Die Reaktionen aus der Pharmaindustrie |
Die von Trump angekündigten Pläne wären »ein harter Rückschlag für den Pharmastandort Deutschland und Europa«, teilte der Verband der forschenden Pharma-Unternehmen in einer Pressemitteilung heute mit. Die global agierende Pharmaindustrie sei auf stabile Rahmenbedingungen und offene Weltmärkte angewiesen.
»Wir sehen schon jetzt, dass Investitionen am Standort eingefroren werden. Das ist das letzte, was der Wirtschaftsstandort Deutschland jetzt braucht«, sagt vfa-Präsident Han Steutel. »Wichtig ist jetzt schnelle und belastbare Lösungen für Europa und Deutschland zu finden, die Perspektiven für die Unternehmen in Europa eröffnen.« Steutel betont dabei die Bedeutung eines europäischen Binnenmarktes: »Ein souveränes, starkes Europa wäre ein notwendiges Gegengewicht zur Wirtschaftskraft der USA.«
Der Verband der Chemischen Industrie (VCI) ist sehr besorgt über die Entwicklungen, teilte das Unternehmen mit. »Das ist ein weiterer Schlag ins Gesicht. Und ein neuer Tiefpunkt für die Handelsbeziehungen mit den USA. Wenn der 15-Prozent-Deal nicht auch für Pharmaprodukte gilt, ist er nichts wert«, sagte Wolfgang Große Entrup, VCI-Hauptgeschäftsführer und fügte hinzu: »Die EU-Kommission muss jetzt mit breitem Kreuz darauf drängen, dass beide Seiten zu den getroffenen Vereinbarungen stehen. Sonst kann dieser Deal nur Geschichte sein.«
Der größte Schweizer Pharmakonzern Roche wollte die Zollankündigung nicht kommentieren. Der zweitgrößte, Novartis, gab sich zuversichtlich, dass er gar nicht betroffen sein wird. Sowohl Roche als auch Novartis hatten bereits im Frühjahr große Investitionen in den USA über die nächsten fünf Jahre angekündigt: Roche 50 Milliarden Dollar und Novartis 23 Milliarden Dollar. Roche baut im US-Bundesstaat North Carolina etwa eine neue Produktionsstätte für Produkte gegen Fettleibigkeit.
»Wir arbeiten daran, dass alle wichtigen Medikamente von Novartis für US-Patienten in den USA hergestellt werden«, sagte eine Sprecherin auf Nachfrage. »Wir gehen davon aus, dass wir noch vor Ende des Jahres den Baustart für fünf neue Standorte ankündigen können, weitere Bauarbeiten sind im Gange. (...) Vor diesem Hintergrund sollte der angekündigte 100-Prozent-Zollsatz keine Auswirkung auf Novartis haben.«
Die Schweizer Pharmabranche ist nach der US-Zollankündigung von 100 Prozent auf Medikamentenimporte in die USA enttäuscht. Man habe alle Hebel in Bewegung gesetzt, um den »Paradigmenwechsel«, auf Pharmaprodukte Zölle zu erheben, zu verhindern, sagte René Buholzer, der Geschäftsführer von Interpharma, dem Verband der 23 forschenden Pharmaunternehmen, im Schweizer Radio SRF. Historisch habe es bislang weltweit keine Zölle auf Medikamente gegeben, sagte er. »Weil es ja nicht Sinn macht, schwer kranke Menschen noch mit verteuerten Produkten zu versorgen, wo der Staat davon profitiert.«
Die Schweizer Wirtschaft ist seit August bereits durch 39 Prozent Zölle auf US-Exporte belastet. Einige exportierende Firmen haben deshalb Kurzarbeit angemeldet. Die Pharmaindustrie war davon ausgenommen. Pharmaprodukte machen 50 Prozent der Exporte in die USA aus. Das trägt zum großen Handelsbilanzüberschuss bei, der Auslöser für die Verhängung der hohen Zölle war. In der Schweiz trägt Pharma zehn Prozent zum Bruttoinlandsprodukt bei.