Die KI geht ans Telefon |
Lukas Brockfeld |
26.09.2025 15:00 Uhr |
Peter Schreiner stellte Kira auf der Expopharm vor. / © PZ/Brockfeld
Im Juli stellte Gesund.de sein KI-Modell »Kira« vor. Das System soll häufige Standardfragen am Telefon beantworten können und so Apothekenteams in ihrem Arbeitsalltag entlasten. Auf der Expopharm wurde Kira noch einmal einer breiteren Öffentlichkeit präsentiert. Außerdem gewährte Peter Schreiner, Vorsitzender der Geschäftsführung von Gesund.de, der PZ einen Einblick in die Funktionsweise und die ersten Monate des Praxiseinsatzes der Software.
Laut einer Untersuchung von Gesund.de bekommt eine durchschnittliche Apotheke mehr als 40 Anrufe pro Tag. Oft werden so Arbeitsabläufe unterbrochen oder die Kundinnen und Kunden könnten zu Stoßzeiten niemanden erreichen. Hier soll Kira die Apothekenteams unterstützen. »Apotheken haben sehr viele Aufgaben und kommen oft kaum noch hinterher. Die KI soll mehr Freiraum schaffen für das, was Menschen besser können als Maschinen. Nämlich die Leute kompetent vor Ort zu beraten«, erklärte Peter Schreiner.
Kira nimmt Anrufe am Telefon entgegen. Doch das System ist mehr als nur ein smarter Anrufbeantworter. Die KI kann die gesprochene Sprache der Kundinnen und Kunden erkennen und gleichzeitig auf Informationen der Apotheke zugreifen. Das erlaubt es der Software, beispielsweise zu Öffnungszeiten oder der Verfügbarkeit von Medikamenten Auskunft zu geben. Für die Apothekenteams und die Patienten kann das gerade zu Stoßzeiten oder außerhalb der Öffnungszeiten eine Hilfe sein.
Die KI kann grundsätzlich keine Fragen zu pharmazeutischen oder medizinischen Themen beantworten. »Das würde eine Lizensierung als Medizinprodukt erforderlich machen. Außerdem ist es unsere Philosophie, dass wir die Apotheken unterstützen wollen. Wir wollen und können keine pharmazeutische Beratung übernehmen. Das ist das hoheitliche Gebiet des Apothekers«, stellte Peter Schreiner im Gespräch mit der PZ klar.
Um die Fragen der Kundinnen und Kunden zu beantworten, greift Kira auf das Apothekenmanagementsystem zu und kann dort Auskunft zu den Preisen oder der Verfügbarkeit von Medikamenten geben. Außerdem können sich die Anrufer bestimmte Arzneimittel bestellen oder zurücklegen lassen. Aktuell kann das System noch nicht auf die Bestellhistorie und andere Kundendaten zugreifen. Für Peter Schreiner wäre das allerdings eine »sinnvolle Ausbaustufe«.
Da sich die Anforderungen der Apotheken unterscheiden, kann Kira stark für ihr jeweiliges Einsatzfeld angepasst werden. Die Apotheke kann sie nur zu bestimmten Zeiten einsetzen oder festlegen, dass bestimmte Telefonnummern, beispielsweise von einer benachbarten Arztpraxis, sofort an einen menschlichen Mitarbeitenden durchgestellt werden. Kira soll außerdem in der Lage sein, selbst zu erkennen, wann ein Anrufer mit einem Menschen sprechen muss und den Anruf dann entsprechend weiterleiten.
»Ich habe mit einer Apothekerin gesprochen, die ›Gesund.de Kira‹ so eingestellt hat, dass die KI ans Telefon geht, wenn es fünfmal geklingelt hat und kein Mitarbeiter rangehen konnte. Sie sagte mir, dass das den Stress in ihrem Arbeitsalltag deutlich reduziert. Andere Apotheken setzten ›Gesund.de Kira‹ für alle Anrufe ein und berichten von einer deutlichen Lärmreduktion«, erzählte Peter Schreiner.
Im kommenden Jahr soll Kira außerdem mehrsprachig werden. »Dialekte wie Bayrisch und Schwäbisch versteht sie jetzt schon, im nächsten Jahr sind auch Fremdsprachen wie Türkisch geplant«, erzählte Peter Schreiner und berichtete von einem Messebesucher, der mit breitem österreichischen Dialekt mit der KI sprechen konnte.
Gesundheit ist ein sensibles Thema. Peter Schreiner ist es daher wichtig zu betonen, dass die mit Kira geführten Gespräche nicht gespeichert oder zum Training der KI genutzt werden. Einige Daten müssten für die Funktion des Systems gespeichert werden, diese Daten liegen allerdings ausschließlich auf Servern in der EU und werden nach 30 Tagen vollständig gelöscht.
Kira ist seit Juli in bisher 15 Apotheken im Einsatz. Wie reagierten die Kundinnen und Kunden auf die KI am Telefon? Laut Gesund.de gibt es viel positives Feedback. »Manche Kunden würden natürlich lieber mit einem Menschen sprechen. Aber die ärgern sich im Zweifelsfall auch, dass sie immer wieder in der Apotheke anrufen aber niemand ran geht. Da ist die KI, die ans Telefon geht, sicher die bessere Lösung«, so Schreiner.
Doch da ein solches KI-System für viele Menschen noch neu ist, rät Schreiner den Apotheken dazu, ihre Kundinnen und Kunden vorzubereiten und sie auf die neue Software aktiv anzusprechen. Gesund.de stelle zu diesem Zweck Flyer zur Verfügung, die das System erklären und häufig von Kunden gestellte Fragen beantworten. »Immer mehr Unternehmen werden in den nächsten Monaten KI-Lösungen für die Telefonie einsetzen und es wird bald ganz normal sein, mit einer KI zu sprechen. Wenn diese Lösungen gut gemacht sind und die Menschen merken, dass sie ihnen wirklich helfen, dann wird auch die Akzeptanz immer weiter steigen«, war sich Peter Schreiner sicher.