DNA-Impfung als zukünftige Therapieoption? |
Laura Rudolph |
09.02.2023 16:00 Uhr |
Eine plasmidbasierter DNA-Impfstoff erwies sich in einer Phase-I-Studie als wirksam zur Therapie von forgeschrittenem HER2-positiven Mammakarzinom. Burstkrebs vorbeugen kann der Impfstoffkandidat allerdings nicht. / Foto: Getty Images/FatCamera
Der experimentelle Impfstoff enthält ein Plasmid, dessen DNA für eine intrazelluläre Domäne des Tumorproteins HER2 (ERBB2) codiert. Den Ergebnissen der Phase-I-Studie zufolge könnte er bei Patientinnen mit einem fortgeschrittenen HER2-positiven Mammakarzinom bei weitgehend mäßigen Nebenwirkungen eine starke zytotoxische Immunreaktion gegen HER2 fördern. Das berichtet eine Forschungsgruppe um Professor Dr. Mary Nora Disis von der University of Washington School of Medicine in Seattle in ihrer Publikation, die kürzlich im Fachjournal »JAMA Oncology« erschien.
»Da es sich nicht um eine randomisierte klinische Studie handelte, sind die Ergebnisse als vorläufig zu betrachten, aber sie sind so vielversprechend, dass der Impfstoff nun in einer größeren, randomisierten klinischen Studie untersucht werden soll«, sagt Disis in einer Pressemitteilung ihres Instituts.
An der Studie nahmen 66 Patientinnen mit HER2-positivem Brustkrebs im Stadium III oder IV teil, die zuvor eine Standardtherapie abgeschlossen hatten und keine oder ausschließlich in den Knochen Metastasen aufwiesen. Alle Frauen erhielten insgesamt drei intradermale Injektionen des plasmidbasierten DNA-Impfstoffs in monatlichen Abständen. Jeweils ein Drittel erhielt jede Injektion in einer Dosierung von 10 µg (Dosisarm 1), 100 µg (Dosisarm 2) oder 500 µg (Dosisarm 3). Als Adjuvans enthielt der Impfstoff das Glykoprotein GM-CSF (Granulozyten-Makrophagen Kolonie-stimulierender Faktor). Die Nachbeobachtungszeit betrug zwischen drei und 13 Jahren (Median zehn Jahre).
Die ausgelöste Immunität gegen HER2 bewerteten die Forscherinnen und Forscher anhand von peripheren mononukleären Blutzellen mittels eines Immunosorbent-Assays zu Studienbeginn direkt nach der dritten Impfung sowie einen, drei, sechs und zwölf Monate danach. Zusätzlich biopsierten sie die Impfstellen 16 und 36 Wochen nach der Impfung, um zu untersuchen, ob persistierende Impfstoff-DNA vorlag.
Die mittlere und die hohe Impfstoffdosis (100 und 500 µg) induzierten eine stärkere Immunreaktion als die niedrige Dosis (10 µg). Bei der 500-µg-Dosis war eine erhöhte DNA-Persistenz zu verzeichnen, die wiederum mit einer erniedrigten HER2-Immunität assoziiert war. Am effektivsten zeigte sich somit die 100-µg-Dosis. Bei der Mehrheit der Patientinnen in diesem Dosisarm konnten CD4- beziehungsweise CD8-positive T-Gedächtniszellen nachgewiesen werden, die mit einer höheren zytotoxischen T-Zellreaktion auf die intrazelluläre Domäne des HER2-Rezeptors assoziiert waren.
»Die Ergebnisse zeigten, dass der Impfstoff sehr sicher war«, so Disis. »Die häufigsten Nebenwirkungen, die wir bei etwa der Hälfte der Patientinnen feststellten, ähnelten denen der Covid-19-Impfstoffe.« Am häufigsten traten Reaktionen an der Injektionsstelle (82 Prozent), grippeähnliche Beschwerden (33 Prozent) sowie Müdigkeit (36 Prozent) auf. Zu den schwerwiegenderen Nebenwirkungen zählten eine vorübergehend erhöhte Alanin-Aminotransferase im Dosisarm 3 (500 µg). Keine Patientin entwickelte nachweisbare Anti-Doppelstrang-DNA-Antikörper, Symptome einer Autoimmunerkrankung oder wies Plasmid in mononukleären Zellen des peripheren Blutes auf.
Die Forscherinnen und Forscher stellten zudem Hinweise auf einen Überlebensvorteil durch die DNA-Impfung fest, berichtet Disis: »Wir haben diese Frauen nun zehn Jahre lang beobachtet und 80 Prozent von ihnen sind noch am Leben.« Von Patientinnen mit Brustkrebs in ähnlichen Stadien würde man erwarten, dass etwa die Hälfte innerhalb von fünf Jahren nach der Behandlung sterben würde, ergänzt die Expertin.
»Wenn die Ergebnisse der neuen randomisierten, kontrollierten Phase-II-Studie mit dem Impfstoff positiv ausfallen, wäre dies ein starkes Signal für uns, rasch eine endgültige Phase-III-Studie durchzuführen«, resümiert die Forscherin.