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Neuer Kammerpräsident

»Die pDL und der Nachwuchs sind meine Herzensthemen«

Überraschend ist Holger Gnekow, Inhaber der Privilegierten Adler-Apotheke in Hamburg-Wandsbek, am Mittwoch zum neuen Präsidenten der Apothekerkammer Hamburg gewählt worden. Die PZ sprach mit ihm, ob das E-Rezept die Apotheker überflüssig macht, wie es mit den pDL weitergehen kann und ob Rezeptur und Notdienst neu gedacht werden müssen.
AutorKontaktDaniela Hüttemann
Datum 19.01.2024  10:30 Uhr

PZ: Herr Gnekow, Sie sind diese Woche zum Präsidenten der Apothekerkammer Hamburg gewählt worden. Was steht auf Ihrer Agenda?

Holger Gnekow: Das E-Rezept bewegt uns gerade extrem. Wir wollen gern daran mitarbeiten, es kann aber nicht sein, dass alle Fehler, die entstehen, zulasten der Apotheker gehen. Es muss in der Praxis funktionieren. Wir brauchen hier Freiheit und ein faires Vorgehen, damit wir das Projekt nach vorn bringen können, ohne dass die Gefahr von Retaxationen wie ein Damokles-Schwert über uns hängt.

PZ: Wann glauben Sie sind die momentanen Anfangsfehler und Probleme überwunden?

Gnekow: Ich schätze, dass es noch etwa ein halbes Jahr dauern wird. Allerdings sind noch andere Punkte ungeklärt, wie Hilfsmittel auf E-Rezept und die Heimversorgung.

PZ: Haben Sie keine Angst, dass nun mehr Rezepte in den Versandhandel abwandern?

Gnekow: Der Versandhandel wird alles tun, um mehr E-Rezepte zu bekommen. Daher ist es so wichtig, dass die Makelfunktion weiterhin ausgeschlossen bleibt. Gut ist, dass die Patienten mit dem E-Rezept auf ihrer elektronischen Gesundheitskarte zu uns in die Apotheke kommen. Damit bleibt der Kontakt unmittelbar aufrechterhalten und der Patient erlebt die Vorteile der Apotheke vor Ort. Dazu gehört eine gute Beratung. Wenn das E-Rezept erst einmal rund läuft, wir da nichts mehr klären und reininterpretieren müssen und die passende Packung direkt aus dem Kommissionierer kommt, wird spannend, was das mit uns macht.

»Die pDL sind für den Berufsstand essenziell wichtig«

PZ: Sie meinen, das E-Rezept macht uns Apotheker überflüssig?

Gnekow: Mir ist es ein Herzensthema, dass wir uns die pharmazeutischen Dienstleistungen noch stärker zu eigen machen, um der Bevölkerung zu zeigen, wie wichtig die Apotheke vor Ort ist. Dafür wäre dann mehr Zeit. Es ist wichtig, dass wir auch den Topf mit Honorar, der dafür zu Verfügung steht, gut ausschöpfen, bevor er verschwinden kann. Sonst war es das erst einmal mit dem Thema. Das darf nicht passieren. Die pDL sind für den Berufsstand essenziell wichtig.

PZ: Viele Apotheken sagen, sie hätten dafür einfache keine Zeit und kein Personal.

Gnekow: Aber sie erklären doch ohnehin die Anwendung von Asthmainhalatoren bei der Abgabe, messen hin und wieder den Blutdruck und machen ständig Interaktionschecks – schon immer, nur dass wir das bislang nicht abrechnen konnten. Wir brauchen hier mehr technische Lösungen und EDV-Unterstützung, sodass wir es als pDL ohne bürokratischen Mehraufwand erbringen können. Die Medikationsanalyse liegt mir dabei besonders am Herzen. Apotheker neigen dazu, sich nur die komplizierten Fälle mit 14 und mehr Medikamenten anzusehen, doch auch ein Blick auf die vielen »normalen« Fälle mit weniger Arzneimitteln ist wichtig. Es geht ja nicht darum, möglichst viele Fehler zu finden, sondern dem Patienten Sicherheit zu vermitteln, dass wir seine Medikation angeschaut haben.

PZ: Machen die Ärzte denn da mit?

Gnekow: Wir müssen unsere Dienstleistungen auch selbstbewusst den Ärzten gegenüber vertreten. Denken Sie an die Schätzungen, wie viele Menschen jedes Jahr durch unerwünschte Arzneimittelwirkungen und Interaktionen sterben, wo keiner genauer hinschaut. Wir nehmen niemandem etwas weg, sondern ergänzen zum Wohl der Patienten, was derzeit fehlt. Das ist auch beim Impfen so. Zu uns kommen dank der Niedrigschwelligkeit fast nur Personen, die sich sonst nicht hätten impfen lassen. Wenn man es in der Apotheke gut plant und bündelt, lässt sich das auch wirtschaftlich abbilden.

»Das Verhältnis zu den Krankenkassen ist leider erstarrt«

PZ: Nichtsdestotrotz ist die wirtschaftliche Situation vieler Apotheken schlecht.

Gnekow: Natürlich brauchen wir eine faire Honoraranpassung und auch Nullretaxe darf es nicht mehr geben. Wenn jetzt auch noch der 3-Prozent-Aufschlag auf 2 Prozent abgesenkt werden soll, trifft uns das alle, denn schon bei Packungen ab 30 Euro machen wir Verluste. Und das Risiko für Hochpreiser wird unkalkulierbar, sodass das keine Apotheke mehr eingehen will. Das Verhältnis zu den Krankenkassen ist leider erstarrt. Auch bei den anderen Leistungserbringern wie den Ärzten und Pflegediensten ist das so. Gegen uns kleine Betriebe ist jede Krankenkasse eine große Macht, die noch dazu die Sozialgerichte hinter sich hat. Hier wünsche ich mir wieder faire Verhandlungen auf Augenhöhe und mehr Verständnis für die Leistungen, die die Apotheker erbringen.

PZ: Das ist wohl eher Sache der Verbände. Was ist Ihnen als Kammerpräsident noch wichtig?

Gnekow: Die Aus-, Fort- und Weiterbildung. Wir müssen einfach mehr in den Nachwuchs investieren, indem wir als Apotheken schon spannende Schülerpraktika anbieten, die Pharmaziestudenten während der Famulatur für die Offizin begeistern und als Pharmazeuten im Praktikum zum Bleiben bewegen. Hier sollten wir das Prinzip der akademischen Ausbildungsapotheke voranbringen. Sonst kommen wir überhaupt nicht raus aus dem Personalmangel. Hamburg hat noch Nachholbedarf als angesehener, florierender Studienstandort, wo vor allem auch die klinische Pharmazie gut abgebildet wird. Zudem brauchen wir bundeseinheitliche Standards für die Qualifikation von AMTS-Managern, um mehr Dienstleistungen anzubieten. Das ist Aufgabe der Kammern, genau wie die Unterstützung der Ausbildung durch Leitfäden und Schulungen.

Rezeptur und Notdienst neu denken

PZ: In Ihrer Wahlrede sprachen Sie auch die Rezeptur an.

Gnekow: Wir brauchen individuelle Rezepturen für eine gute Patientenversorgung. Das muss für die Apotheke wieder attraktiver werden. Von daher ist es gut, dass die aktuelle Hilfstaxe gekündigt wurde und neu verhandelt wird, auch wenn der Zeitpunkt zeitgleich mit dem E-Rezept-Start ungünstig war. Auch wenn es ein berufspolitisch heißes Eisen ist: Wir sollten darüber nachdenken, ob wir Kompetenzen bündeln können, gerade bei spezielleren Rezepturen. Wir können nicht die Augen davor verschließen, dass viele es nicht gern oder zu selten machen. Das ist aus Patientensicht problematisch. Vielleicht sind da doch apothekenübergreifende Lösungen zumindest denkbar.

PZ: Und was ist mit dem Notdienst?

Gnekow: Das ist ebenfalls eine unserer Stärken, den aber viele nicht gern machen. Zumindest in einer großen Stadt wie Hamburg spielt die Pauschale aus dem Nacht- und Notdienstfonds keine große Rolle für das betriebswirtschaftliche Ergebnis. Wir sollten über zeitgemäßere Strukturen nachdenken, wie wir das mit dem bereitgestellten Geld anders regeln können, um es für die Patienten und Apotheken einfacher zu machen. Für Hamburg kann ich mir einen Not-Bringdienst vorstellen, zum Beispiel mit einem gemeinschaftlich organisierten Taxi und intelligenter Software. Dann würden weniger dienstbereite Apotheken ab 24 Uhr reichen. Wir sollten generell mehr über neue Ideen sprechen, ohne gleich davon auszugehen, dass die gesamte Apothekenstruktur zusammenbricht.

PZ: Das sagen Sie als Inhaber einer sehr großen Apotheke. Was ist mit den kleineren Apotheken in den Stadtvierteln oder mit den Dorfapotheken in den Flächenländern?

Gnekow: Ich bin wirklich mit Leib und Seele seit über 40 Jahren selbstständiger Apotheker und sehe weiterhin die inhabergeführte Apotheke als Schlüssel zu einer gute Arzneimittelversorgung. Alle Apotheken sind wichtig und die kleineren Apotheken sind berufspolitisch gut vertreten, auch in unserer neuen Delegiertenversammlung hier in Hamburg.

Jüngere Apothekergeneration mehr einbinden

PZ: Sie werden jetzt mit 66 Jahren berufspolitisch in einem anspruchsvollen Amt aktiv – inwiefern können Sie auch für die jüngeren Apothekerinnen und Apotheker sprechen?

Gnekow: Da meine beiden Töchter im Unternehmen sind, konnte ich mich schon vor einiger Zeit langsam aus dem Tagesgeschäft etwas zurückziehen. So kann ich mich nicht nur der neuen Aufgabe widmen, sondern habe auch eine direkte Verbindung zur jüngeren Generation. ABYou hat hier vieles in Bewegung gebracht. Ich bin begeistert, wie viele junge Kolleginnen und Kollegen sich jetzt berufspolitisch engagieren wollen. Auch in Hamburg wurden viele Jüngere in die neue Delegiertenversammlung gewählt. Alle 27 Delegierten wollen aktiv mitarbeiten und Aufgaben übernehmen – ich möchte kein Alleinunterhalter sein. Es ist wichtig, dass wir die Jüngeren miteinbinden, denn sie wollen etwas verändern und haben noch 30 Berufsjahre und mehr vor sich.

PZ: Sie haben vor Jahren vorgeschlagen, dass die norddeutschen Kammern fusionieren sollten. Ist das auch wieder ein Thema?

Gnekow: Kein vorrangiges, aber mehr Kooperation und effizientere Strukturen halte ich nach wie vor für sinnvoll. Wir sollten mehr Kräfte bündeln. Bei der Fusion von Apothekerkammern als Körperschaften öffentlichen Rechts sind allerdings dicke Bretter zu bohren, allein wegen der staatsrechtlichen Verträge. Mittelfristig kann ich mir vorstellen, das wieder aufzugreifen. Dann müssten aber auch die übergeordneten Strukturen überdacht werden. Der Norden darf nicht durch weniger Stimmen an Gewicht verlieren. Generell brauchen wir einfachere Entscheidungswege, um Themen voranzubringen.

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