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Systematische Auswertung

Die Vor- und Nachteile der Abnehmspritzen

Schon länger zeichnet sich ab, dass die GLP-1-Rezeptoragonisten nicht nur den Blutzucker senken und zu einem Gewichtsverlust führen. Eine systematische Analyse aus den USA listet nun 42 gesundheitliche Vorteile, aber auch 19 Nachteile auf.
AutorKontaktPZ
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Datum 20.01.2025  18:00 Uhr

In einer systematischen Analyse haben Forschende anhand der Daten von 2,4 Millionen Patienten mit Typ-2-Diabetes die medizinischen Vor- und Nachteile von GLP-1-Rezeptoragonisten (GLP-1-RA) wie Semaglutid (Ozempic®, Wegovy®) und Liraglutid (Saxend®, Victoza®) ermittelt. Dazu werteten sie die Patientenakten von US-Veteranen mit Diabetes aus, die zwischen Oktober 2017 und Dezember 2023 entweder mit einem GLP-1-RA oder einem anderen Antidiabetikum behandelt wurden. Dabei zählten sie auch den Wirkstoff Tirzepatid (Mounjaro®/Zepbound™) zu den GLP-1-RA, der neben dem GLP-1-Rezeptor auch den GIP-Rezeptor adressiert.

Der Studie zufolge senken solche Präparate unter anderem die Wahrscheinlichkeit für Herzinfarkt, Schlaganfall, Demenz und Suchterkrankungen. Die Autoren vermuten zudem, dass es auch bislang unentdeckte positive Effekte wie gegen psychotische Störungen, epileptische Anfälle und bakterielle Infektionen geben könnte. Andererseits geht die Anwendung mit erhöhten Risiken etwa für Magen-Darm-Probleme und Gelenkentzündungen einher, schreibt das Team um Dr. Ziyad Al-Aly von der Washington University in St. Louis im Fachjournal »Nature Medicine«.

»Diese großen Datensätze unterstreichen die positive Risiko-Nutzen-Bilanz dieser Präparate«, sagt der Gastroenterologe Professor Dr. Frank Tacke von der Berliner Charité, der nicht an der Studie beteiligt war. »Das ist vorerst beruhigend.« Allerdings schränken die Studienautoren selbst ein, dass bei einer solchen Kohortenstudie kein Kausalzusammenhang hergestellt werden kann und es sich bei den Patienten vor allem um ältere, weiße Männer handelte.

Die Wirkstoffe, die überwiegend einmal pro Woche injiziert werden, verlängern vor allem die Verweildauer der Nahrung im Verdauungstrakt und erhöhen das Sättigungsgefühl. Dass sie sowohl gegen Typ-2-Diabetes als auch beim deutlichen Abnehmen helfen, gilt als unstrittig. Zudem prüfen Studien derzeit ihren möglichen Nutzen gegen etliche weitere Erkrankungen, darunter Parkinson und Alzheimer. Bislang bezahlen die Krankenkasse in Deutschland sie nur in der Indikation Diabetes, nicht in der Indikation Adipositas, da Abnehmpräparate insgesamt derzeit als Lifestyle-Medikamente eingestuft werden.

Große Datenmengen, um seltene Effekte zu ermitteln

»Angesichts der Neuheit der Medikamente und ihrer in die Höhe schießenden Popularität ist es wichtig, die Auswirkungen auf alle Körpersysteme systematisch zu analysieren, um zu verstehen, was sie tun und was nicht«, wird Al-Aly in einer Mitteilung seiner Universität zitiert. Ziel sei eine umfassende Kartierung der Verbindungen dieser Wirkstoffe zu sämtlichen Organsystemen.

Die Autoren verglichen den gesundheitlichen Status von rund 216.000 Typ-2-Diabetikern, die GLP1-RA anwendeten, mit dem von gut 1,2 Millionen Veteranen, die andere Therapien gegen die Stoffwechselerkrankung verordnet bekommen hatten. »Anhand so großer Datenmengen kann man auch seltene Nebenwirkungen ermitteln«, erklärt Tacke, der dem wissenschaftlichen Beirat der Deutschen Gesellschaft für Gastroenterologie, Verdauungs- und Stoffwechselkrankheiten (DGVS) angehört.

Insgesamt nahm das Team 175 mögliche medizinische Auswirkungen in den Fokus. Die mittlere Beobachtungsdauer betrug 3,7 Jahre. Resultate: Für 42 gesundheitliche Probleme sank unter der GLP-1-RA-Therapie das Risiko, dagegen stieg es für 19 andere.

Mäßige Effektstärke

Günstige Effekte fand das Team auf Suchtprobleme, etwa mit Alkohol, Opiaten, Tabak oder Cannabis, aber auch für psychotische Störungen, Demenz wie etwa Alzheimer, Blutgerinnungsstörungen, Herz-Kreislauf-Beschwerden, Infektionskrankheiten und diverse Atemwegsprobleme von Bronchitis über Lungenentzündung bis zu chronisch-obstruktiver Lungenerkrankung (COPD). Mit einer Risikominderung von jeweils meist 10 bis 20 Prozent fällt die Effektstärke jedoch eher mäßig aus.

»GLP-1-RA-Präparate wirken auf Rezeptoren in Gehirnarealen, die an Impulskontrolle, Belohnung und Sucht beteiligt sind«, erläutert Al-Aly. »Das erklärt möglicherweise ihre Wirksamkeit beim Drosseln von Appetit und Suchterkrankungen.« Die möglicherweise verringerte Demenzgefahr erklärt er mit der entzündungshemmenden Wirkung im Gehirn. Das geringere Risiko für Herz-Kreislauf-Erkrankungen führt Tacke auf die Gewichtsreduktion und eine veränderte Lebensführung wie etwa mehr Bewegung zurück.

Die Studie bestätigt auch Analysen, wonach GLP-1-RA-Präparate nicht mit suizidalen Gedanken und Selbstverletzungsgedanken einhergehen. Diese Gefahr sei sogar reduziert, schreibt die Gruppe und verweist auf mögliche antidepressive Eigenschaften der Medikamente.

Als Risiken nennt die Gruppe unter anderem Magen-Darm-Beschwerden wie Übelkeit und Erbrechen, Sodbrennen, Gelenkentzündungen, Schlafstörungen, Synkopen und Hypotonie. Zudem könnte die Einnahme in seltenen Fällen entzündliche Prozesse in den Nieren und der Bauchspeicheldrüse fördern. Tacke erklärt die bekanntermaßen häufigen Magen-Darm-Probleme mit der längeren Verweildauer der Nahrung im Verdauungstrakt.

Blutdruckmittel gegebenenfalls anpassen

Das Autorentrio betont, die Erkenntnisse der Studie könnten generell dazu führen, neue medizinische Zusammenhänge systematisch zu erforschen. Gleichzeitig hätten sie schon jetzt Bedeutung für die medizinische Praxis. So sollte beim Einsatz der Präparate etwa der Blutdruck gut kontrolliert und bei Bedarf die Einnahme von Blutdrucksenkern angepasst werden.

Auch auf andere mögliche negative Auswirkungen der Therapie sollte künftig verstärkt geachtet werden. »GLP-1-RA-Präparate können einen breiten gesundheitlichen Nutzen bieten«, sagt Al-Aly. »Aber risikofrei sind sie nicht.«

Trotz der insgesamt deutlich positiven Bilanz der GLP-1-RA-Präparate bleibt eine wichtige Frage ungeklärt. Für die Bewertung einer möglicherweise erhöhten Tumorgefahr sei die Beobachtungszeit von 3,7 Jahren zu kurz, sagt Tacke. Allerdings gebe es auf ein solches Risiko bislang keinerlei Hinweise.

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