Digitaler Beipackzettel – eine Lösung bei Lieferengpässen? |
Jennifer Evans |
23.02.2022 13:10 Uhr |
Was die Kosten angeht, ist die EU-Kommission offenbar zuversichtlich. Sie geht davon aus, dass die Investition sich schon bald auszahlen wird. Voraussetzung für eine digitale Packungsbeilage ist nämlich zunächst der Aufbau einer Online-Plattform, auf der die Informationen hinterlegt sind und von der aus Patienten und medizinisches Personal sie auch direkt ausdrucken können.
Allerdings heißt es auch: »Für Apotheker und Ärzte könnten multilinguale und digitale Beipackzettel eine zusätzliche Belastung darstellen, sowohl was das Finanzielle als auch den Arbeitsaufwand betrifft.« Etwa dann, wenn es darum gehe, Patienten die relevanten Informationen zu erklären oder die Packungsbeilage in ihrer Sprache auszudrucken. Diesen Berufsgruppen komme eine entscheidende Rolle zu, weil sie für viele Menschen die erste Anlaufstelle seien, heißt es.
Aus EU-Sicht bestehen allerdings auch Bedenken, wie zuverlässig die Fachkräfte aus dem Gesundheitswesen übersetzen. Im Konsultationsprozess ist diese Frage laut dem EU-Dokument aber nicht weiter diskutiert worden, habe aber Relevanz für die Ausarbeitung der Lösung.
Und so soll das Vorhaben konkret aussehen: Ein Code auf der Arzneimittel-Packung verweist auf eine elektronische Vollversion des Beipackzettels. Bei der Abgabe soll der Apotheker den Patienten jedoch bereits in Landessprache über die Dosierung informieren, um eine korrekte Einnahme des Medikaments sicherzustellen. Alles Weitere soll dann elektronisch zugänglich sein. Für Patienten, die keinen Zugang zum PC haben, druckt die Apotheke die Informationen in der gewünschten Sprache aus.
Als »ultimatives Ziel« sind in der Studie sogenannte Electronic Product Information Leaflets (ePIL) genannt, die eine Medikamenten-Einnahme künftig nicht nur schriftlich, sondern auch mithilfe von Videos erläutern sollen.
Das European Medicines Regulatory Network hat sich bereits auf Kriterien solcher digitalen Beipackzettel geeinigt, wie die europäische Arzneimittelagentur EMA mitteilte. Dies bereite den Weg für »die weitere Verbreitung, neutraler und aktueller Informationen auf allen Arzneimitteln, die Pateinten in der EU auf immer unterschiedlicheren elektronischen Kanälen zur Verfügung stehen«.
Der Vorteil: Die Produktinformationen oder EPI (ectronic product information) lassen sich direkt aktualisieren oder künftig sogar personalisieren. In einem nächsten Schritt könnten die Beilagen laut EMA auch Video- und Audio-Content enthalten oder Tools, die Nebenwirkungen melden. Bevor die digitalen Beipackzettel aber auf den Markt kommen, finden nach Angaben der EMA noch einige Testläufe statt. Übrigens basiert der neue Standard laut EMA auf der FIHR-Schnittstelle, die auch von der Gematik genutzt wird.