Die Jagd auf Wettsteins Vermögen |
Alexander Müller |
26.10.2023 12:00 Uhr |
Im AvP-Insolvenzverfahren müssen sich die geschädigten Apotheker mit dem Finanzamt um die Reste des Vermögens des früheren AvP-Chefs Mathias Wettstein streiten. / Foto: picture alliance/dpa
Wettstein hatte am 13. Juli selbst die Eröffnung des Insolvenzverfahrens beim Amtsgericht Düsseldorf beantragt. Ihm schwebte allerdings ein sogenannter Schuldenbereinigungsplan vor. Demnach hätten die beiden großen Gläubiger – das Land NRW und Rechtsanwalt Jan-Philipp Hoos in seiner Funktion als AvP-Insolvenzverwalter – einem Vergleich zustimmen sollen. Von ihren millionenschweren Forderungen hätten sie laut Wettsteins Plan 3,7 Prozent erhalten, insgesamt 1,4 Millionen Euro.
Laut den Gerichtsunterlagen, die der PZ vorliegen, hat Wettstein Schulden in Höhe von rund 37,7 Millionen Euro. Unter diesen Bedingungen wurde der Schuldenbereinigungsplan von seinen Gläubigern abgelehnt, sodass nunmehr ein Insolvenzverwalter vom Gericht bestellt wurde. Dieser wollte sich auf Nachfrage aber zum jetzigen Zeitpunkt noch nicht zum Verfahren äußern.
Beim Finanzamt Düsseldorf-Nord steht der ehemalige AvP-Chef mit knapp 9,3 Millionen Euro in der Kreide, inklusive Zinsen. Mehr als drei Viertel der offenen Forderungen liegen aber bei Hoos, insgesamt 28,4 Millionen Euro. Jeweils in der Rolle des Insolvenzverwalters fordert er für die Dialog im Gesundheitswesen (DIG GmbH) 20,1 Millionen Euro, 5 Millionen Euro für die AvP Deutschland GmbH, weitere 2,4 Millionen für die AvP Dienstleistung GmbH und 950.000 Euro für die AvP Service AG.
Laut seinem Schuldenbereinigungsplan verfügt Wettstein noch über verschiedene freie oder zumindest liquidierbare Vermögensgegenstände: Ausschüttung der Firma Privat Code, Aktienkaufvertrag, Darlehensrückzahlung und Guthaben summieren sich auf jene 1,4 Millionen Euro, die Wettstein in den Vergleich einbringen wollte.
An anderen Werten hatte sich in den Jahren 2021 und 2022 schon der Fiskus bedient: Hier wurden Gesellschaftsanteile und Darlehensforderungen gepfändet. Wettstein bezifferte den Wert selbst auf 4,7 Millionen Euro. Sein Vorschlag: Das Land gibt diese Pfandrechte frei, im Gegenzug würden »mit hoher Wahrscheinlichkeit anfechtbar geleistete Zahlungen« an das Finanzamt dort verbleiben können. Das Finanzamt hatte unter anderem den Erlös aus dem Verkauf von Wettsteins Privatimmobilie in Düsseldorf gepfändet, knapp 4,2 Millionen Euro. Auch sein Flugzeug, ein Privatjet vom Typ Embraer, wurde im Dezember 2020 verkauft, das Finanzamt Düsseldorf-Nord strich 400.000 Euro ein.
Wettstein musste Steuerschulden in Millionenhöhe zurückzahlen. Das Landgericht Düsseldorf hatte ihn Ende 2021 wegen Steuerhinterziehung zu einer Freiheitsstrafe von fünf Jahren und neun Monaten verurteilt. Trotzdem geht Wettsteins Seite offenbar davon aus, dass die Zahlungen an das Finanzamt anfechtbar sind. Sein Anwalt wollte sich auf Nachfrage der PZ aktuell nicht zum Insolvenzeröffnungsverfahren äußern.
Für das AvP-Insolvenzverfahren sind diese Entwicklungen insofern entscheidend, als dass Hoos noch Zuflüsse für die Insolvenzmasse gewinnen kann. Der AvP-Insolvenzverwalter hat aber noch andere Baustellen: Der geplante Vergleich mit den Banken steht noch aus. Auch hier hat er bislang außergerichtlich Forderungen in dreistelliger Millionenhöhe geltend gemacht. Mit den Apothekern hat Hoos dagegen schon einen Vergleich geschlossen: Sie bekommen einen Teil ihrer Forderungen vorab beglichen und verzichten im Gegenzug auf Aussonderungsrechte. Dem Vernehmen nach haben – gemessen an der Masse – etwa 93 Prozent dem Vergleich zugestimmt.