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Gesund und umweltfreundlich?

Die Keto-Diät unter der Lupe

Extrem kohlenhydratarm, dafür fettreich: Die ketogene Diät verspricht schnellen Gewichtsverlust durch den Stoffwechselzustand der Ketose. Doch ist das überhaupt gesund und hilft auch nachhaltig beim Abnehmen – und wie sieht es mit der Umweltbilanz aus?
AutorKontaktLaura Rudolph
Datum 22.03.2023  11:00 Uhr

Die ketogene Diät ist eine Extremvariante der Low-Carb-Diät, bei der weniger als 30 Gramm Kohlenhydrate pro Tag verzehrt werden. Bereits in den 1970er-Jahren wurde sie von dem Kardiologen Dr. Robert Atkins zum Abnehmen beworben. Mittlerweile existieren verschiedene Keto-Varianten, bei denen etwa zwei Drittel bis 90 Prozent des Tagesenergiebedarfs über Fett und etwa 6 bis 8 Prozent über Protein gedeckt werden. Studien zufolge könnte sich die Keto-Diät positiv bei Epilepsie und negativ auf die Herz-Kreislauf-Gesundheit auswirken.

Die meisten Körperzellen sind in der Lage, bei Glucosemangel auf andere Energiesubstrate wie etwa Fettsäuren umzusteigen – nicht so Gehirn, Erythrozyten und Nervenzellen. Sie sind auf eine stete Glucosezufuhr angewiesen. Daher beginnt der Körper beim Start einer ketogenen Diät zunächst, das Kohlenhydratdefizit auszugleichen, indem er die Kohlenhydratspeicher in Muskeln und Leber leert und die Gluconeogenese antreibt.

Sind die Glucosespeicher erschöpft, wird auf Fett als primäres Energiesubstrat zurückgegriffen. Frei werdende Fettsäuren werden enzymatisch zu Acetoacetat, 3-β-Hydroxybutyrat und Aceton umgewandelt. Diesen Ketonkörpern verdankt die Diät ihren Namen. Der physiologische Stoffwechselzustand der Ketose ist dabei abzugrenzen von der pathologischen Ketoazidose, einer schweren Stoffwechselentgleisung, die etwa bei schlecht eingestellten Diabetespatienten auftreten kann.

Auswirkung auf den Energieumsatz unklar

In der ersten Phase einer ketogenen Diät kommt es aufgrund der Stoffwechselumstellung zunächst zu einem erhöhten Energieumsatz des Körpers, vermutlich bedingt durch den erhöhten hepatischen Sauerstoffbedarf für Gluconeogenese und Triglycerid-Fettsäure-Recycling. Wie sich die Keto-Diät langfristig auf den Energieverbrauch des Körpers auswirkt, bleibe wegen fehlender Langzeit-Follow-up-Studien aber unklar. Das berichtet ein Forschungsteam um Dr. Alessio Basolo vom Universitätsklinikum in Pisa in Italien in einem Review im Fachjournal »Nutrients« (DOI: 10.3390/nu14091814).

Die Studienlage lasse jedoch Rückschlüsse darauf zu, dass der Energieumsatz nach der Stoffwechselumstellung wieder sinke. Die Forschenden erklären dies mit dem sogenannten adaptiven metabolischen Mechanismus, der zu einer Verringerung des Ruheumsatzes nach einer Gewichtsabnahme führt, um das Ungleichgewicht zwischen Energiezufuhr und -verbrauch zu regulieren.

Seltenere epileptische Anfälle unter der Keto-Diät

Besser untersucht ist der Einfluss der Keto-Diät auf die Anfallshäufigkeit bei Epilepsiepatienten. Insbesondere bei Kindern kann sie diese – bei strikter Einhaltung – um mehr als 50 Prozent senken. Das zeigt ein Übersichtsartikel im »European Journal of Clinical Nutrition«, für den ein Forschungsteams um Dr. Yue Ruan von der Universität in Lanzhou, China, 24 systemische Reviews und Metaanalysen mit insgesamt 255 Einzelstudien zum Thema auswertete (DOI: 10.1038/s41430-021-01060-8).

Zu ähnlichen Ergebnissen kommt ein Cochrane-Review aus dem Jahr 2020 (DOI: 10.1002/14651858.CD001903.pub5). Die gesundheitlichen Vorteile der Keto-Diät waren demnach vor allem bei pädiatrischen Epilepsiepatienten zu sehen: Für diejenigen, die sich strikt ketogen ernährten, war die Wahrscheinlichkeit, anfallsfrei zu werden, bis zu dreimal höher als bei solchen, die sich nicht ketogen ernährten. Die Wahrscheinlichkeit, dass Anfälle um mindestens 50 Prozent seltener auftreten, war bei Einhaltung der Keto-Diät sogar bis zu sechsmal höher.

Erwachsene Epilepsiepatienten, die sich ketogen ernährten, erreichten dadurch laut dem Cochrane-Review zwar meistens keine Anfallsfreiheit, aber die Wahrscheinlichkeit einer mindestens 50-prozentigen Reduktion der Anfallshäufigkeit war auch in dieser Altersgruppe bis zu fünfmal höher als bei nicht ketogener Ernährung. Als Erklärung für den protektiven Effekt wird vermutet, dass die Ketonkörper den mTOR-Signalweg hemmen, der eine wichtige Rolle bei der Entstehung der Epilepsie spielt.

Erhöhter LDL-Cholesterolspiegel

Als Ernährungsform, die reich an Tierprodukten und Fett ist, kann die Keto-Diät jedoch den LDL-Cholesterolspiegel erhöhen. Damit könnte ein bis zu zweifach erhöhtes Risiko für zukünftige kardiovaskuläre Ereignisse einhergehen. Das legt eine Beobachtungsstudie mit Daten aus der UK Biobank nahe, deren Ergebnisse die Studienleiterin Dr. Iulia Iatan von der University of British Columbia in Vancouver, Kanada, am 5. März beim World Congress of Cardiology in New Orleans vorstellte.

»Hypercholesterolämie, die während einer kohlenhydratarmen, fettreichen Diät auftritt, sollte nicht als harmlos angesehen werden«, so Iatan. Kritik an den Studienergebnissen übte Dr. Steven Nissen von Cleveland Clinic in Ohio. Die Menschen, die in dieser Studie eine keto-ähnliche Diät eingehalten hätten, »waren nicht ohne Grund übergewichtig« und unterschieden sich von denen, die eine Standarddiät einhielten: Sie hätten einen höheren durchschnittlichen Body-Mass-Index (27,7 versus 26,7) gehabt und die Inzidenz von Diabetes sei höher gewesen (4,9 versus 1,7 Prozent). Ihr Risikoprofil unterschied sich demnach von dem der Studienteilnehmer, die sich nicht ketogen ernährt hatten.

Hoher CO2-Fußabdruck

In Sachen Nachhaltigkeit punktet die Keto-Diät nicht: Mit schätzungsweise fast drei Kilogramm erzeugtem CO2 pro 1000 verzehrten Kilokalorien gehört sie zu den umweltschädlichsten Ernährungsformen. Zum Vergleich: Eine vegane Ernährung verbraucht bei gleicher Kalorienanzahl nur etwa 0,7 Kilogramm CO2. Das berichtet ein Team um Professor Dr. Keelia O’Malley von der Tulane University in New Orleans im American Journal of Clinical Nutrition« (DOI: 10.1016/j.ajcnut.2023.01.009). In die Studie gingen Daten von mehr als 16.000 Erwachsenen ein. Der erhöhte CO2-Verbrauch der Keto-Diät lässt sich durch die vielen tierischen Lebensmittel erklären.

Zudem brachten auch O’Malley und Kollegen die ketogene Diät mit erhöhten LDL-Cholesterolspiegeln in Verbindung. Sie attestierten ihr zudem eine schlechte Ernährungsqualität, gemessen am sogenannten Healthy Eating Index (HEI). Der HEI ist eine Maßzahl, anhand derer verschiedene Ernährungsformen hinsichtlich ihrer gesundheitlichen Auswirkungen miteinander verglichen werden können. Die Keto-Diät schnitt dabei mit 44 von 100 Punkten am schlechtesten ab; am besten stand mit 59 Punkten die pescetarische Diät da, bei der auf Fleisch verzichtet wird, nicht jedoch auf Fisch, Eier und Molkereiprodukte.

Bei Keto-Diät droht Nährstoffdefizit

Die Keto-Diät kann beim HEI auch deshalb nur wenig punkten, weil ihre eingeschränkte Lebensmittelauswahl das Risiko für Nährstoffdefizite birgt. Sie entspricht nicht den Ernährungsempfehlungen der Deutschen Gesellschaft für Ernährung (DGE), die etwa auch ballaststoffreiche Vollkornprodukte für eine vollwertige Ernährung empfiehlt. Um Mangelzuständen und gesundheitlichen Komplikationen vorzubeugen, empfiehlt es sich deshalb, eine geplante Keto-Diät im Vorfeld mit dem Arzt zu besprechen und den Nährstoffstatus regelmäßig überwachen zu lassen.

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