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Aktualisierte Leitlinie

Die wichtigsten Empfehlungen beim Schlaganfall 

Die zügige und adäquate Therapie nach einem Schlaganfall kann Leben retten und bleibende Schäden verhindern. Wie diese aussieht, worum es sich beim Post-Stroke-Delir handelt und welche Rolle die Telemedizin bei Schlaganfällen spielt, war Thema einer Online-Pressekonferenz der Deutschen Schlaganfall-Gesellschaft (DSG).
Christiane Berg
01.11.2021  18:00 Uhr

Im Mai dieses Jahres wurde die S2e-Leitlinie zur »Akuttherapie des ischämischen Schlaganfalls« aktualisiert und erweitert. Sie beinhaltet Empfehlungen zur Diagnostik und zur Therapie des ischämischen Schlaganfalls. Bei der Pressekonferenz der DSG am 26. Oktober beschrieb anlässlich des Weltschlaganfalltages einer der federführenden Autoren, Professor Dr. Peter Ringleb, die wichtigsten enthaltenen Vorgaben.

So machte er deutlich, dass alle Patienten mit einem akuten Schlaganfall und ebenso Patienten mit Symptomen einer transitorischen ischämischen Attacke (TIA) innerhalb der letzten 48 Stunden umgehend in einer Stroke Unit behandelt werden sollten. Es müsse die sofortige zerebrale Diagnostik mit Computertomografie (CT) oder Magnetresonanztomografie (MRT) erfolgen, um zwischen Ischämie und Blutung zu unterscheiden und somit das therapeutische Procedere festlegen zu können, sagte Ringleb.

Patienten, die die Voraussetzungen für eine endovaskuläre Schlaganfalltherapie erfüllen, sollten unmittelbar auch eine nicht invasive Gefäßdiagnostik in Form einer CT-Angiografie (CTA) oder Magnetresonanz-Angiografie (MRA) erhalten, die auch den Aortenbogen umfasst. Falls bei Ankunft in der Klinik das Zeitintervall von viereinhalb Stunden überschritten ist, sollte eine erweiterte Bildgebung in Form einer Perfusionsuntersuchung mit MRT oder CT erfolgen, da auch dann noch befundabhängig therapeutische Schritte zur Wiederherstellung des Blutflusses (Reperfusion) eingeleitet werden können.

Die Standardtherapie für die systemische Thrombolyse erfolgt leitliniengemäß mit Alteplase. Tenecteplase könne eine noch bessere Wirksamkeit erzielen, sei jedoch in der EU bislang nur zur Behandlung des Herzinfarkts zugelassen, so Ringleb. Es solle beim Schlaganfall außerhalb klinischer Studien nur in Einzelfällen eingesetzt werden, da die Studienlage in dieser Indikation nicht einheitlich sei.

Jeder vierte Patient mit Post-Stroke-Delir

Das sogenannte Post-Stroke-Delir betreffe im Mittel jeden vierten Schlaganfallpatienten. In kurzer Zeit entwickelten Betroffene fluktuierende Störungen von Aufmerksamkeit, Wahrnehmung und Bewusstsein, die nicht allein durch den Schlaganfall erklärt werden könnten, berichtete Ringleb. Ein solches Delir gehe mit einer fast fünffach erhöhten Sterblichkeit, längeren Klinikaufenthalten und häufigeren Entlassungen in Pflegeeinrichtungen einher. Daher sollte ein gezieltes Screening mit etablierten Scores erfolgen.

Es sei wichtig, neben ausreichender Flüssigkeitszufuhr (mindestens 2000 ml/Tag) frühzeitig die Reorientierung der Patienten durch entsprechende Kommunikations- und Mobilisationsmaßnahmen sowie Struktur- und Rhythmus-Gebung anzuregen, bevor leitliniengemäß je nach Symptomausprägung niedrig dosiert unter anderem Lorazepam, aber auch Haloperidol, Risperidon, Olanzapin oder Quetiapin angezeigt sein könnten.

Eine frühe duale antithrombotische Sekundärprophylaxe mit Acetylsalicylsäure plus Clopidogrel oder Ticagrelor sollte nicht routinemäßig erfolgen. Sie könne bei ausgewählten Patienten nach TIA oder leichten Schlaganfällen über einen Zeitraum von 21 bis 30 Tagen Vorteile haben und nicht tödliche Rezidive reduzieren. Möglicherweise gehe sie jedoch zulasten des Blutungsrisikos bei insgesamt unveränderter Mortalität und habe nur geringen Einfluss auf bleibende Behinderung und Lebensqualität.

Ringleb machte deutlich, dass das weibliche Geschlecht in bisherigen Schlaganfall-Studien häufig unterrepräsentiert sei, da die Altersgrenze der Untersuchungen oftmals bei 80 Jahren liege, Frauen jedoch im Schnitt fünf Jahr älter seien als Männer, wenn sie einen Schlaganfall erlitten. Daher würden sie oftmals nicht in die Untersuchungen einbezogen. Laut Ringleb gebe es bislang keinen Anhaltspunkt, dass Frauen mit einem Schlaganfall anders therapiert werden sollten als Männer. Werde jedoch vermutet, dass Frauen seltener auf Stroke Units behandelt werden und eine erhöhte Krankenhaussterblichkeit haben, so sollte das »häufig geschilderte Ungleichgewicht in den bisherigen Studien bei der Konzeption künftiger Untersuchungen im Auge behalten werden, um gegebenenfalls schnell umsetzbare geschlechtsspezifische Therapieoptimierungen vornehmen zu können«, sagte er.

Die Rolle der Telemedizin beim Schlaganfall 

Ob ischämisch oder hämorrhagisch: Ein Schlaganfall ist immer ein medizinischer Notfall. Bei der Diagnose und Therapie entscheiden oft wenige Minuten darüber, wie groß der verursachte Schaden im Hirn ist. »Umso mehr Bedeutung kommt den regelmäßig nach DSG-Kriterien zertifizierten Stroke Units an mehr als 300 Kliniken in Deutschland zu«, machte im weiteren Verlauf der Veranstaltung Professor Dr. Christoph Gumbinger deutlich. Vielerorts gebe es zwischenzeitlich auch mobile Stroke Units, also speziell ausgerüstete Rettungswagen, die die Zeit bis zur ersten Behandlung um circa zwanzig Minuten reduzieren und so zusätzlich zu einer erheblichen Erhöhung der Überlebenschancen der Betroffenen beziehungsweise Minderung der Komplikationen beitragen könnten.

Um die Patientenversorgung insbesondere in ländlichen Kliniken zu verbessern, in denen häufig kein Neurologe sofort verfügbar sei, seien derzeit zudem 20 telemedizinische Netzwerke mit mehr als 200 neurologischen Kliniken verbunden. Mit mehr als 35.000 Telekonsilen pro Jahr spiele auch die telemedizinische Behandlung in der Schlaganfallversorgung eine wichtige Rolle. »Nahezu jeder zehnte Schlaganfallpatient wird telemedizinisch mittherapiert«, unterstrich Gumbinger.

In Deutschland erleiden jedes Jahr ungefähr 260.000 Menschen einen Schlaganfall, wobei 95 Prozent ischämischer Natur sind. »Der Hirninfarkt ist der häufigste Grund einer im Erwachsenenalter erworbenen Behinderung«, konstatierte abschließend Professor Dr. Jürgen Faiss. Vermutet wird, dass die Zahl der Betroffenen in der nächsten Generation nicht zuletzt aufgrund des demographischen Wandels erheblich steigen wird. Es werde, so Faiss, erforderlich sein, alle bisherigen Schlaganfall-Strategien den zukünftigen epidemiologischen Entwicklungen anzupassen. Dabei werde auch die Schlaganfall-Nachsorge und Sekundärprävention von zentraler Bedeutung sein.

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