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Kulturgeschichte

Die Glatze im historischen Wandel

Weltweit leiden etwa 70 Prozent der Männer unter Haarausfall. Ein Blick in die Kunstgeschichte zeigt: Eine Glatze galt nicht immer als Nachteil. Heute ist das oftmals anders. Was hat sich aus Sicht der Wissenschaft an unserer Wahrnehmung verändert?
Jennifer Evans
25.08.2023  07:00 Uhr

Einst galt eine Glatze als ästhetisch – bis ihr Image im 20. Jahrhundert bröckelte. Kahlköpfigkeit entwickelte sich plötzlich zu einem Problem, das geheilt werden musste. Und langsam begann die Massenvermarkung von Produkten gegen Haarausfall. Angefangen von Schlangenöl-Produkten bis hin zu Minoxidil.

Parallel förderten Werbespots die Vorstellung, glatzköpfige Männer seien unattraktiv, wie Kevin Harvey, Professor für Soziolinguistik an der University of Nottingham, bereits im Jahr 2013 feststellte. Die Werbeindustrie präsentierte Kahlköpfigkeit als eine Krankheit, die Männer stark beeinträchtigte oder sogar benachteiligte. Dagegen galt Mann mit Kopfhaaren als anziehend, erfolgreich und glücklich. In einer Reklame für das Shampoo Renaxil gegen Haarausfall spielten etwa Haarfollikel, die kurz vor dem Suizid standen, die Hauptrolle. Eine Abbildung auf der Produktflasche zeigt dann die rettende Hand – quasi im letzten Moment.

In den Medien ist der Kahlkopf selten 

Heute tauchen Glatzen in den Massenmedien kaum noch auf, berichtet der Psychologe Dr. Glen Jankowski, Senior Lecturer an der School of Social Sciences der englischen Leeds Beckett University. Ausnahmen bleiben natürlich Berühmtheiten wie Bruce Willis, Andre Agassi oder Ben Kingsley, die ihren Kahlkopf praktisch als Markenzeichen etablierten. Der Psychologe schreibt auf der Wissenschaftsplattform »The Conversation« über seine Forschungsergebnisse. Demnach hat er festgestellt, dass nur 8 Prozent der Männer, die auf mehr als 5000 Abbildungen in populären Zeitschriften in den Jahren 2011 und 2012 zu sehen waren, eine Glatze hatten.

Zudem kommen Glatzen laut Jankowski häufig zusammen mit negativen Stereotypen vor. Weitere Untersuchungen hätten ergeben, dass insbesondere in den 1980er-Jahren glatzköpfige Charaktere in Film und Fernsehen oft als hässlich, inkompetent oder faul dargestellt wurden. Aber auch die akademische Forschung schürt offenbar die Angst vor Glatzenbildung. Der Wissenschaftler hat nämlich herausgefunden, dass etwa 80 Prozent der psychologischen Studien zum diesem Thema einen Bezug zur Industrie haben – und in mehr als drei Viertel der Fälle diese Analysen Kahlköpfigkeit auch in Zusammenhang mit Krankheit stellen. Zudem seien die Grenzen etwaiger Haarausfall-Produkte darin nicht diskutiert worden, bemängelt er.

Künstler idealisierten die Glatze

Ein Blick auf die (Kunst-)Geschichte zeigt: Früher galten Männer mit Glatze als ebenso gesund, erfolgreich und zufrieden wie jene mit Haaren. Historisch gesehen sei die Glatze eben Teil des täglichen Lebens gewesen, so Jankowski. Schon in privaten altägyptischen Gräbern von 2613 bis 525 vor Christus tauchten Malereien glatzköpfiger Männer auf. »Die Kunstwerke deuten darauf hin, dass die alten Ägypter kahlköpfige Männer nicht anders behandelten als ihre behaarten Altersgenossen«, so der Wissenschaftler. Auch berichtet er von Forschungen, die belegen, dass die alten Ägypter sogar spezielle Bezeichnungen für die männliche Kahlköpfigkeit hatten.

Neueste Forschungen belegen übrigens: Sogar der Eismann Ötzi hatte eine Glatze. Die Darstellung eines Mannes mit langem, ungepflegtem Haar ist also überholt. Als sein Genom vor Kurzem erneut sequenziert wurde, fanden die Mumienforscher nämlich genetische Marker für männliche Glatzenbildung.

Auch in der europäischen Kunst erscheint die Glatze als normal. Zum Beispiel in Vincent van Goghs Gemälde »An der Schwelle zur Ewigkeit« von 1890, das einen glatzköpfigen Rentner zeigt. Der niederländische Künstler selbst schrieb einst dazu: »Was für ein schöner Anblick eines alten Arbeiters in seinem geflickten Bombazine-Anzug mit seiner Glatze.« Einige Maler idealisierten auch kahlköpfige Männer. Das Werk »Der ewige Vater« des italienische Renaissance-Künstlers Paolo Veronese aus dem 16. Jahrhundert zeigt einen glatzköpfigen Gott. Und bei Rembrandts Gemälde »Die Anatomie des Dr. Tulp« aus dem 17. Jahrhundert sind gleich mehrere Ärzte mit lichtem Haar am Seziertisch zu sehen.

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