»Die Lage in den Apotheken ist weiterhin extrem angespannt« |
»Sowohl im verschreibungspflichtigen Bereich als auch im OTC-Markt müssen die Apotheken Tag für Tag alternative Präparate finden, damit die Patientinnen und Patienten überhaupt noch versorgt werden«, kritisiert ABDA-Präsidentin Gabriele Regina Overwiening. / Foto: IMAGO/Metodi Popow
Auf Antrag der CDU-Fraktion wurde gestern im Gesundheitsausschuss des Bundestags über das Thema »Arzneimittelversorgung sicherstellen – Versorgungssicherheit gewährleisten« beraten. Die Christdemokraten werfen der Bundesregierung vor, dass sie bisher nicht in einen angemessenen Dialog mit den an der Arzneimittelversorgung Beteiligten getreten sei. Daher haben CDU und CSU 21 Punkte zur Verbesserung der Versorgung vorgelegt.
ABDA-Präsidentin Gabriele Regina Overwiening hat als Vertreterin der Apothekerschaft an der Sitzung teilgenommen. »Die gestrige Anhörung hat abermals die äußerst angespannte Versorgungslage bei der Verfügbarkeit von dringlich benötigten Arzneimitteln deutlich gemacht«, sagte Overwiening im Nachgang. Durch das im Juni 2023 beschlossene Arzneimittel-Lieferengpassbekämpfungs- und Versorgungsverbesserungsgesetz (ALBVVG) sei bisher nicht die vom Bundesgesundheitsministerium angekündigte Entspannung der Situation eingetreten.
»Die Lage in den Apotheken ist weiterhin extrem angespannt: Sowohl im verschreibungspflichtigen Bereich als auch im OTC-Markt müssen die Apotheken Tag für Tag alternative Präparate finden, damit die Patientinnen und Patienten überhaupt noch versorgt werden.« Dies zeige, dass Deutschland beim Managen von Arzneimittelknappheiten noch längst nicht über den Berg ist. »Daher war es heute richtig und wichtig, dass die Unionsfraktion das Thema auf die politische Agenda gesetzt hat«, so Overwiening weiter.
Die Apotheken vor Ort würden die die wohnortnahe Arzneimittelversorgung der Bevölkerung hocheffizient realisieren: »Trotz des andauernden Krisenmodus stellen die Apotheken tagtäglich ihre Leistungsfähigkeit und Flexibilität flächendeckend unter Beweis: Wir managen Arzneimittellieferengpässe, indem wir auf lieferbare Präparate ausweichen, mit den Arztpraxen kommunizieren und dabei sogar noch die bürokratischen Sparauflagen der Krankenkassen realisieren.«
Seit Jahresbeginn würden die Apotheken nun auch die Kommunikation zur Funktionsweise des noch holprigen E-Rezept-Systems gegenüber den Patientinnen und Patienten übernehmen. »Das alles stemmen wir trotz chronischer Unterfinanzierung, fehlender Anpassung des Apothekenhonorars, Nachwuchsmangels und Beschneidung von Handlungsfreiheiten. Um dabei noch unsere ureigenste Aufgabe zu erfüllen – nämlich die verlässliche Arzneimittelversorgung – brauchen wir sofortige politische Maßnahmen zur wirtschaftlichen Entlastung«, erklärte Overwiening.
11 Prozent aller Apotheken würden inzwischen negative Betriebsergebnisse schreiben, weitere 15 Prozent haben Ergebnisse bis 50.000 Euro. Daraus resultiere, dass die Apothekenzahl so schnell sinke wie noch nie zuvor. Neben einer schnellen und verlässlichen Dynamisierung des Apothekenhonorars bedürfe es einer sofortigen Erhöhung der Apothekenvergütung, um den Negativ-Trend der Apothekenschließungen zu stoppen.
»Die im Ausschuss geäußerten Vorschläge der Krankenkassen zum Apothekenhonorar und der Apothekenstruktur entbehren nicht nur jeder Sachlogik. Sie sind ebenso gefährlich wie die aktuellen Vorschläge aus dem Bundesgesundheitsministerium, weil sie konkrete Leistungskürzungen für die Bevölkerung bedeuten«, kritisierte die ABDA-Präsidentin. Wenn in den Apotheken nur noch bestimmte Leistungen angeboten werden könnten, weil Apothekerinnen und Apotheker fehlen und immer mehr Apotheken schließen, werde die Versorgung der Bevölkerung weiter ausdünnen. »Wir setzen den bestehenden Dialog mit dem Bundesgesundheitsministerium und den Abgeordneten des Deutschen Bundestags fort und bringen unsere Positionen und eigenen Vorschläge weiterhin in allen apothekenrelevanten parlamentarischen Verfahren ein«, führte sie weiter aus.
Paula Piechotta, Berichterstatterin der Grünen Bundestagsfraktion für Arzneimittel, kommentierte die Anhörung dahingehend, dass durch das ALBVVG »tatsächlich funktionierende Anreize für eine Absicherung der europäischen Generika-Produktion« geschaffen wurden. Die damit geschaffenen Möglichkeiten für höhere Preise für Medikamenten-Hersteller in Europa würden auf großes Interesse der Unternehmen stoßen. »Wir werden die Auswirkungen des ALBVVG weiter sehr genau beobachten, um konsequent die Bedeutung von Lieferengpässen für die Versorgungsrealität der Menschen in diesem Land zu reduzieren.«