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Die halbe Welt als Markt

Die Femtechbranche ist auf dem Vormarsch. Ob Periodenschmerzen oder Beschwerden in den Wechseljahren, Milliarden von Frauen müssen sich potenziell mit diesen Problemen herumschlagen. Ein riesiger Wirtschaftsfaktor könnte man meinen. Warum Innovation in der Branche trotzdem noch langsam vorangeht.
dpa
PZ
07.07.2020  11:16 Uhr

Krankheitsfrüherkennung mit Tampons, Tee gegen Hitzewallungen in den Wechseljahren, das Erkennen der fruchtbaren Tage über die Atemluft - die Femtechbranche will gezielt weibliche Gesundheitsthemen anpacken und wird trotzdem oft unterschätzt. «Es wird ja häufig so ein bisschen als Nische abgetan», sagt Maxie Matthiessen, Gründerin der beiden Femtechfirmen Ruby Cup und Femna Health. Auch sie habe das bei Investorengesprächen gemerkt. «Aber wenn du dir allein schon den Menstruationshygienemarkt anschaust, betrifft das ja die Hälfte oder mehr als die Hälfte der Weltbevölkerung, sprich so vier Milliarden Frauen. Also es ist ein gigantischer Markt.»

Auch Finanzexpertinnen und -experten sehen das so: Laut dem Beratungsunternehmen Frost und Sullivan hat die Femtechbranche 2025 ein Marktpotenzial von 50 Milliarden US-Dollar (rund 44,5 Milliarden Euro). Dennoch sind die Investitionen bisher zurückhaltend, auch wenn sie in den letzten Jahren deutlich gestiegen sind.

Wagniskapital schwer zu bekommen

Europaweit gab es 2011 lediglich zwei Wagniskapitaldeals im Femtechbereich. Im vergangenen Jahr waren es 22. Dabei ging es um etwa 250 Millionen Euro. In letzter Zeit habe es unter Investoren ein stärkeres Bewusstsein für den Einfluss der Branche gegeben, sagt die Analystin der Kapitalmarktforschungsfirma Pitchbook, Kaia Colban. Ihr zufolge hat es die Femtechbranche im Vergleich zu anderen Start-Ups beim Wagniskapital bisher aus zwei Gründen schwer gehabt.

Erstens: die Mehrheit der Investoren sei männlich und sich des Marktpotenzials von Femtech eventuell nicht bewusst. Laut Alexandra Wuttig, Professorin für Entrepreneurship und Innovation an der Internationalen Hochschule IUBH, hapert es auch an dem Verständnis für Produkte. «Ich selbst habe die Erfahrung gemacht, dass männliche Geldgeber sich nicht mit Frauenprodukten auskennen und gerne bei der Einschätzung des Produkts dann ihre Ehefrauen fragen.»

Der zweite Grund für Colban: Femtechunternehmen würden überdurchschnittlich oft von Frauen gegründet und diese hätten es typischerweise schwieriger, an eine Finanzierung zu kommen. Zu diesem Ergebnis kommt auch der Female Founders Monitor 2020 des Bundesverbands Deutsche Startups. Unter weiblichen Gründerinnen erhielten demnach nur etwa 1,6 Prozent Wagniskapital. Unter Männern waren es 17,6 Prozent.

Frauen gründen anders und Tabus

Doch die geringeren Werte könnten auch mit der Art zu gründen zusammenhängen, immerhin ist auch das Interesse an solchen Investmentdeals unter Frauen geringer, wie der Bericht zeigt. Matthiessen glaubt zudem, dass Frauen beim Gründen eher Schritt für Schritt denken und daher erst einmal niedrigere Summen einfordern. Trotzdem meint die Gründerin: «Ich glaube nicht, dass ich als Frau so einfach für diese Idee von Femna in Deutschland ein Investment bekommen hätte. Ich glaube, das habe ich nur bekommen, weil ich einen proven track record hatte», also weil sie Erfolg mit ihrer in Dänemark gegründeten Firma Ruby Cup vorweisen konnte.

Hinzu kommt, dass Themen wie die Periode, Unfruchtbarkeit oder auch Inkontinenz mit Tabus belegt sind. «Der Investor möchte auch gerne mit seinem Gesicht für das Produkt stehen», meint Bastian Rüther, Geschäftsführer von Breathe Ilo, einem Gerät zur Erkennung der fruchtbaren Tage über die Atemluft.

Seine Kollegin Lisa Krapinger sagt, dass das Tabu auch den Marktstart beeinflusst habe, denn viele Frauen redeten nicht gerne über Probleme beim Schwangerwerden. «Man sieht das auch generell in der Femtechbranche, etwa wenn man in die Richtungen Periode oder Beckenbodentraining schaut. Da tun sich alle am Anfang schwer, weil das Themen sind, über die noch nicht so viel gesprochen wird.»

Auch wissenschaftliche Fakten fehlen

Gemessen an der Größe des Marktes mag es verwundern, dass es nicht bereits deutlich mehr und deutlich länger Innovation im Bereich Femtech gibt. Wuttig gibt zu bedenken, «dass früher das Interesse nicht so groß war und Frauenprodukte nur «pink» und süß sein brauchten, um Erfolg zu haben». Diese Meinung ändere sich aber gerade.

Und nicht zuletzt: In manchen Bereichen fehlten schlichtweg Fakten. Bei der Entwicklung des Ruby Cups etwa hätte sie gerne auf Forschung zur Anatomie der Vagina zurückgegriffen. Doch die gewünschten Daten zur Größe waren nicht auffindbar. Für Matthiessen komplett verwunderlich. «Wir fliegen auf den Mond und du weißt nicht, was der Radius der Vagina ist, so im Durchschnitt.»

Eine immer noch bestehende Hürde ist laut Matthiessen, dass vorwiegend Männer Unternehmen gründen. «Die haben vielleicht nicht diesen Blick. Also ich weiß nicht, ob sich ein Mann vorstellen kann, wie sich ein Tampon anfühlt oder wie sich Menstruationsbeschwerden anfühlen.» Wer das Problem nicht kenne, komme vermutlich auch nicht auf den Gedanken, ein Produkt zu dessen Lösung zu entwickeln.

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