»Die Genussscheine werden keine Fremdbestimmung ermöglichen« |
Vorstandsvorsitzender Hermann Sommer (links) und Finanzvorstand Victor J. Castro (rechts). / Foto: Noventi
Der Noventi-Konzern teilte in der vergangenen Woche mit, dass man Genussscheine mit einem Volumen von bis zu 80 Millionen Euro in mehreren Tranchen ausgeben werde. Die erste Tranche von Genussscheinen soll exklusiv für FSA-Mitglieder, also Apotheker, ausgegeben werden und einem Volumen von 40 Millionen Euro entsprechen. Zur Erinnerung: Die etwa 50-köpfige, mit Apothekerinnen und Apothekern besetzte Vertreterversammlung des FSA-Vereins wählt einen Vorstand, der wiederum alle Anteile an der Noventi Health SE hält – die Noventi Health SE ist quasi der Mutterkonzern aller Noventi-Subunternehmen.
Laut Noventi sollen die Besitzer der Genussscheine eine »attraktive Partizipationsmöglichkeit« erhalten. Wirft man einen Blick in die Ausschüttungsbedingungen, geht es um einen Zinssatz von 4 Prozent. Die Laufzeit ist auf zehn Jahre festgeschrieben. In weiteren Ausgabe-Tranchen sollen auch Noventi-Mitarbeiter und externe, institutionelle Investoren die Scheine erwerben dürfen. Was bedeutet das für die eigentlichen Inhaber der Noventi – die Apotheker? Die PZ hat bei Konzernchef Hermann Sommer und Noventi-Finanzchef Victor J. Castro nachgehakt.
PZ: Warum haben Sie sich für die Ausgabe von Genussscheinen entschieden?
Castro: Wir waren stark im Austausch mit unterschiedlichen Partnern und haben die beste Lösung für unsere Eigentümer und für Noventi gesucht. Mit der Ausgabe der Genussscheine haben wir diese gefunden. Beteiligung am Erfolg wird nun endlich ermöglicht. Daneben keine Fremdbestimmung. Darüber hinaus ist der Effekt, das Kapital aus den gezeichneten Genussscheinen als Eigenkapital bilanzieren zu können, gegenüber anderen Beteiligungsformen positiv zu werten.
PZ: Externe Investoren sollen Ihren Vorgaben zufolge ja aus dem Gesundheitswesen kommen. Gibt es dabei eine »moralische« Grenze? Könnte zum Beispiel ein Versandhandelskonzern – gegen die Sie ja eine große Marketing-Kampagne gefahren haben – auch zeichnen?
Sommer: Branchennahe institutionelle Investoren sind Partner, die sich ähnlich wie Noventi dem Thema Gesundheit der Menschen widmen und hauptsächlich einen Bezug zum Gesundheitswesen haben. Hierunter zählen z.B. auch Apothekerversorgungswerke oder Apothekerverbände. Wir haben uns bewusst für diesen bestimmten Kreis an Investoren entschieden, die der Noventi, unserer Vision und unserem Ziel, des Erhalts und des Ausbaus der hybriden flächendeckenden Gesundheitsversorgung Deutschlands, sehr nahe sind.
PZ: In der vergangenen Woche teilte Ihr Konzern mit, dass Besitzer der Genussscheine in den nächsten Tranchen keine „direkten Mitsprachenrechte“ erhielten? Das klingt so, also ob es zumindest indirekte Mitbestimmungsmöglichkeiten geben könnte…
Castro: Auch mit Genussscheinen bleibt Noventi apothekereigen, sprich der FSA e. V. bleibt alleiniger Aktionär. Das hat für uns eine sehr hohe Bedeutung. Die Inhaber von Genussscheinen profitieren vom Erfolg von Noventi, bekommen aber weder direkte noch indirekte Mitspracherechte.
PZ: Die Unternehmensform »SE« ist eine europäische AG, die ja grundsätzlich für einen Börsengang gedacht ist. Planen Sie einen Börsengang? Wenn ja, wann?
Sommer: Nein, es ist kein Börsengang geplant.
PZ: Für welche Zwecke sollen die 80 Millionen Euro konkret eingesetzt werden?
Castro: Wir stellen die weiteren Weichen für die Zukunft: Mit der Ausgabe von Genussscheinen soll die Markführerschaft von Noventi als 360 Grad-Anbieter für den Gesundheitsmarkt nachhaltig weiter ausgebaut werden. Durch den sich bereits in der Umsetzung befindenden Transformations- und Digitalisierungsprozess von Noventi befinden wir uns in einem kostspieligen Umbruch.
PZ: Wie lange reicht das Geld? Sind weitere Genussschein-Runden bereits geplant?
Castro: Die geplanten Investitionen werden das Ziel haben, weiter umfassende Lösungen für einen starken Gesundheitsmarkt von heute und von morgen anzubieten. Es sind drei Serien geplant.
PZ: Was sagen Sie Apothekerinnen und Apothekern, die nicht an den wirtschaftlichen Erfolg von Noventi glauben?
Sommer: Zahlreiche Studien belegen, dass der Gesundheitsmarkt in Deutschland überproportional wächst und eine der wachstumsstärksten Branchen im Land überhaupt ist. Davon profitieren wir als Noventi und nun auch in Zukunft noch stärker die Mitglieder des FSA e. V., unsere Mitarbeitenden, Kunden und partnerschaftliche branchennahe institutionelle Investoren. Man muss sich anschauen, wo wir aktuell schon positiv stehen. Über 50 % der Apotheken in Deutschland sind bereits unsere Kunden. Wir befinden uns in den unterschiedlichen Marktbereichen immer unter den Top 3 – oft sind wir sogar der Marktführer. Um das auch in Zukunft zu bleiben, war und ist es wichtig, Investitionen zu tätigen. Ich bin sehr davon überzeugt, dass sich diese in Zukunft ausbezahlen werden.