hat da vor allem die steigenden Strom und Gaspreise, die Tariferhöhungen sowie die Sparpolitik der Bundesregierung im Kopf.

Apotheken-Schließungswelle befürchtet 

Die Summe der Veränderungen wird seiner Ansicht nach für weitere Apotheken im Land das Aus bedeuten. Er rechnet für das Jahr 2023 mit einer »Schließungswelle«. In diesem Zusammenhang kritisierte Dobbert scharf »den Schmusekurs mit der Politik«, den die ABDA-Vertreterinnen und -Vertreter in Berlin in seinen Augen verfolgen. Damit würden genauso wenig die Sorgen und Nöte der Vor-Ort-Apotheke gelöst wie mit etwaigen Werbeplakaten, die Aufschriften trügen wie »Geht nicht, gibt’s nicht« oder »Weil es Spaß macht«.

Vor diesem Hintergrund gab der Kammerpräsident zu bedenken, dass nicht jede Apotheke von der Covid-19-Pandemie profitiert hat. Im Gegenteil: »Sie mussten dafür sehr hart arbeiten«, betonte er. Damit meint er unter anderem die Desinfektionsmittelherstellung, die zumeist abends oder am Wochenende stattfand, sowie die Organisation von Testzentren und die Maskenabgabe. Dabei berichtete er von einem Fall, bei dem eine Apotheke ihre Masken selbst mit dem Auto beim Hersteller abholte, weil die Logistik während der Pandemie nicht funktionierte. Und stellte klar: »Die Apotheken haben immer abgeliefert.« Im Gegenzug habe die Politik die Vergütungen für die entsprechenden Leistungen aber nach und nach gekürzt – das reiche von den Impfzertifikaten über das Testen bis hin zum Botendienst. Hinzu komme jetzt noch die Erhöhung des Apothekenabschlags von 1,77 Euro auf 2,00 Euro.

Protesttage sollte es mehr geben

Seiner Auffassung nach können auch die pharmazeutischen Dienstleistungen und das Impfen in der Apotheke nicht aus der derzeitigen Misere helfen. Grundsätzlich taugten diese Leistungen nicht als »zweites Standbein für die Offizinen«, sondern es handele sich dabei lediglich um ein zusätzliches Angebot mit einer Vergütung, die derzeit nicht kostendeckend sei. Die eigentliche Aufgabe bleibe die Abgabe von Arzneimitteln sowie die Beratung. Dennoch warnte er davor, auf die pharmazeutischen Dienstleistungen zu verzichten. Denn es sei »ein wichtiges politische Signal«, trotz des Personalmangels diese Angebote anzubieten.

Auch auf die Lieferengpassproblematik ging Dobbert ein und hob hervor, dass allein das Management dieser die Apotheke vor Ort ABDA-Daten zufolge pro Jahr 15.000 Euro bis 20.000 Euro koste. Dafür gebe es aber keine Entschädigung, genauso wenig wie für die Erfüllung von etwa Rabattverträgen oder der Importquote, das Einziehen der Zuzahlung und das Abwickeln der Inkasso der Herstellerrabatte. Und für die Anforderungen rund um die Präqualifizierung müsse es eigentlich »Schmerzensgeld geben«, fügte er mit einem Augenzwinkern hinzu. Geht es nach dem Kammerpräsidenten, müssten all diese Leistungen rückvergütet werden und es zusätzlich einen Inflationsausgleich geben.

Kein Wunder also, dass Dobbert den Apothekenstreik im Oktober direkt vor Verabschiedung des GKV-Spargesetzes lobend hervorhob und die Teilnehmer der Kammerversammlung gleich dazu aufrief, weitere solcher Aktionen oder Protesttage zu starten – am besten mit anderen Heilberuflern zusammen, um die Schlagkraft zu erhöhen. Im Oktober hatten sich seinen Angaben zufolge bereits 90 Prozent der Brandenburger Apotheker beteiligt.

Flexibilisierung der Öffnungszeiten

Parallel  helfen die Vertreter der Kammer auf andere Weise, die Lage für die Brandenburger Apotheken zu entspannen. Seit Kurzem existiert nämlich eine neue Allgemeinverfügung zur Flexibilität der Öffnungszeiten, die Dobbert nach eigenen Angaben auch der Landespolitik zur Kenntnis übersandt hat. Eigentlich brauche die Kammer zwar kein grünes Licht aus dem Ministerium, er will die Politiker aber dennoch über die Schritte informieren. Konkret soll es Offizinen in Brandenburg möglich sein, ihre Öffnungszeit über den Tag hinweg flexibler zu gestalten, sofern sie zwischen 9 Uhr und 18 Uhr mindestens für sechs Stunden geöffnet haben, mittwochs sind es drei Stunden. Mit dieser Regelung können die Mittagsschließungen wegfallen. Das erleichtere insgesamt die Situation mit Blick auf den Fachkräftemangel und spare zudem etwaige Anträge, die jede Apotheke andernfalls für eine Änderung der Öffnungszeiten bei der Kammer stellen müsse, erläuterte er. Dobbert ist sicher, dass die Berufsvertreter in Brandenburg »nur im Notfall davon Gebrauch machen werden«.

Während der Kammerpräsident in seiner Rede »von harten Jahren mit ungewissem Ausgang« sprach, sind immerhin die Renten für den Berufsstand sicher. Aus dem Bereich der Apothekerversorgung hatte die Apothekerin Ulrike Mahr nämlich positive Nachrichten zu vermelden. Trotz der wirtschaftlichen Lage gebe es hier »keine Probleme«.

Anpassungen beim Notdienst

Darüber hinaus hat die Kammer vor, den Rhythmus der Notdienste anzupassen und diesen von aktuell alle 13 Tage auf alle 22 Tage zu erweitern. Die Neuregelung ist das Ergebnis einer Umfrage, in der unter anderem abgefragt wurde, wann die Kunden die Offizinen aufsuchen und was sie dort kaufen. Demnach hatte es auch den  Wunsch nach Teildiensten gegeben. Den Vorschlag will die Kammer nun zum zweiten Mal einbringen, nachdem sie beim ersten Mal damit im Ministerium gescheitet war. »Wir geben aber nicht auf«, so Dobbert.

Viel Zeit nahm bei der Versammlung ein Antrag über einen Fonds für die PTA-Ausbildung ein oder vielmehr die Diskussion darüber. Der Vorschlag des Apothekers Clemens Tründelberg war es, einen Fonds ins Leben zu rufen, um den PTA-Auszubildenden eine Vergütung von 450 Euro pro Monat zahlen zu können. Die dafür nötigen Kosten von rund 260.000 Euro wollte der PTA-Schulen Leiter aus Eisenhüttenstadt auf alle Apotheken im Land umlegen. Infrage kam für Tründelberg auch, die Zahlung an Bedingungen zu knüpfen wie den Notenschnitt , den Wohnort, eine Befristung dafür einzuführen oder jene Kollegen davon zu befreien, die bereits Stipendien übernommen haben.

Die Kammerversammlung diskutierte die Vor- und Nachteile intensiv. Die einen erachteten es als ein »falsches Signal an die Politik«, wenn die Apotheken trotz ihrer finanziellen Schwierigkeiten die Nachwuchsprobleme selbst stemmen. Die anderen wollten gerne helfen, aber hielten das Modell für ungeeignet, weil ja die PTAs nicht unbedingt in der eigenen Apotheke ankämen. Die meisten sahen aber die Verantwortung für die Notfallversorgung grundsätzlich nicht bei der Kammer, sondern beim Staat. Am Ende lehnte die Kammerversammlung den Antrag mit 23 Gegenstimmen ab, acht Teilnehmer sprachen sich dafür aus und vier enthielten sich. Dobbert hob bei der Diskussion noch einmal hervor, dass Brandenburg ohnehin seit Jahrzehnten die PTA-Schulen mit einem regelmäßigen Haushaltsbudget von etwa 14.000 Euro unterstütze.

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