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Protesttag in Dortmund

»Dieses Signal wird niemanden kaltlassen«

Der »Demovember« setzt sich fort: Mit mindestens 5000 Teilnehmenden hat die Kundgebung der Apotheker- und der Ärzteschaft in Dortmund stattgefunden. Bei zunächst regnerischem Wetter betonte ABDA-Präsidentin Gabriele Regina Overwiening angesichts der ausladenden Menge auf dem Platz der Partnerstädte, sie sei stolz auf ihre Kolleginnen und Kollegen, die so viel Geschlossenheit zeigten. »Dieses Signal wird niemanden kaltlassen«, sagte sie auf der Bühne.
Cornelia Dölger
15.11.2023  13:05 Uhr

Befragt von PZ-Chefredakteur Alexander Müller nach den umstrittenen Reformplänen von Bundesgesundheitsminister Professor Karl Lauterbach (SPD), sagte Overwiening: »Daran kann man nichts gut finden«, worauf tosender Applaus aufbrandete. Dass der Minister mit seinen Plänen zum Bürokratieabbau, also auch den »Apotheken light«, neun Millionen Euro einsparen wolle, sei ein Trugschluss. »Das Gegenteil wird eintreten.«

Es gelte, die »Seifenblasenpolitik« des Ministers zu entlarven, Lauterbach spiele mit trojanischen Pferden, wenn er mit Pseudo-Entlastungen zur Zerstörung des bewährten Apothekenwesens beitrage, sagte Overwiening und erntete dafür Sprechchöre wie: »Wir sind hier, wir sind laut, weil man uns Gesundheit klaut.«

Kurz vor der Kundgebung hatten sich bei einer Pressekonferenz die Heilberufler gemeinsam gegen die Sparpolitik des Bundesgesundheitsministeriums (BMG) ausgesprochen. Ziel der Aktion heute sei, gehört zu werden und auf Augenhöhe mit der Politik zu diskutieren.

»Wir sichern Versorgung und sozialen Frieden«

»Das, was wir leisten, wird bald so nicht mehr zu stemmen sein«, hatte Thomas Rochell, Vorsitzender des Apothekerverbands Westfalen-Lippe (AVWL), bei der Pressekonferenz kurz vorher gewarnt. Die Apotheken seien seit Monaten an dem Punkt, an dem sie chronisch unterfinanziert seien.

Ziel des Ganzen sei die Stabilisierung der ambulanten Gesundheitsversorgung, betonte dort auch Overwiening. »Wir sichern die Versorgung und den sozialen Frieden.« Die Apotheken wollten einen Austausch auf Augenhöhe mit der Politik. Der »Sinkflug der Apotheke« führe dazu, »dass wir uns bemerkbar machen müssen«.

Andreas May von der Adexa betonte, es gehe auch um den Erhalt von wohnortnahen Arbeitsplätzen. Betriebsbedingte Kündigungen nähmen zu, »das Apothekensterben geht immer schneller«. Wichtig sei, dass die verbleibenden Apotheken zu mehr Geld kämen. Später auf der Bühne befragte PZ-Chefredakteur Müller ihn nach den Reformplänen, die unter anderem PTA-Vertretung in Filialen vorsehen. Die PTA wollten dies nicht, so May. »Das ist Ausbeutung.« 

Die NRW-Patientenbeauftragte Claudia Middendorf erteilte den geplanten Gesundheitskiosken eine Absage. Das Projekt von Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) möge eine Beratungsoption sein. »Für die Gesundheitsversorgung taugt es aber nicht«, so Middendorf. Es müsse verhindert werden, dass Lauterbachs Pläne »Parallelwelten« im Gesundheitswesen schaffen würden, wofür die Patientenbeauftragte viel Applaus bekam.

Die Reformpläne des Ministers, die an die Grundfesten des Apothekenwesens rühren, seien »ein fatales Signal«, so Middendorf. Die umfassende Gesundheitsversorgung sei mit »Apotheken light« nicht zu gewährleisten. Politiker, namentlich Lauterbach, müssten mitbekommen, was den Patientinnen und Patienten wichtig sei. Dafür brauche es bessere Rahmenbedingungen, nicht nur in Deutschland, auch europaweit. Die Honorarforderung der Apotheken sei mehr als berechtigt.

Ärzte wollen bei Digitalisierung gefragt werden

Entbudgetierung, Regresse, nicht funktionierende Digitalisierung – auch die Ärzteschaft sorgt sich. Lars Rettstadt, Vorsitzender des Hausärzteverbands Westfalen-Lippe, unterstrich bei der Pressekonferenz, die Ärzte hätten Probleme, gut ausgebildete Medizinische Fachangestellte zu bekommen, der Personal- und Nachwuchsmangel sei allerorten massiv. »So wird es immer schwieriger, die Versorgung zu sichern«, so Rettstadt. Hinzu komme die Digitalisierung – »erforderlich«, aber leider, so Rettstadt, in vielen Fällen nicht funktionsfähig. »Wir sind nicht gegen Digitalisierung, aber wir sind da nicht gefragt worden«, so Rettstadt.

»Herr Lauterbach, kommen Sie aus Ihrem Elfenbeinturm heraus«, forderte Volker Schrage, Vize-Vorstandsvorsitzender der Kassenärztliche Vereinigung Westfalen-Lippe (KVWL). Die Ärzteschaft brauche handfeste Handlungen und eine vernünftige Politik. Nicht nur sei die Finanzierung nicht tragfähig, auch die Bürokratie fresse einen Großteil der Zeit in den Praxen. Den Schulterschluss mit den Apotheken fand er wichtig, indem er betonte, ob es nun Regresse oder Retaxe seien, die die Heilberufler um ihr Honorar brächten – »das sind alles Probleme, die wir gemeinsam haben«, so Schrage.

Daniela von Nida, Inhaberin Alte Apotheke Groß-Zimmern, berichtete auf der Bühne aus ihrem Alltagsleben in der Apotheke mit Personalnot, Lieferengpässen und überbordender Bürokratie. Bei ihr sei ein SPD-Politiker zu Gast gewesen, der sie gefragt habe, was Apotheken noch anbieten wollten, um Geld zu verdienen. Doch von Nida sehnt sich derzeit nicht nach weiteren Aufgaben, sondern ist froh, wenn sie mit ihrem Team die Versorgung gestemmt bekommt. »Das macht keinen Sinne«, so von Nida. »Es muss einfach die Grundvergütung angepasst werden.«

Zum Abschluss der Kundgebung schickte AVWL-Chef Rochell, bei mittlerweile strahlendem Sonnenschein, eine klare Botschaft nach Berlin: Herr Lauterbach möge mit dem »Wegducken« aufhören. Er müsse »das Arbeiten mit uns« anfangen, forderte Rochell unter Applaus. 

Im Anschluss zogen die tausenden Teilnehmer noch auf einem Protestmarsch durch die Dortmunder Fußgängerzone bis zur Westfalenhalle. Befragte Passanten erklärten unisono gegenüber der PZ, dass sie Verständnis für die Sorgen der Apotheken hätten und dass sie den Protest unterstützten.

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