»Die Präqualifizierung gehört abgeschafft« |
Laura Rudolph |
09.05.2023 12:00 Uhr |
Dr. Hans-Peter Hubmann, Vorsitzender des Bayerischen Apothekerverbands (BAV), beim Bayerischen Apothekertag in Erlangen / Foto: Sabrina Spies/BAV
»Seit 2008 nimmt die Zahl der Apotheken kontinuierlich ab. In Bayern ist sie mit 2862 auf dem niedrigsten Stand seit 1980. Das ist ein trauriger Rekord«, sagte Dr. Hans-Peter Hubmann, Vorsitzender des Bayerischen Apothekerverbands (BAV) und seit kurzem auch Vorsitzender des Deutschen Apothekerverbands (DAV), in seiner Rede bei der politischen Eröffnungsveranstaltung des Bayerischen Apothekertags am 5. Mai in Erlangen. 2022 hätten 393 Apotheken dauerhaft geschlossen – mehr als eine Apotheke pro Tag.
»Nur wenn wir unseren Heilberuf weiterentwickeln und es verlässliche Rahmenbedingungen seitens der Politik gibt, kann die Vor-Ort-Apotheke zukunftssicher sein«, betonte Hubmann. Bekanntermaßen sei der Fachkräftemangel ein großes Problem. Zwar studierten immer noch viele junge Menschen Pharmazie, so der BAV-Vorsitzende, doch nur wenige entschieden sich für die öffentliche Apotheke und noch weniger für die Selbstständigkeit.
Auch müsse die Arbeit in der Offizin dringend wirtschaftlicher werden, sagte Hubmann. Er kritisierte insbesondere Retaxationsverfahren: »In vielen Fällen verweigern die Krankenkassen aufgrund von kleinen Formfehlern die Bezahlung der abgegebenen Arzneimittel vollständig, obwohl der Patient entsprechend der ärztlichen Verordnung korrekt versorgt wurde.« Der BAV-Chef ergänzte: »Die Verweigerung der Bezahlung einer von der Apotheke erbrachten Leistung aufgrund kleinster Formfehler ist Zechprellerei. Sie darf nicht zum Zusatzeinkommen der Krankenkassen werden.«
Überdies nehme die Präqualifizierung für die Versorgung mit Hilfsmitteln immer größere Dimensionen ein, die nicht mehr nachvollziehbar seien. Jede Apothekerin und jeder Apotheker sei bereits durch das Pharmaziestudium hochqualifiziert. Hubmanns Fazit: »Die Präqualifizierung für Apotheken gehört abgeschafft – oder zumindest auf ein akzeptables Maß reduziert.«
Auch den seit Monaten bestehenden Lieferengpässen widmete sich Hubmann mit Verve. Er dankte den Apothekenteams, die täglich viel Zeit dafür aufwenden müssten, Alternativen für nicht lieferfähige Arzneimittel aufzutreiben. Klare Worte des BAV-Vorsitzenden: »Ein Mehraufwand, der in keiner Weise honoriert wird.«
Hubmann kritisierte das Arzneimittel-Lieferengpassbekämpfungs- und Versorgungsverbesserungsgesetz (ALBVVG), das eine »abgespeckte Version der zu Coronazeiten eingeführten Austauschregelungen« vorsehe. Die Pandemiezeit habe gezeigt, dass die Apotheken die Austauscherleichterungen verantwortungsvoll genutzt hätten – die Einsparungen durch Rabattverträge seien sogar gestiegen.
»Die Pauschale zum Management von Lieferengpässen für lächerliche 50 Cent ist völlig indiskutabel. Sie vergütet gerade einmal 24 Sekunden Arbeitszeit«, so Hubmann. Er forderte: Nachbesserung des Gesetzes, Verbot unangemessener Nullretaxationen, die Möglichkeit zur Rezepturherstellung ohne neue Verordnung, einen zweistelligen Eurobetrag als Aufwandsentschädigung beim Lieferengpassmanagement sowie eine Erhöhung des Apothekenhonorars auf 12 Euro, das regelhaft und automatisiert an die Kostenentwicklung angepasst wird.